Gute Wirtschaftsdaten wirken stärker als Terror und Brexit

Die Verbraucherstimmung in Deutschland hat sich im August insgesamt positiv entwickelt und damit den Brexit-Schock offenbar recht gut verdaut. Der Gesamtindikator Konsumklima prognostiziert für September 10,2 Punkte nach 10,0 Zählern im August. Die Einkommenserwartung wie auch die Anschaffungsneigung verbessern sich, während die Konjunkturerwartung geringe Einbußen hinnehmen muss.

grafik gfk konsumklima august 2016

Das Votum der Briten, aus der EU auszutreten, hat die deutschen Verbraucher offenbar nur kurz verunsichert. Dies signalisieren jedenfalls die Anstiege sowohl der Einkommenserwartung als auch der Anschaffungsneigung. Dagegen muss die Konjunkturerwartung nach den deutlichen Verlusten im Vormonat noch einmal geringe Einbußen hinnehmen.

Konjunkturaussichten mit leichten Verlusten

Nach dem spürbaren Rückgang im Vormonat verzeichnet der Konjunkturindikator im August nur noch geringe Einbußen. Nach einem Minus von 0,8 Zählern sinkt der Indikator auf 8,6 Punkte. Er bleibt damit im positiven Bereich, das heißt über seinem langjährigen Durchschnittswert von 0 Punkten. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres steht ein Minus in Höhe von 8 Punkten zu Buche.

Vermutlich haben die drei Anschläge in Bayern im Juli 2016 auch für eine leicht gestiegene Verunsicherung im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung gesorgt und somit verhindert, dass die Konjunkturerwartung zulegen konnte.

Dennoch gehen die Bürger nach wie vor davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten weiterhin moderat wachsen wird. Dies wird auch durch die kürzlich veröffentlichten ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2016 bestätigt. Demnach ist das BIP im zweiten Vierteljahr um 0,4 Prozent gegenüber der Vorperiode gewachsen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres betrug das Wachstum noch starke 0,7 Prozent. Im Vorjahresvergleich betrug das Plus im zweiten Quartal 1,8 Prozent (nach 1,9 Prozent in den ersten drei Monaten 2016) (Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 12.8.2016, www.destatis.de). Dabei kamen positive Impulse vor allem vom Außenbeitrag, auch der Konsum wirkte stützend, während schwache Bruttoinvestitionen das Wachstum bremsten.

Einkommenserwartung: spürbares Plus

Das Auf und Ab bei der Einkommenserwartung setzt sich auch im August fort – allerdings auf sehr hohem Niveau. Nach den deutlichen Verlusten im Juli legt der Indikator aktuell wieder spürbar zu. Mit einem Plus von 8,6 Zählern werden die Einbußen des Vormonats (-9,9 Punkte) wieder fast kompensiert. Mit 58,3 Punkten liegt er wieder deutlich über der 50-Punkte-Marke und knapp fünf Zähler über dem entsprechenden Vorjahreswert.

Während die Verbraucher die künftige gesamtwirtschaftliche Entwicklung eher zurückhaltend beurteilen, sind sie in Bezug auf ihre eigene finanzielle Lage geradezu euphorisch. Und dieser Eindruck ist durchaus berechtigt. Eine sehr gute und stabile Beschäftigungslage, deutlich steigende Einkommen für Beschäftigte und Rentner sowie eine kaum vorhandene Inflation werden auch in den kommenden Monaten für einen ausgeprägten Einkommensoptimismus sorgen.

Anschaffungsneigung: Konsumlust steigt weiter

Deutlich zunehmende Einkommensaussichten lassen auch die Konsumlust weiter steigen. Nach dem Zuwachs im Vormonat gewinnt der Indikator Anschaffungsneigung im August 1,9 Punkte hinzu und klettert damit auf 57,3 Zähler. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitpunkt ist ein Plus von gut 5 Punkten zu verzeichnen.

Die Kauflust der deutschen Konsumenten bleibt damit ungebrochen – Brexit-Entscheidung und Terrorgefahr zum Trotz. Die Verbraucher orientieren sich offenbar in erster Linie an den derzeit herrschenden harten Fakten bezüglich Arbeitsmarkt, Einkommen und Inflation, deren Signale für den Konsum klar auf grün stehen. Vor allem die sehr gute Verfassung des Arbeitsmarktes sorgt dafür, dass die Beschäftigten weiter kaum Angst haben, ihren Job zu verlieren. Dies sorgt für eine solide Planungssicherheit gerade im Hinblick auf größere Anschaffungen.

Zudem deuten die Signale der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit darauf hin, dass auch in den kommenden Monaten die Zinsen im Keller bleiben werden. Dies dürfte den Konsum zusätzlich stützen.

Konsumklima wieder im Aufwind

Für September 2016 prognostiziert der Gesamtindikator 10,2 Punkte nach 10,0 Zählern im August. Damit setzt sich der Aufwärtstrend, der im Vormonat unterbrochen wurde, wieder fort.

Das Konsumklima zeigt sich damit überaus widerstandsfähig gegenüber der zuletzt gestiegenen allgemeinen Verunsicherung, die durch die Brexit-Entscheidung sowie die nach den Anschlägen in Bayern spürbar gestiegene Angst vor Terror verursacht wurde.

Die GfK bestätigt ihre Prognose, wonach die realen privaten Konsumausgaben in diesem Jahr um etwa 2 Prozent steigen werden. Damit bleibt die Binnennachfrage eine wichtige Stütze für das Wachstum. Dies wird auch durch die ersten Meldungen des Statistischen Bundesamtes für das BIP bestätigt. Auch die oberste deutsche Statistikbehörde sieht im privaten Verbrauch eine wesentliche Stütze des Wirtschaftswachstums.

Gefahren für den Konsum dürften vor allem dann entstehen, falls die Beschäftigten wieder verstärkt um ihren Job fürchten müssen, wonach es derzeit aber nicht aussieht.

 

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der einzelnen Indikatoren im August im Vergleich zum Vormonat und Vorjahr:

  August 2016 Juli 2016 August 2015
Konjunkturerwartung 8,6 9,4 16,6
Einkommenserwartung 58,3 49,7 53,5
Anschaffungsneigung 57,3 55,4 52,0
Konsumklima 10,0 10,1 10,1

 

[1] Die Ergebnisse sind ein Auszug aus der Studie »GfK-Konsumklima MAXX« und basieren auf monatlich rund 2.000 Verbraucherinterviews, die im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt werden. In diesem Report werden die Indikatoren grafisch aufbereitet, prognostiziert und ausführlich kommentiert. Darüber hinaus finden sich darin auch Informationen über die Ausgabevorhaben der Verbraucher für 20 Bereiche der Gebrauchsgüter-, Verbrauchsgüter- und Dienstleistungsmärkte. Die GfK-Konsumklimastudie wird seit 1980 durchgeführt.
Das Konsumklima bezieht explizit auf die gesamten privaten Konsumausgaben. Der Einzelhandel macht jedoch – je nach Abgrenzung – lediglich etwa 30 Prozent der privaten Konsumausgaben aus. Der Rest sind Dienstleistungen, Reisen, Miete, Gesundheitsdienstleistungen sowie der gesamte Wellness-Bereich.
GfK prognostizierte für das Jahr 2015 einen Anstieg des privaten Konsums von mindestens 1,5 Prozent. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg der private Konsum im Jahr 2015 real um 1,9 Prozent. Auch hierbei geht es nicht um die Einzelhandelsumsätze, sondern um die gesamten Konsumausgaben der Verbraucher.
Die Anschaffungsneigung ist – wie alle anderen Indikatoren auch – ein Stimmungsindikator. Sie fragt, ob die Verbraucher es derzeit für ratsam halten, größere Anschaffungen zu tätigen. Selbst wenn sie dies mit „Ja“ beantworten, müssen noch zwei weitere Voraussetzungen für einen Kauf vorhanden sein: Der Verbraucher muss das nötige Geld für eine solche größere Anschaffung besitzen und auch eine Notwendigkeit für diese Anschaffung sehen. Zudem handelt es sich hier tatsächlich ausschließlich um langlebige Gebrauchsgüter, die auch ein größeres Budget erfordern.
Die Ergebnisse der Stimmungsbefragung stammen aus monatlich durchgeführten persönlichen Interviews bei etwa 2.000 Personen, die repräsentativ für die Bevölkerung in Deutschland sind. Dieses Befragungsinstrument unterliegt ständigen Qualitätskontrollen, vor allem auch im Hinblick auf seine Repräsentativität. Die ausgesprochen hohe Qualität dieser Erhebung zeigt sich auch daran, dass sie für Umfragen im Bereich der empirischen Rechtsforschung (z.B. Verwechslungsgefahr von Produkten) verwendet und anerkannt ist. Das heißt, die Ergebnisse haben Gutachterqualität und müssen jeweils vor Gericht standhalten.

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