Lokale Marktbedürfnisse im europäischen Onlinehandel

Lokale Marktbedürfnisse zu berücksichtigen ist ein Wettbewerbsvorteil, den auch die internationale Konkurrenz erkennt. Flexibilität wird zudem ein Schlüsselkriterium.

Der grenzüberschreitende europäische E-Commerce-Markt wird 2018 laut Einschätzung der Analysten von Forrester rund  40 Milliarden Euro wert sein [1]. Damit biete er Einzelhändlern und Marken verlockende Geschäftschancen. Doch neue Chancen bergen immer auch Herausforderungen.

Radial hat in einer Studie die Versand- und Retourenoptionen im grenzüberschreitenden Onlinehandel in Europa, lokale Besonderheiten sowie das Verhältnis lokaler Anbieter gegenüber der internationalen Konkurrenz untersucht [2]. Die Ergebnisse zeigen, dass die Flexibilität ein ebenso wichtiger Faktor ist, wie Schnelligkeit und Kosten. Jeder europäische Markt hat klar erkennbare Eigenheiten. Doch internationale, in Europa agierende, und sogar einige lokale Händler gehen nicht genügend auf die jeweiligen Kundenwünsche ein. Laut der Studie ist es zudem wichtig, dass Händler sich nicht nur auf die traditionellen Zustellnetzwerke beschränken, sondern mit verschiedenen lokalen Zustellern und Partnern zusammenarbeiten, um so eine breitere Palette an Services anbieten zu können.

»So unterschiedlich einzelne Kunden sind, so vielfältig sind auch ihre Motivationen und Erwartungen für den Online-Einkauf. Die führenden Händler verstehen offensichtlich, wie wichtig es ist, bei den Versandoptionen Flexibilität zu bieten, um auf diese sich verändernden Anforderungen zu reagieren«, so Enda Breslin, Vertriebsdirektor EMEA bei Radial. »So sollte etwa für Multichannel-Händler die Filialabholung eine Selbstverständlichkeit sein, denn das sorgt für wertvollen Kundenverkehr im Geschäft und zusätzliche Einkäufe der Kunden bei ihrem Filialbesuch.«

Das aus dem Zusammenschluss von eBay Enterprise und Innotrac entstandene Unternehmen Radial hat mit den E-Commerce-Märkten Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands die größten und am weitesten entwickelten Einzelhandelsmärkte in Westeuropa untersucht, die zusammengenommen ca. 75 Prozent [3] des gesamten Online-Umsatzes der Region ausmachen. Einzelhändler müssen in diesen Märkten mit Herausforderungen wie wachsenden Kundenerwartungen, schrumpfenden Gewinnmargen, ausländischen Wettbewerber sowie einer enormen technischen und logistischen Komplexität umgehen.

Versandkosten, Lieferzeit und Flexibilität

Angesichts jährlicher Wachstumsraten, die oftmals über denen der Binnenmärkte liegen, prüfen viele Händler das Geschäftspotenzial im internationalen Onlinehandel. Doch eine bereits 2015 von Radial durchgeführte Befragung der europäischen Verbraucher verdeutlicht, wie wichtig es ist, für Kunden die richtigen Voraussetzungen zu schaffen. So gaben 80 % der Verbraucher an, dass die Versandkosten großen Einfluss auf ihre Entscheidung für oder gegen den Einkauf bei einer internationalen Webseite hätten. Für 64 % waren die Lieferzeit und für 53 % die Flexibilität bei den Retourenoptionen ein ebenso wichtiger Faktor. Um erfolgreich zu agieren und ihr Geschäft ausbauen zu können, sollten Einzelhändler diese Ergebnisse berücksichtigen.

Die Untersuchungen von Radial zu Vielfalt, Schnelligkeit und Kosten der von den Einzelhändlern in den wichtigsten europäischen Märkten angebotenen Versandoptionen haben ergeben, dass durchschnittlich 3,3 unterschiedliche Versandarten angeboten werden. Die Tatsache, dass ganze 40 % der Händler vier oder mehr Optionen anbieten – und zwei Drittel zudem noch Alternativen zur Hauszustellung –, lässt darauf schließen, dass die Verbraucher zukünftig generell eine breitere Auswahl erwarten werden.

Zudem holen internationale Konkurrenten gegenüber den lokalen Anbietern auf und passen ihre Angebote stärker an die lokalen Marktbedürfnisse an.

Weitere Ergebnisse im Überblick:

Versandoptionen: Deutschland hinkt mit gerade einmal 3,6 Versandoptionen, Frankreich (3,8 Optionen) und Großbritannien (4,8 Optionen) hinterher. Dafür können die deutschen Einzelhändler bei verschiedenen Versandoptionen durchgehend wettbewerbsfähige Preise anbieten. Von den drei Märkten hat Deutschland zudem den niedrigsten Mindestbestellwert für kostenlosen Versand. Ähnlich wie ihre französischen Nachbarn setzen die deutschen Händler verstärkt auf lokale Alternativen zur Hauszustellung, wie die DHL Packstationen und Hermes Paketshops. Die Option der Abholstation ist im Ländervergleich hier mit Abstand am weitesten verbreitet. Dafür ist die Verfügbarkeit der Filialabholung in Deutschland am geringsten, erreicht aber dennoch stattliche 74 %. Zudem bietet Deutschland mit 3,1 Tagen die kürzeste Lieferzeit beim Standardversand.

Rückgabefristen: Mit durchschnittlich 26 Tagen verfügt Deutschland über sehr viel kürzere Rückgabefristen als Frankreich (40 Tage) und Großbritannien (42 Tage). Bei einem Land, das für seine traditionell strengen Verbraucherschutz- und Fernabsatzbestimmungen bekannt ist, überrascht es nicht, dass sich die deutschen Einzelhändler näher am gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaß von 14 Tagen bewegen.

Retourenoptionen: In Deutschland ist eine breite Palette an Retourenoptionen verfügbar – alle Händler bieten die Rücksendung per Paketdienst, und die große Mehrheit bietet die Rücksendung über beliebte Systeme wie DHL Packstationen und Hermes Paketshops an. Deutsche Händler bieten jedoch mit 42 % am seltensten die Rückgabe in den Filialen an (Frankreich: 69 %, Großbritannien 83 %). Im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien werden in Deutschland sämtliche Retourenoptionen vom Händler bezahlt. Trotz der geänderten Rechtslage, bei der die kostenlose Rücksendung nicht mehr Pflicht ist, sind deutsche Kunden so sehr daran gewöhnt, dass nur wenige Händler ihre Rückgaberichtlinien geändert haben.

Omnichannel-Maßnahmen: Die hohe Verfügbarkeit der Filialabholung und Filialrückgabe zeigt, wie wichtig Omnichannel-Maßnahmen für Händler in allen drei Märkten sind. Hier bildet Deutschland das Schlusslicht und hat am meisten Nachholbedarf. Jedoch verfügen in allen drei Märkten nur wenige Händler über wirklich vernetzte Abläufe. Die Effizienz, die sich aus Omnichannel-Angeboten ergibt, wird so noch nicht voll ausgeschöpft. Viele dieser Bestellungen könnten auch mit Filialbeständen ausgeführt werden, statt die Waren vom E-Commerce-Lager zur Filiale zu transportieren. Dies würde die Kosten sowohl für den Händler als auch den Verbraucher weiter senken. Ferner könnten Händler mithilfe von Omnichannel-Aufträgen die Zustellung am gleichen Tag und eine nahezu sofortige Bestellabholung auf landesweiter Ebene anbieten. Doch um dies umsetzen zu können, müssen sie ihre Omnichannel-Entwicklung vorantreiben.

Kunden wollen Zuverlässigkeit und Komfort

»Die Lieferzeiten sind in den letzten Jahren immer kürzer geworden, sodass sowohl beim Standard- als auch beim Expressversand ein Niveau erreicht ist, dass die Zusteller nur noch mit Mühe weiter unterschreiten können. Wir beobachten, dass den Kunden Zuverlässigkeit und Komfort durch eine präzise Sendungsverfolgung, SMS-Benachrichtigungen und Zeitfenster-Wahlmöglichkeiten zunehmend wichtiger werden als die reine Lieferzeit – diese Bereiche sollten alle Händler ernst nehmen, wenn sie ihre Kunden zufriedenstellen möchten. Außerdem sehen Händler Retouren oft als etwas Negatives an – und zwar als zusätzliche, aber notwendige Kosten beim Onlinehandel. Eine flexible, kundenfreundliche Rückgabestrategie ist jedoch eine wichtige Waffe im Kampf um die Kundentreue«, fasst Breslin zusammen.

[1] Forrester, Western European Online Cross-Border Retail Sales Forecast, 2013 to 2018.
[2] Die aktuelle Untersuchung basiert auf einer Sekundärerhebung mit je 25 führenden lokalen Onlinehändlern aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Ergänzt wurde sie durch die Angaben von 25 führenden internationalen Einzelhändlern, die ihre operative Abwicklung vorwiegend in keinem der genannten drei Länder haben. Um eine möglichst umfangreiche Abbildung des Marktes zu erhalten, wurden Einzelhändler aus verschiedenen Branchen sowie reine Onlinehändler und Multichannel-Anbieter ausgewählt.
Die vollständige Auswertung der Studie steht nach Registrierung zum Download zur Verfügung: https://info.radial.com/VersandRetourenIndex 
[3] Centre for Retail Research, Online Retailing: Britain, Europe, US and Canada, 2016.

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