Beweisen ohne Beweis – wie Blockchains in der Industrie Mehrwert schaffen können

Blockchain ist in aller Munde. Das Konzept ist inzwischen auch für die meisten Industrien sehr interessant geworden, ermöglicht eine Blockchain doch eine einfachere und sichere Abstimmung von Datenbeständen zwischen zwei oder mehr Parteien. Dabei können diese Parteien durchaus auch Abteilungen im eigenen Unternehmen sein. Blockchain verspricht bis zu einem gewissen Grad damit auch das Ende der Datensilos.

Im Grunde erzeugt eine Blockchain eine distribuierte Datenbasis, auf die sich alle Beteiligten, seien es andere IT-Systeme, Sensor-, Robotik-, Mess-, Steuerungs- oder Produktionssysteme, oder letztendlich die User an den Bildschirmen und Ausgabegeräten blind verlassen können. Die Daten liegen voll kompatibel in einem dezentralen System. Jeder kann sich auf die Daten verlassen, weil die innerhalb einer richtig aufgesetzten Blockchain nicht manipuliert werden können. Deshalb kann man auf diesen dezentralen Systemen auch schnell und sicher weitere IT Services aufbauen.

Natürlich ist das nur eine sehr generelle Beschreibung einer Blockchain. Wie immer kommt es auf die tatsächliche Implementierung an. Zudem ist nicht für jedes Problem eine Blockchain die richtige Lösung. Deshalb gilt es immer kritisch nachzufragen. Oft genug sind einfache Datenbanken die bessere Lösung. Blockchains bieten zwar einen sicheren, nicht manipulierbaren distribuierten Datenbestand, der wiederum wird aber zu Lasten der Performance und der Geschwindigkeit erkauft. Es ist also am Ende zu entscheiden, wie schwer die Vor- und Nachteile einzelner Systeme wiegen. So wie bei jedem anderen System auch.

 

100 Prozent sichere und nicht veränderbare Datenbestände

Will man 100 Prozent sichere und wahre Datenbestände, dann ist eine Blockchain mit einem Proof-of-Work-Verfahren genau das Richtige. Die Bitcoin-Blockchain ist hier eine sehr gute Referenz. Seit über 9 Jahren ist sie nun im Einsatz und ist noch nie ausgefallen, noch jemals gehackt worden. Die Daten in der Blockchain selbst wurden noch nie kompromittiert. Seit über 9 Jahren läuft sie, und alle 10 Minuten wird ein neuer Block mit neuen Transaktionen an die bestehende Kette angehängt. Gehackt wurden immer nur die Systeme, die von außen auf die Blockchain zugreifen.

Diese massive Sicherheit kostet Ressourcen und verlangsamt die Datenverarbeitung. Dazu kommt noch der Energieverbrauch: Überall kann man lesen, dass die Bitcoin Miner, die das System absichern, fast die Hälfte des gesamten Stroms von Island verbrauchen. Das ist der Preis für diese Art der Sicherheit. Für die allermeisten Industrieanwendungen nicht akzeptabel und auch nicht sinnvoll.

 

Datendurchsatz ist ein wichtiges Kriterium

Die Bitcoin Blockchain kann im Kern auch nur 4 bis 5 Transaktionen pro Sekunde (tps) ausführen. Auch das ist für viele Anwendungen bei Weitem nicht ausreichend. Mit den Layer-2-Solutions wie Lightning ist das zwar wieder irrelevant, weil damit auch Millionen von tps erreicht werden, aber auch diese Lösungen sind heute für viele Industrieanwendungen noch nicht sinnvoll anwendbar. Es sind jedoch sehr gute Ansätze, die letztlich zu sehr effizienten Lösungen in der Industrie führen werden, wie gleich ausgeführt wird.

Zunächst aber noch zu einem weiteren Killer-Argument, welches oft angeführt wird und ganz klar gegen eine Public Blockchain spricht, wie sie von Bitcoin oder Ethereum verwendet wird. Die Daten in einer Public Blockchain sind öffentlich zugänglich gespeichert. Das ist natürlich für die meisten Industrieanwendungen nicht akzeptabel. Die Einkaufspreise, die Rahmenvereinbarungen mit Lieferanten und selbst die Lieferanten an sich, sind in der Regel geschütztes Betriebsgeheimnis und sollten nicht öffentlich abgespeichert sein. Über persönliche Daten, die dann öffentlich gespeichert werden, soll hier erst gar nicht diskutiert werden.

Wie kann man also den Sicherheitsaspekt der Bitcoin Blockchain mit den notwendigen Geschwindigkeitsbedürfnissen und vor allen Dingen dem privaten Datenbestand eines Unternehmens oder Organisation zusammenführen?

 

Hybride Blockchains können die Lösung sein

Die Lösung können Hybride von Public und Private Blockchains und einem kryptographischen Konzept sein, welches als Zero-Knowledge-Beweis bekannt ist.

Neben den Public Blockchains testen viele Unternehmen inzwischen sogenannte Private oder Permissioned Blockchains, eine Unterart der Private Blockchain. Der Unterschied zwischen Public und Private ist recht einfach. Während die Kontenrechner, als Nodes bekannt, einer Public Blockchain als Open Source vorliegen und von jedem Menschen rund um die Welt installiert werden können, ist die Teilnahme als Node an einer Private Blockchain auf autorisierte Teilnehmer begrenzt. Reine Private Blockchains sind dabei in einem Unternehmen installiert und alle Nodes stehen unter direktem Einfluss des Unternehmers. Permissioned Blockchains werden hingegen von einem Konsortium betrieben und die Partner verteilen die Nodes unter sich.

In diesen Blockchains bestimmen also die Unternehmen selbst oder eben das Konsortium über die »Wahrheit« der Daten in dem Netzwerk. In vielen Fällen ist das mehr als ausreichend und es können einfachere Abstimmungsverfahren als das energiereiche Proof-of-Work eingesetzt werden. Proof-of-Stake zum Beispiel ist sehr viel schneller und verbraucht quasi keine zusätzliche Energie gegenüber einem herkömmlichen IT-System.

 

Die Wahrheit der Daten ist in Gefahr

Natürlich kommt es gerade bei einer Permissioned Blockchain unter Umständen schnell zu Ungleichgewichten, wenn einem oder wenigen großen Beteiligten mehr Nodes und damit Votes, also Stimmen, zustehen, als vielen Kleinen. Die Großen könnten ein Kartell bilden und die Kleinen scheinen zwar eingebunden zu sein, sind es aber tatsächlich nicht und merken es noch nicht einmal.

Hier kommt nun die Kombination von Public Blockchains und den Permissioned Blockchains ins Spiel. Die primäre Datenverarbeitung erfolgt nun in dem permissioned System, Ankerdaten werden aber jeweils zusätzlich in eine Public Blockchain geschrieben. Somit kann sich jeder, der den Verdacht hat, dass ein unzulässiges Kartell Daten in der Partner-Blockchain manipuliert hat, den Datenbestand bis zum letzten Ankerpunkt als wahr, echt und nicht manipuliert annehmen. Eine Manipulation betrifft dann nur die seit diesem Zeitpunkt verzeichneten Transaktionen. Taktet man die Ankerung recht schnell, ist eine generelle Datenmanipulation nur sehr schwer möglich und alle Teilnehmer können sich prinzipiell wieder auf das System verlassen.

Die Frage, die noch offen bleibt, betrifft die Daten selbst, die in der Public Blockchain gespeichert werden sollen. Hier stellt sich im Prinzip wieder die Frage der öffentlich gespeicherten Daten.

Dieses kann inzwischen durch sogenannte Zero-Knowledge-Proofs gelöst werden. Dabei bestätigen die Nodes etwas, wovon sie nicht wissen was sie bestätigen, aber sie wissen, dass es zu 100 % stimmt. Der Zero-Knowledge-Beweis ermöglicht es einem »Bestätiger« zu bestätigen, dass er ein Geheimnis kennt, ohne den Inhalt dieses Geheimnisses zu offenbaren.

 

Magie zieht in die IT Landschaft ein

Zero-Knowledge-Proofs sind wie Magie. Zunächst unglaubwürdig, wenn man aber hinter die Kulissen schaut durchaus nachvollziehbar.

Nehmen wir ein normales Kartenspiel mit 52 Karten. Jetzt nehmen wir eine Karte heraus und behaupten, dass sie rot ist. Wir können sie jedoch nicht zeigen, weil wir nicht verraten dürfen, welche Karte es ist. Dennoch müssen wir beweisen, dass es eine rote Karte ist.

Das ist in diesem Falle sehr einfach, denn wir zeigen einfach alle 26 schwarzen Karten und beweisen damit, dass die betroffene Karte eine rote sein muss. Das ist das Grundprinzip des Zero-Knowledge-Beweises, ein Konzept, welches schon seit Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts bekannt ist.

Damit verfügt man nun über ein Grundrezept wie man Blockchains im Unternehmensverbund einsetzen kann, bestehend aus Zulieferern, Mitarbeitern beider Seiten, Logistik und Absatzmärkten, und dabei die Sicherheit einer Public Blockchain nutzen kann, ohne gleichzeitig seine Daten zu veröffentlichen. Auch die Geschwindigkeit ist nicht limitierend, weil die Sidechains eben mit anderen Verfahren betrieben werden können und damit keine Skalierungsprobleme zeigen. Diese Kombination ermöglicht es IoT-Systeme mit ERP und anderen Systemen so zu verbinden, dass die besten Lösungen aller Welten zu enormer Leistungssteigerung und Effizienz verhelfen.

Obwohl diese durchgehenden Lösungen noch nicht voll integriert vorliegen sind alle notwenigen Basismodule und Technologien bekannt und in der ein oder anderen Form schon erfolgreich im Einsatz, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Blockchain ein wesentlicher Bestandteil unserer IT-Welt sein wird.

Gastautor: Joe Martin

@JoeMartinDE

https://blockchain-mythen.de

https://medium.com/@bitcoinknowhow

 

Weiterführende Informationen

Bitcoin, Blockchain & Co.

Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Link zum Buch: https://bitcoin-knowhow.de

 

Über Joe Martin

Joe Martin ist ein Kind des Computerzeitalters und von Bitcoin, der Blockchain und Co. fasziniert. Als Journalist mit über 25 Jahren Berufserfahrung in der Welt der Technologie verfügt er über die idealen Voraussetzungen, um dem Leser auf eine leicht verständliche und nachvollziehbare Art die faszinierende Welt der Krypton-Währungen nahe zu bringen.

 

Er erklärt anhand von Bitcoin, wie Blockchains funktionieren und warum sie die Welt verändern werden. Bitcoin ist der Ausgangspunkt der vierten industriellen Revolution und wer seinen Arbeitsplatz, sein Vermögen, seine Familie und seine Zukunft schützen will, muss zunächst die Grundlagen der Krypto-Welt verstehen. Bitcoin und Co., die Blockchain und deren Bedeutung werden in seinem Buch für jedermann nachvollziehbar und gleichzeitig unterhaltsam erklärt.

 


 

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