Beschäftigungsboom in Deutschland hält an – Wachstumsbremse Fachkräftemangel

  • Bilanz des vergangenen Jahrzehnts: 3,2 Millionen zusätzliche Jobs in Deutschland geschaffen.
  • Prognose für 2017: 215.000 zusätzliche Jobs in Deutschland.
  • Krise in der Eurozone: Anstieg der Erwerbslosigkeit um 4,5 Millionen seit 2007.
  • Aber Trendwende geschafft: 2017 sollen über eine Million neue Jobs in der Eurozone entstehen.
  • Erwerbslosigkeit sinkt in Deutschland auf Rekordtief, weiterer Anstieg der Beschäftigung erwartet.

 

Trotz der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise und der europäischen Schuldenkrise wuchs die Beschäftigung in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt kontinuierlich und erreichte im Jahr 2016 erneut Rekordniveau: Im Jahresdurchschnitt waren 43,5 Millionen Bundesbürger in Deutschland erwerbstätig – damit sind in den vergangenen zehn Jahren hierzulande 3,2 Millionen zusätzliche Jobs entstanden. Allein im letzten Jahr sind in Deutschland per Saldo 440.000 Jobs hinzugekommen.

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Während die Beschäftigung massiv stieg, ging umgekehrt die Erwerbslosigkeit kräftig zurück: Lag die Erwerbslosenquote (nach der Berechnungsmethode der Internationalen Arbeitsorganisation) im Jahr 2007 bei 8,6 Prozent, verzeichnete Deutschland im Jahr 2016 eine durchschnittliche Erwerbslosenquote von 4,2 Prozent – die Quote hat sich also innerhalb von zehn Jahren mehr als halbiert.

Mit dieser rundum positiven Bilanz steht Deutschland europaweit allerdings weitgehend allein da – denn in dem Zeitraum, in dem die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland um knapp 1,7 Millionen gesunken ist, ist sie in den übrigen Eurozonen-Ländern um 6,2 Millionen gestiegen.

Der Höhepunkt der Krise ist aber inzwischen überwunden – so sank die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2016 im besonders betroffenen Spanien um 385.000. Für das kommende Jahr wird sogar ein Rückgang um 460.000 prognostiziert. In der gesamten Eurozone sollen im Jahr 2017 fast 1,3 Millionen zusätzliche Jobs entstehen, die Arbeitslosenquote soll von 10,1 auf 9,5 Prozent sinken. Zum Vergleich: Im Jahr 2013, auf dem Höhepunkt der Krise, betrug sie 12,0 Prozent.

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die auf Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat und des Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics beruht.

Auch in Deutschland wird die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr weiter sinken – um etwa 80.000. Die Arbeitslosenquote (nach ILO-Standard) soll von 4,2 auf 4,0 Prozent zurückgehen. »Die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt im vergangenen Jahrzehnt war eine Erfolgsgeschichte – nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik waren so viele Menschen in Lohn und Brot wie heute«, so Prof. Dr. Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich. Für diese Entwicklung gebe es zahlreiche Gründe – allen voran der Erfolg deutscher Konzerne auf den internationalen Märkten. »Die deutschen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren kräftig von der Nachfrage auf ausländischen Märkten profitiert – steigende Exporte sorgen für eine hohe Auslastung und sichern somit Arbeitsplätze in Deutschland.«

Obendrein habe sich die sehr positive Beschäftigungslage zuletzt zu einem wichtigen Treiber der Konjunkturentwicklung in Deutschland entwickelt, so Lorentz: »Die gute Arbeitsmarktlage, steigende Löhne und die niedrige Inflation sorgen für ein positives Konsumklima – und tragen so kräftig zur guten Konjunkturentwicklung in Deutschland bei«.

Und ein neuer Beschäftigungsrekord ist bereits in Sicht: Dank der robusten Konjunkturentwicklung in Deutschland wird die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt laut Prognose um etwa 215.000 auf 43,7 Millionen steigen.

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Wachstumsbremse Fachkräftemangel

Heute herrsche in den wirtschaftsstarken Gegenden Deutschlands annähernd Vollbeschäftigung, so Lorentz: »Viele Arbeitgeber suchen händeringend nach hochqualifizierten Mitarbeitern und können freie Stellen nicht besetzen. In manchen Regionen ist der Arbeitsmarkt leergefegt – da erweist sich der Fachkräftemangel zunehmend als Wachstumsbremse. Also suchen gerade international tätige Konzerne immer häufiger im Ausland nach Mitarbeitern oder bauen entsprechende Funktionen außerhalb Deutschlands aus.«

Nach einer Prognose des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird die Zahl der Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) im Zeitraum 2010 bis 2030 um 2,9 Millionen beziehungsweise sieben Prozent auf 40,8 Millionen sinken. Das entsprechend sinkende »Arbeitskräftereservoir« und der Mangel an Experten gerade in den besonders gefragten MINT-Fachrichtungen könnte sich noch als gravierendes Problem für den Standort Deutschland erweisen, warnt Lorentz: »Für die anstehende Digitalisierung der Produktion – Stichwort Industrie 4.0 – werden IT-Experten benötigt, die in Deutschland immer schwieriger zu finden sind. Es wäre verheerend, wenn der Innovationsstandort Deutschland bei dieser Entwicklung anderen Ländern hinterherhinkt, weil es hierzulande nicht ausreichend Fachkräfte gibt.«

 

Eurozone: 4,5 Millionen zusätzliche Erwerbslose in zehn Jahren

Während in Deutschland immer neue Beschäftigungsrekorde erzielt werden, ist die Arbeitslosigkeit in vielen anderen Ländern der Eurozone nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. So stieg die Zahl der Erwerbslosen in der gesamten Eurozone im vergangenen Jahrzehnt um 4,5 Millionen – ohne Deutschland liegt der Anstieg sogar bei 6,2 Millionen. Besonders stark betroffen vom Jobabbau waren Spanien und Italien, wo die Zahl der Erwerbslosen um 1,8 beziehungsweise 1,5 Millionen stieg. Die negativste Entwicklung verzeichnete aber Griechenland – mit einem Anstieg der Erwerbslosenquote von 8,4 auf 23,4 Prozent.

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»Die Länder der Eurozone sind im vergangenen Jahrzehnt wirtschaftlich massiv auseinandergedriftet«, stellt Lorentz fest. »Der zum Teil drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Ländern im Süden Europas auf der einen Seite und die gute bis sehr gute Entwicklung in einigen nördlichen Ländern hat zu innenpolitischen Verwerfungen in den Krisenländern, aber auch zu erheblichen politischen Spannungen zwischen den Staaten geführt. Dass die Europäische Union heute ein so wenig einheitliches Bild abgibt, hat auch mit der sehr heterogenen Entwicklung der Volkswirtschaften zu tun.«

Für Lorentz bleibt der Abbau der Arbeitslosigkeit die vordringliche Aufgabe: »Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit führen zu Politikverdrossenheit, gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bereiten Nationalismus und Extremismus den Boden.« Gerade Deutschland als europäische Führungsnation sei in der Pflicht, weitere Impulse für eine wirtschaftliche Erstarkung und den Abbau der Arbeitslosigkeit zu geben.

Download EY Beschäftigungsentwicklung in Deutschland und der Eurozone:
https://webforms.ey.com/Publication/vwLUAssets/ey-beschaeftigungsentwicklung-in-deutschland-und-der-eurozone/$FILE/ey-beschaeftigungsentwicklung-in-deutschland-und-der-eurozone.pdf

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