Big Data – Prämisse für Arbeit 4.0 oder doch eher für Arbeit 2.0?

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Arbeit 4.0 – vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Essenz des Wertewandels, vernetzten Arbeitens und Zeit neuer sozialer Erfordernisse beschrieben – ist bei all jenen in aller Munde, die sich mit dem Thema Arbeit befassen. Es stellt sich allerdings recht schnell die Frage, wie ernst die Bezeichnung gemeint ist und was der Einzelne darunter versteht. Ganz offensichtlich ist der Zusammenhang mit anderen »4.0«-Begriffen wie Industrie 4.0 oder unterstützenden technologischen und organisatorischen Konzepten wie zum Beispiel »Big Data«.

Vernetztes Arbeiten ist dabei mehr, als die Tätigkeit (am besten verwaltend) mit elektronischen Medien zu verbinden. Das vernetzte Arbeiten entspringt dem vernetzten Denken und somit – zumindest im deutschsprachigen Raum – vor allem den Arbeiten von Frederic Vester. Dieser definiert insbesondere sechs Punkte:

  1. Bestimmen der Ziele
  2. Analysieren der Wirkungsverläufe
  3. Erfassen und interpretieren der Veränderungsmöglichkeiten
  4. Abklären der Lenkungsmöglichkeiten
  5. Planen von Strategien und Maßnahmen
  6. Verwirklichen der Problemlösungen

Das ganze System krankt bereits von vornherein an einer generellen Problematik: Niemand weiß, was das Wichtige von morgen sein mag. Gleichzeitig ist es unstrittig, dass die Entscheidungen und Aktivitäten heute wesentlich stärker vernetzt sind mit anderen Partnern und Prozessen als jemals zuvor. Dies ist nicht lediglich eine Frage der elektronischen Vernetzung als insbesondere auch der Globalisierung.

Im Sinne des vernetzten Denkens und daraus abgeleitet des vernetzen Arbeitens wäre eine umfassende Informationslage zwingend notwendig. Wie unterscheidet man nun zwischen den einzelnen Entscheidungen des Tages und Big Data? Wenn vernetztes Arbeiten und Arbeiten 4.0 ernsthaft gedacht wird, ist im sogenannten Informationszeitalter ohne profunde Ausbildung zur Entscheidung qualitativer Belange und ohne eine umfassende Informationslage ein Agieren praktisch nicht mehr möglich. Die Effektivität des vernetzten Arbeitens hängt massiv von den Entscheidungen des Einzelnen auf relevante Selektion hin ab. Das bedeutet: Arbeit 4.0 im eigentlichen Sinne, der Begriff hat nichts gemein mit einem digitalen Taylorismus, welcher – um in der Begrifflichkeit zu bleiben – wohl eher den Beginn der Massenproduktion und somit eigentlich viel mehr Arbeit 2.0 kennzeichnet.

Der Begriff Big Data bietet sich förmlich an, denn auch hier ist es nicht möglich, die Daten aufgrund herkömmlicher Methodik zu überschauen. Im Big Data geht es um den Umfang, die Geschwindigkeit und den Umfang der Datenquellen, die aufgrund ihrer Heterogenität schwer zu klassifizieren sind. Ähnliches trifft auch auf die Arbeit 4.0 zu.

Eine erhöhte Entscheidungsnotwendigkeit im Sinne des vernetzten Denkens und ein Aufbrechen des Informationsverhaltens sind notwendig. So werden bei dem Überangebot an Quellen die Menschen im Auge des Entscheidungszyklons zum relevanten und auch kritischen Faktor. Arbeit 4.0 in diesem Sinne hat weniger mit der neuen vernetzten Welt und Ihrer Buntheit als mit dem deutlichen Fokus auf Entscheidungen zu tun.

Insbesondere die Fähigkeit, zu entscheiden und zu agieren, und im Führungsfalle auch die Fähigkeit der vernetzten Führung unter dem Bewusstsein der niemals kompletten Information, sind gefragt. Die Menschen der Zukunft sind zwangsweise mündiger, da sie mehr wissen – diese Prämisse sollte ernst genommen werden. In der Praxis sieht es oftmals noch verbesserungswürdig aus.

Zusammenfassend bleibt festzustellen: Arbeit 4.0 setzt Big Data als Mindestvoraussetzung an und erfordert informationsmündige Mitarbeiter. In Social-Media-Kanälen aktiv zu sein und Informationsfluss ungesteuert aufzunehmen, hat mit Arbeiten und Arbeit 4.0 nicht viel zu tun – die Chancen setzen also beim Menschen an, nicht beim möglichen Prozess.

Ein Gastbeitrag von Simon Mamerow (Freie Universität Berlin)

Textquelle: www.experton-group.de
Bachmann, R., Gerzer, T., & Kemper, D. G.: Big Data – Fluch oder Segen? – Unternehmen im Spiegel gesellschaftlichen Wandels. MITP Verlag, 2014. S. 17; ISBN 3826696905
Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Grünbuch Arbeit 4.0
Dörner, D.: Die Logik des Mißlingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Rowohlt Verlag, 1989. ISBN 349919314.
Vester, F.: Die Kunst vernetzt zu denken: Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität. DVA, 1989. 2. Auflage. ISBN 3423330775

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