Daten-Puzzle erschwert Klimaschutz in Deutschland massiv

Illustration Absmeier foto freepik

Expertenrat fordert besseres Datenmanagement als Basis.

 

In den letzten Jahren haben sich Umwelt-, Sozial- und Corporate-Governance-Fragen (ESG) zu einem heißen Thema für Unternehmen entwickelt. Aber auch für die (meisten) Regierungen der Welt sind Bemühungen zu nachhaltigerem Verhalten von höchster Bedeutung – mit dem Wahlerfolg der Grünen und der ersten Regierungsverantwortung in der Geschichte der Partei wurde dies auch hierzulande deutlich. Die Gesellschaft schaut den politischen Entscheidern immer deutlicher auf die Finger – Gruppen wie »Fridays for Future« zeigen die Dringlichkeit zu mehr Engagement in Sachen Klimaschutz. Aber gerade hierzu wird aktuell viel diskutiert – eine Einordnung von Christian Geckeis, General Manager DACH beim Datenexperten Informatica.

Klimaschutz: Kein gutes Zeugnis für die Ampel

Der Expertenrat für Klimafragen stellt der Bundesregierung weiterhin kein gutes Zeugnis aus. Obwohl die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung in die richtige Richtung gehen, reichen diese aber noch nicht aus, teilte das unabhängige Gremium vergangene Woche in Berlin mit. Bei etlichen Maßnahmen sehe der Vorsitzende Hans-Martin Henning die Realisierungswahrscheinlichkeit und die Abweichung zwischen der Realität sowie den Annahmen der Bundesregierung in den Unterlagen kritisch.

 

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Unzureichende, fragmentierte Daten erschweren Klimaschutz erheblich

Der Expertenrat sieht Handlungsbedarf für die Bundesregierung sowohl hinsichtlich der Verbesserung der Datengrundlage der Klimapolitik, bezüglich des Schließens der verbleibenden Ziellücke als auch bei der Entwicklung eines Gesamtkonzepts. Hennings Stellvertreterin Brigitte Knopf kritisierte die abweichenden Zahlen, die von verschiedenen Ministerien vorgelegt worden seien. Sie verglich die Datenlage der Bundesregierung mit einem 1000-Teile-Puzzle, das allerdings Teile aus drei verschiedenen Puzzles enthalte.

Die Verwaltung von ESG-Daten (Umwelt, Soziales, Governance) wird nicht nur für staatliche Institutionen, sondern auch für Unternehmen im Zuge der Nachhaltigkeitsberichterstattung immer wichtiger. Auch hier sind vorliegende Daten oft komplex, unstrukturiert und fehleranfällig. Die Lösung ist die Schaffung einer integrierten, vertrauenswürdigen Datenbasis wobei die Hauptherausforderung die korrekte Erfassung, Zusammenführung und Verwaltung von ESG-Daten aus verschiedenen Quellen ist.

So könnte die Datenbasis geschaffen werden

Die Schaffung einer soliden Datenbasis erfordert eine koordinierte Anstrengung durch alle beteiligten Stakeholder, einschließlich der Regierung, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Erstens müssen klare und einheitliche Standards für die Datenerfassung und -verarbeitung festgelegt werden. Dies sollte sowohl quantitative als auch qualitative Daten umfassen und auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Zweitens müssen die notwendigen Infrastrukturen und Technologien implementiert werden, um die Daten effektiv zu sammeln, zu verarbeiten und zu analysieren.

Die Einführung einer zentralen Datendrehscheibe ermöglicht es, ESG-Daten aus verschiedenen Quellen zu erfassen, zu integrieren und zu verwalten, um sicherzustellen, dass sie korrekt und konsistent und vertrauenswürdig sind. Anschließend werden Data Governance und Datenqualität Tools und Prozesse angewandt, um sicherzustellen, dass die Daten korrekt und konsistent sind und bleiben. Die zentrale Datendrehscheibe wird so zur »single source of truth« für alle ESG-Daten. ESG-Daten können dann auch über APIs für verschiedene Interessengruppen zugänglich gemacht werden, so dass ESG-Berichtspflichten erfüllt werden können und volle Transparenz jederzeit gegeben ist.

Fünf Schritte sind jetzt notwendig, damit die Bundesregierung jetzt die Datenbasis schaffen kann, um effektive Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen.

  1. Datenzugriff und -verfügbarkeit: Daten aus verschiedenen Quellen müssen gesammelt und zur Weiterverarbeitung in einem Data Warehouse oder einem Data Lake vorbereitet werden.
  2. Datenqualität und Vollständigkeit: Die Daten müssen hinsichtlich Vollständigkeit, Konformität, Konsistenz, Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse sicherzustellen.
  3. Gemeinsame Referenzdatendefinitionen: Es ist wichtig, einheitliche Geschäftsterminologie, Taxonomien und Regeln für Daten zu etablieren, inklusive Data Policies, Standards, Prozesse und KPIs
  4. Data Lineage und Transparenz: Unternehmen müssen die Verfügbarkeit, Sicherheit und Qualität der Daten über ihren Lebenszyklus hinweg verfolgen und transparent darstellen können
  5. Identifikation, Klassifizierung und Sicherung sensibler Daten: Unternehmen sollten bewährte Verfahren für den Schutz sensibler Daten durch Datenmaskierung, Verschlüsselung und Tokenisierung übernehmen und Daten-Governance-Methoden implementieren.

Schließlich müssen die gesammelten Daten in einer Weise präsentiert und kommuniziert werden, die für eine breite Öffentlichkeit zugänglich und verständlich ist. Auch dies ist eine große Aufgabe für die Bundesregierung.

Erleichterung durch Transparenz

Die Nachfrage nach datengestützten Lösungen, um diese Herausforderungen zu bewältigen, wächst zusehends. Wenn man keine Grundlage für das Datenmanagement schafft, setzt man sich der Gefahr aus, Zielwerte nicht zu erreichen. Genaue, überprüfbare und verifizierbare Daten, bestenfalls eingebettet in ein Selbstbedienungsmodell, schaffen die Grundlage für effektiven Klimaschutz. Ein Agieren im Informationsvakuum ist kaum möglich, wenn alle Daten transparent vorliegen. Dies erleichtert nicht nur die Einhaltung von Vorschriften, sondern zeigt auch Lücken oder Fragen auf, die die Nachhaltigkeitsbeauftragten unter Garantie stellen werden.

Christian Geckeis, General Manager DACH bei Informatica