Digitalisierung am Arbeitsplatz: Akademiker erledigen immer mehr Routinearbeit

Automatisierung und Digitalisierung führen nicht dazu, dass Beschäftigte ausschließlich kreative Aufgaben übernehmen, während Maschinen die Routinetätigkeiten abarbeiten. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Auch der Arbeitsalltag von Akademikern ist zunehmend durch Routine geprägt [1]. Im Hinblick auf befürchtete negative Beschäftigungseffekte der Digitalisierung könnte das eine gute Nachricht sein.

Als Gewinner des digitalen Wandels gelten Programmierer, Datenwissenschaftler und jene, die ihr Geld mit Fähigkeiten verdienen, die eine Maschine nicht so schnell ersetzen kann. Die Erwartung, dass umgekehrt Routinetätigkeiten aus dem Arbeitsalltag verschwinden, bestätigt sich bislang jedoch nicht. Die IW-Untersuchung auf Basis von sechs Erwerbstätigenbefragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung zeigt, dass die Jobs von Beschäftigten mit Hochschulabschluss zunehmend durch Routine geprägt sind: Im Jahr 1979 gaben nur 18 Prozent der befragten Akademiker an, häufig Routinetätigkeiten auszuüben, 2012 – dem Jahr der aktuellsten Befragung – waren es 23 Prozent.

»Mit der zunehmenden Automatisierung steigen die Anforderungen zwar insgesamt, gleichzeitig müssen Hochqualifizierte aber auch immer mehr Routineaufgaben bewältigen«, sagt IW-Experte Michael Zibrowius. Dazu gehörten beispielsweise die regelmäßige Pflege von Datenbanken oder die tägliche Überprüfung der korrekten Einstellung einer Fertigungsmaschine. Auch bei den Beschäftigten anderer Qualifikationsniveaus ist der Routineanteil gestiegen. Von den Erwerbstätigen ohne Berufsabschluss üben inzwischen 64 Prozent häufig Routinetätigkeiten aus, 1979 waren es 54 Prozent.

Aus dieser Entwicklung lässt sich allerdings nicht ableiten, dass die Arbeit einfacher geworden ist – auch sehr komplexe Tätigkeiten können routiniert ablaufen, wenn sie immer wieder in ähnlicher Form ausgeführt werden. Das gilt zum Beispiel für den parallelen Umgang mit mehreren Computerprogrammen. »Die aktuell gute Arbeitsmarktlage zeigt, dass mehr Routine im Job keineswegs den Arbeitsplatz gefährden muss. Auch in Zeiten des digitalen Wandels gibt es weiterhin Bedarf für menschliche Routinearbeit«, so Zibrowius.

 

Dr. Susanne Seyda, Senior Economist für Fachkräftesicherung und Weiterbildung

Dr. Michael Zibrowius, Economist für Ausbildung und Weiterbildung

 

[1] https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Trends/PDF/2018/IW-Trends_2018-02-03_Einfacharbeit_in_Deutschland_01.pdf

 


 

Keine Automatisierungsstrategie in deutschen Büros

  • 85 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr Entlastung bei Routinearbeiten im Büro.
  • »Dateiverwaltung und -dokumentation« ganz oben auf der Wunschliste.
  • Strategie für Automatisierung fehlt im Großteil der Unternehmen.

Wunsch und Wirklichkeit klaffen beim Thema Automatisierung in Unternehmen weit auseinander. Das zeigt der aktuelle Wrike Digital Work Report 2018 [1]. Unternehmen besitzen mehrheitlich keine Automatisierungsstrategie oder eine solche nur für einzelne Abteilungen. Demgegenüber wünschen sich Mitarbeiter gerade bei Routineaufgaben mehr technologische Unterstützung. Der Digital Work Report fragt den Automatisierungsbedarf von rund 3.000 Wissensarbeitern in Deutschland, Großbritannien und Frankreich ab und untersucht das Potenzial, das sie in der Automatisierung für sich selbst und das Unternehmen als Ganzes sehen.

 

Automatisierung bringt Produktivität und Wettbewerbsvorteil

Die Teilnehmer der Studie sehen in der Automatisierung von Routineaufgaben ein großes Potenzial für die individuelle Produktivitätssteigerung: Mehr als jeder vierte Büroangestellte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien könnte nach eigener Einschätzung 25 Prozent mehr pro Woche leisten, wenn entsprechende Technologie bereitstünde. 23 Prozent würden sogar bis zu 50 Prozent mehr leisten. 45 Prozent der Befragten sind ferner überzeugt, dass Automatisierung ihrem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil bringt. 31 Prozent sehen diesen Vorteil nicht und 23 Prozent sind sich nicht sicher.

 

Mittleres Management und Team-Leiter sehen größten Nutzen

Der Bedarf, Routinearbeit zu automatisieren, ist besonders bei Teamleitern und dem mittleren Management vorhanden. Hier spricht nahezu jeder Dritte von einer Leistungssteigerung von 25 Prozent pro Woche. Die dank Automatisierung frei gewordene Zeit würde die Mehrheit der Führungskräfte (38 Prozent) nutzen, um sich auf das Teammanagement zu konzentrieren. An zweiter Stelle steht die Fokussierung auf kreative Prozesse (35 Prozent), gefolgt von dem Willen, Kunden besser zuzuhören (28 Prozent).

Den Nutzen der Automatisierung für das gesamte Unternehmen schätzt das mittlere Management mit Abstand am höchsten ein: 66 Prozent der Befragten aus dieser Gruppe sind überzeugt, dass Automatisierung ihrer Firma einen Wettbewerbsvorteil bringen würde. Bei den befragten Teamleitern sind es immerhin 55 Prozent, die diesen Wettbewerbsvorteil so deutlich sehen. Die Vorteile und auch Entlastung, die gerade Mitarbeiter mit Personalverantwortung von der Automatisierung erwarten, scheinen also enorm.

 

Automatisierung: Wunsch und Wirklichkeit

Auf die Frage, welche Arbeiten die Studienteilnehmer in ihrem Unternehmen innerhalb der nächsten 12–24 Monate gerne automatisieren würden, waren die fünf häufigsten Antworten:

 

  1. Dateiverwaltung und -dokumentation
  2. Sich wiederholende Prozesse und Arbeitsabläufe
  3. Informationen zwischen Systemen kopieren
  4. Meetings aufsetzen
  5. In Meetings besprochene Arbeitsaufträge dokumentieren

 

Es überrascht angesichts dieser Wunschliste nicht, dass 86 Prozent der Befragten in Deutschland, Frankreich und Großbritannien bejahen, dass sie an technologischen Innovationen interessiert sind, die ihnen Routinearbeit abnehmen. Der Bedarf nach Automatisierungslösungen ist nicht nur in den drei befragten Ländern, sondern auch auf allen Ebenen – vom Mitarbeiter bis zum Manager – ähnlich hoch.

Betrachtet man den Status quo auf Unternehmensseite, wird klar wie weit Wunsch und Realität auseinander liegen: Nur 7 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien geben an, eine unternehmensweite Automatisierungsstrategie zu haben, beziehungsweise, eine Umsetzung innerhalb der nächsten 12-14 Monate zu planen. Immerhin 38 Prozent bestätigen, dass sie über eine entsprechende Strategie für einzelne Abteilungen verfügen. 33 Prozent haben überhaupt keine Automatisierungsstrategie. 23 Prozent sind sich nicht sicher, ob ihr Unternehmen eine solche Strategie verfolgt.

 

Branchen mit Nachholbedarf

Mit der Frage nach dem Vorhandensein einer Automatisierungsstrategie legt der Digital Work Report den Nachholbedarf einiger Branchen offen: Am häufigsten verneinten die Branchen Gemeinnützige Organisation (51 Prozent), Unterhaltung & Freizeit (43 Prozent), Landwirtschaft (42 Prozent), Marketing (37 Prozent) sowie Versicherungen und die Versorgungswirtschaft & Energiebranche (jeweils 36 Prozent). Am besten schnitten die Branchen Luft- und Raumfahrt, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation ab. Mitarbeiter aus Unternehmen aus diesen Branchen gaben mehrheitlich an, dass ihr Unternehmen eine Automatisierungsstrategie in einzelnen Abteilungen oder sogar im ganzen Unternehmen besitzt. Bemerkenswert ist, dass gerade Befragte aus diesen Branchen das Potenzial von Automatisierung mit am höchsten einschätzen – ein Indiz dafür, dass der positive Effekt von Automatisierung direkt unter den Mitarbeitern spürbar ist.

 

[1] Für den »Wrike Digital Work Report 2018« wurden im Zeitraum von 4. bis 13. Dezember 2017 3.000 Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte in Deutschland, Großbritannien und Frankreich befragt; 1.000 davon in Deutschland.https://www.wrike.com/de/blog/wissensarbeiter-wuenschen-sich-mehr-entlastung-bei-routine-arbeiten-durch-automatisierung/

 

 

 


 

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