Sicherheitslücken durch Fehlkonfigurationen vermeiden – Containerisierung

Container-Technologien haben die IT-Landschaft revolutioniert, doch viele Unternehmen unterschätzen die Sicherheitsrisiken. Besonders im öffentlichen Sektor und Finanzwesen können falsche Konfigurationen zu schwerwiegenden Compliance-Verstößen führen.

Die Containerisierung hat sich in den letzten Jahren als Standardtechnologie für moderne Anwendungsbereitstellung etabliert. Docker und Kubernetes dominieren dabei die Landschaft und ermöglichen es Unternehmen, Anwendungen schneller und effizienter zu entwickeln und zu betreiben. Doch dieser Fortschritt bringt neue Sicherheitsherausforderungen mit sich, die viele Organisationen noch nicht ausreichend erkannt haben.

Die häufigsten Sicherheitsfallen. Aufgrund jahrelanger Beratungserfahrung in verschiedenen Branchen zeigen sich im Bereich Security immer wiederkehrende Muster: Die meisten Sicherheitsvorfälle entstehen nicht durch ausgefeilte komplexe Angriffe, sondern durch grundlegende Fehlkonfigu-rationen. Besonders problematisch ist dabei das Ausführen von Containern mit Root-Privilegien. Viele Entwickler-Teams nutzen standardmäßig Root-Benutzer in ihren Container-Images, da dies zunächst weniger Konfigurationsaufwand -bedeutet. Jedoch öffnet diese Praxis Angreifern bei einem erfolgreichen Container-Escape direkten Zugang zum Host-System.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die unzureichende Netz-werksegmentierung. Container kommunizieren standardmäßig über ein gemeinsames Netzwerk, wodurch lateral bewegende Angriffe möglich werden. In einem kürzlich beobachteten Fall konnte ein Angreifer durch eine kompromittierte Webanwendung auf eine interne Datenbank zugreifen, da beide Container im selben Netzwerk-Namespace liefen und keine Netzwerk-Policies implementiert waren.

Die Verwendung von Base-Images unbekannter Herkunft stellt ein oft unterschätztes Risiko dar. Viele Entwickler-Teams laden Images direkt aus öffentlichen Registries herunter, ohne deren Inhalt zu überprüfen. Diese Images können kompromittiert sein und Malware enthalten oder veraltete Software-Versionen mit bekannten Sicherheitslücken nutzen. Ein systematisches Image-Scanning und die Verwendung vertrauenswürdiger Base-Images sind daher unerlässlich.

Kubernetes-spezifische Herausforderungen. Kubernetes als Container-Orchestrierungsplattform bringt zusätzliche Komplexität mit sich. Die Role Based Access Control (RBAC) wird häufig zu permissiv konfiguriert. Anstatt granulare Berechtigungen zu vergeben, erhalten Service-Accounts oftmals administrative Rechte, was einem Generalschlüssel für das gesamte System entspricht.

Auch das Secret Management wird in der Regel vielfach vernachlässigt. Sensitive Daten wie Passwörter oder API-Schlüssel werden in Umgebungsvariablen gespeichert oder als Plain-Text in ConfigMaps hinterlegt. Diese Informationen sind dann für jeden sichtbar, der Zugriff auf die entsprechenden Namespaces hat.

Die Admission Controller, die als Sicherheits-Gatekeeper fungieren sollten, werden in vielen Installationen deaktiviert oder nur unzureichend konfiguriert. Pod Security Standards (PSS), die gefährliche Konfigurationen verhindern können, finden heute noch nicht flächendeckende Anwendung.

Compliance-Anforderungen im Fokus. Für Unternehmen im öffentlichen Sektor und Finanzbereich verschärfen sich die Anforderungen durch regulatorische Vorgaben wie NIS2, DORA oder MaRisk. Die DSGVO verlangt Datenschutz by Design, was bei Containern bedeutet, dass Sicherheitsmaßnahmen bereits bei der Entwicklung implementiert werden müssen. Die IT-Grundschutz-Kompendien des BSI fordern explizit die Härtung von Container-Umgebungen und regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen.

Im Finanzsektor müssen zusätzlich die Anforderungen der BaFin bezüglich der Auslagerung von IT-Dienstleistungen beachtet werden. Container-Deployments in Cloud–Umgebungen können unter diese Regelungen fallen und erfordern entsprechende Risikobeurteilungen und Kontrollen.

Shift-Left-Security: Sicherheit von Anfang an. Die Implementierung einer umfassenden Container-Sicherheitsstrategie folgt dem bewährten »Shift-Left-Security«-Ansatz, bei dem Sicherheitsmaßnahmen bereits in den frühesten Phasen des Entwicklungsprozesses integriert werden. Anstatt Sicherheit erst kurz vor der Produktionsfreigabe, dem Go-Live, zu berücksichtigen, werden potenzielle Risiken bereits beim Code-Design und der Container-Erstellung identifiziert und behoben.

Dieser Paradigmenwechsel bedeutet konkret, dass Entwickler schon während der Programmierung Sicherheits-Linting-Tools verwenden, die unsichere Code-Patterns erkennen. Static Application Security Testing (SAST) wird direkt in die integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) eingefügt, sodass Sicherheitsprobleme in Echtzeit sichtbar werden. Es ist ratsam, Container-Images automatisiert in der CI/CD-Pipeline auf Schwachstellen zu scannen − idealerweise mit mehreren verschiedenen Scanning-Tools, um unterschiedliche Arten von Vulnerabilities abzudecken.

Lokale, verifizierte Image Registries bilden das Fundament einer sicheren Container-Supply-Chain. Anstatt Images direkt aus öffentlichen Registries zu verwenden, sollten Organisationen private Registries mit definierten Verifikationsprozessen implementieren. Registry Security stellt häufig einen Schwachpunkt in Kubernetes-Projekten dar, der übersehen wurde − ungesicherte Registries können Angreifern direkten Zugang zur gesamten Container-Infrastruktur ermöglichen. Image-Signierung und rollenbasierte Zugriffskontrolle sind daher unerlässlich.

Der Shift-Left-Ansatz reduziert nicht nur die Kosten für Sicherheitskorrekturen erheblich. Ein Fehler, der in der Entwicklung behoben wird, kostet nicht nur etwa 100-mal weniger als derselbe Fehler in der Produktion, sondern erhöht auch die Akzeptanz bei Entwicklungs-Teams, da Sicherheit nicht als nachgelagerter Blocker, sondern als integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses wahrgenommen wird.

Netzwerk-Policies sind unerlässlich für die Mikrosegmentierung. Jeder Container sollte nur mit den Services kommunizieren können, die für seine Funktion notwendig sind. Service-Mesh-Technologien ergänzen die Netzwerksicherheit durch automatische Verschlüsselung der Service-zu-Service-Kommunikation und granulare Traffic-Policies. Sie bieten erweiterte Sicherheitsfunktionen, die über Standard-Kubernetes-Network-Policies hinausgehen, einschließlich Mutual TLS (mTLS) für Zero-Trust-Kommunikation und detailliertes Monitoring des Netzwerkverkehrs zwischen Mikroservices.

Runtime-Sicherheit durch spezialisierte Monitoring-Tools ermöglicht die Erkennung anomaler Aktivitäten in laufenden Containern. Diese Lösungen können beispielsweise warnen, wenn ein Container unerwartet Netzwerkverbindungen aufbaut oder auf Dateisystembereiche zugreift, die normalerweise nicht verwendet werden.

Empfehlungen für die Praxis. Organisationen sollten eine Zero-Trust-Architektur implementieren, bei der jede Komponente standardmäßig als nicht vertrauenswürdig betrachtet wird. Dies bedeutet konkret: Minimale Berechtigungen für alle Container, Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Services und kontinuierliche Überwachung aller Aktivitäten.

Die Implementierung von Pod-Security-Standards sollte schrittweise erfolgen, beginnend mit dem »Restricted«-Profil für neue Workloads. Bestehende Anwendungen lassen sich graduell migrieren, um Betriebsunterbrechungen zu vermeiden.

Regelmäßige Penetrationstests und Sicherheitsaudits sind besonders wichtig, da sich die Container-Landschaft schnell entwickelt und permanent neue Angriffsvektoren entstehen. Die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungs-, Operations- und Sicherheitsteams ist dabei entscheidend für den Erfolg.

Professionelle Unterstützung bei der Umsetzung. Angesichts der Komplexität von Container-Sicherheit setzen viele Unternehmen auf externe Expertise. Spezialisierte IT-Dienstleister und Managed Service Provider wie Controlware bieten gezielten Support durch umfangreiche Services − beispielsweise den Kubernetes Security-Checkup, bei dem bestehende In-stallationen systematisch auf Sicherheitslücken überprüft werden. Solche Assessments decken typischerweise RBAC-Fehlkonfigurationen, unsichere Pod-Spezifikationen und Compliance-Gaps auf.

Für Organisationen, die ihre Kubernetes-Umgebungen nicht vollständig selbst betreiben möchten, bieten Managed Services eine hervorragende Alternative. Dabei übernehmen erfahrene IT-Teams die operative Verantwortung für Cluster-Management, Security-Updates und Monitoring, während die internen IT-Teams sich auf die Anwendungsentwicklung konzentrieren können.

Ohne Frage bieten Container-Technologien enormes Potenzial für Effizienzsteigerungen und Innovationen. Doch nur durch eine durchdachte Sicherheitsstrategie können Unternehmen diese Vorteile nutzen, ohne sich neuen Risiken auszusetzen. Die Investition in Container-Sicherheit ist nicht nur technisch notwendig, sondern mittlerweile auch regulatorisch gefordert und geschäftskritisch für den langfristigen Erfolg digitaler Transformationsprojekte.

 


Jörg Bechtel,
Teamlead Competence Center
DevOps & Automation,
Controlware GmbH 
www.controlware.de
blog.controlware.de

 

Illustration: © Valery Brozhinsky, Ink Drop | shutterstock.com

 

1514 Artikel zu „Sicherheitslücken „

Jedes dritte Opfer von Ransomware wird mehrfach angegriffen, da Sicherheitslücken nicht geschlossen werden

Ransomware gedeiht in komplexen und fragmentierten IT-Sicherheitsumgebungen besonders gut.   Barracuda hat eine neue Studie veröffentlicht, die zeigt, dass 31 Prozent der befragten Ransomware-Opfer in den vergangenen 12 Monaten mehrfach, also mindestens zweimal, von Ransomware betroffen waren, da Angreifer ineffektive Abwehrmaßnahmen und bestehende Sicherheitslücken weiter ausnutzen. Die Ergebnisse der Studie sind im Barracuda Ransomware Insights…

Kritische Sicherheitslücken bei Web-Apps und APIs trifft auf zunehmende Angriffskomplexität

Unternehmen kämpfen mit der schnellen Expansion von APIs, Multi-Cloud-Herausforderungen und immer ausgefeilteren Cyberangriffen. Die Studienergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit konsolidierter und automatisierter Sicherheitslösungen.   Die Edge-Cloud-Plattform Fastly hat in Zusammenarbeit mit der Informa TechTarget Enterprise Strategy Group (ESG) eine neue Studie veröffentlicht. Der Bericht »Balancing Requirements for Application Protection« basiert auf Erkenntnissen aus einer Befragung von…

Sicherheitslücken in Apotheken: Der Mensch als größtes Risiko

Apotheken sehen sich immer häufiger Cyberangriffen ausgesetzt, wobei menschliche Fehler häufig als Hauptursache für die Sicherheitslücken verantwortlich sind. Eine neue Studie zeigt, dass unachtsame Routinen im Umgang mit sensiblen Patientendaten sowie unzureichende Sicherheitsvorkehrungen das Risiko für Angriffe deutlich erhöhen [1]. Besonders während hektischer Arbeitsphasen, wie der Medikamentenabgabe, wird die Sicherheit oft vernachlässigt. Experten warnen, dass…

Industrie kauft sich Cyber-Sicherheitslücken ein

Digitalisierung von Produktion und Logistik birgt unbekannte Software-Schwachstellen, über die Hacker angreifen können. Smart Factory häufig unzureichend geschützt.   Die deutsche Industrie kauft sich mit der weiterhin zunehmenden Digitalisierung auf Produktions- und Logistikebene immer mehr Sicherheitslücken ein. In den vernetzten Geräten, Maschinen und Anlagen, die im Rahmen von Industrie 4.0 angeschafft werden, arbeiten elektronische Steuerungssysteme,…

Sensibilisierung für Betrugsversuche, Sicherheitslücken und Datenschutz – Mit IT und KI auf der sicheren Seite

In Zeiten des täglichen Gebrauchs von künstlicher Intelligenz (KI) steigen nicht nur die Möglichkeiten und Chancen, auch der Sicherheitsaspekt rückt vermehrt in den Vordergrund. Wie können die Potenziale von IT und KI optimal und gleichzeitig sicher genutzt werden?

SAP Fiori Apps Monitoring: Fehler identifizieren und Sicherheitslücken schließen

SAP Fiori Apps sollen den Zugang zu und den Umgang mit SAP deutlich vereinfachen und so Effizienz und Produktivität erhöhen. Doch nicht immer funktionieren sie einwandfrei – natürlich kommt es im Alltag zu Abstürzen, Downtimes, Fehlern und Sicherheitsproblemen. Nun stellen gerade bei komplexen Integrationen die Suche nach den Ursachen, die Fehlerbehebung und die Verbesserung der…

»State of Software Security 2023« zeigt, wie sich Sicherheitslücken in Anwendungen verändern

Über 30 Prozent der Anwendungen enthalten Fehler beim ersten Scan; nach fünf Jahren haben fast 70 Prozent der Apps mindestens einen Fehler.   Der neu veröffentlichte Report »State of Software Security 2023« von Veracode, dem weltweit führenden Anbieter von Application Security Testing (AST), zeigt auf, wie sich Schwachstellen in Anwendungen über die Zeit verändern: sind…

Der Open Source Burnout: Eine Einladung zu (noch) mehr Sicherheitslücken?

Open Source Code ist frei verfügbar und leicht zugänglich. Man kann ihn problemlos herunterladen und in eine Anwendung integrieren. Und zwar ohne zwangsläufig darüber nachzudenken, woher genau er stammt. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Entwickler die Entscheidung bewusst während der Planungsphase einer Anwendung getroffen hat, oder der Code über die Zeit mitgeschleppt wurde,…

Zurück im Home Office: 5 Tipps für Unternehmen zur Vermeidung von Sicherheitslücken beim mobilen Arbeiten

Lockdown 2.0: Nach dem erneuten Verschärfen der Maßnahmen zum Eindämmen der Corona-Pandemie ist ein großer Teil der Büromitarbeiter bereits wieder im Home Office – falls sie nach Ende des ersten Lockdowns überhaupt an ihren regulären Arbeitsplatz zurückgekehrt waren. Dies hat die Entwicklung des mobilen Arbeitens in den Unternehmen maßgeblich beschleunigt. Ein Problem bei der rasanten…

Zero-Trust-Architektur – Mit einem adaptiven Ansatz Sicherheitsvorgaben erfüllen

Die Herausforderungen bei der Implementierung einer Zero-Trust-Architektur (ZTA) sind erheblich. Ein schrittweiser Ansatz zur Realisierung effektiver Zero-Trust-Modelle geht über die reine Compliance hinaus und sorgt für eine kontinuierliche Verbesserung durch fünf Schlüsselphasen. Ziel ist es, ein hochsicheres Netzwerk zu schaffen, das sich automatisch an verändernde Bedingungen und Bedrohungen anpasst.

Zunehmende Cyberrisiken in der Fertigung: 61 Prozent der Cybersicherheitsexperten planen Einführung von KI

Laut des Berichts zum Stand der intelligenten Fertigung zählt Cybersicherheit mittlerweile nach der Wirtschaftslage zu den größten externen Bedenken.   Rockwell Automation hat die Ergebnisse des zehnten Jahresberichts zum Stand der intelligenten Fertigung bekannt gegeben. Der Bericht basiert auf Erkenntnissen von über 1500 Führungskräften in der Fertigung aus 17 der wichtigsten Industrieländer und zeigt: Cybersicherheit…

ChatGPT-Agenten: Je eigenständiger KI-Agenten handeln, desto gefährlicher werden sie

Generative KI wird bisher vor allem als Assistenzwerkzeug verstanden, doch mit der Einführung von sogenannten »Agenten« steht ein Paradigmenwechsel bevor. Diese autonomen Systeme führen nicht nur Befehle aus, sondern agieren selbstständig, interagieren mit Systemen, treffen Entscheidungen und können, im schlimmsten Fall, ohne menschliches Zutun Schaden anrichten. In einem neuen Blogbeitrag warnt Trend Micro vor den…

70 Prozent mehr Ransomware 

25 Prozent mehr Phishing-Angriffe. Jeder zweite Angriff auf MSPs startete mit Phishing (52 Prozent).   Die Cyberbedrohungslage blieb im ersten Halbjahr 2025 weiterhin angespannt, wie der aktuelle Acronis Cyberthreats Report für das erste Halbjahr zeigt [1]. Unternehmen waren vor allem von Ransomware betroffen; im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Anzahl Betroffener um 70 Prozent an.…

Cybervorfälle sind das größte Geschäftsrisiko – KI in diesem Zusammenhang Fluch und Segen zugleich

Cyberangriffe sind in Deutschland das größte Geschäftsrisiko – noch vor Naturkatastrophen, politischen Risiken oder regulatorischen Herausforderungen. Das zeigt die aktuelle Umfrage Allianz Risk Barometer 2025. Jüngste Vorfälle zeigen: Bedrohung ist real Allein im Juli 2025 sorgten zahlreiche Bedrohungen für Schlagzeilen. Darunter sogenannte DDoS-Attacken auf kommunale Websites von Stadtverwaltungen, S-Bahnen und Landratsämtern. Solche Angriffe verfolgen das…

Loading...