Die dunkle Seite der Führung: 11 Gründe für das Scheitern von Führungskräften

Es gibt elf Persönlichkeitsdimensionen die gerade in Stresssituationen sichtbar werden und ein berufliches Scheitern zur Folge haben können.

 

Illustration: Geralt Absmeier

 

Eine Führungsposition innerhalb eines Unternehmens zu übernehmen, mag sich zwar wie ein bedeutender Karriereschritt anfühlen, ist jedoch meist erst der Anfang. Der wohl wichtigste Teil liegt im Aufbau und der Betreuung eines hocheffektiven Teams.

 

Viele Manager scheitern jedoch kläglich bei dieser Aufgabe und fördern Feindseligkeit und Unmut unter ihren Mitarbeitern. In Deutschland besitzen, laut dem Gallup Engagement Index, über 5 Millionen Arbeitnehmer keine emotionale Bindung zu ihren Unternehmen und haben bereits innerlich gekündigt. Die Ursache dafür sind vor allem schlechte Führungskräfte. Diese kosten die deutsche Wirtschaft, aufgrund ihres Führungsverhaltens, bis zu 103 Milliarden Euro im Jahr und verringern dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

 

Woran kann es liegen, dass Manager in ihrer Rolle scheitern, und was können sie unternehmen, um die Meinung ihrer Mitarbeiter gegenüber ihren Vorgesetzten zu verbessern?

 

Eine überzeugende Studie von V. Jon Bentz – Vice President im Bereich Human Resources bei Sears während der 1970er Jahre – ergab, dass Führungsversagen wenig mit dem IQ oder der persönlichen Attraktivität einer Person zusammenhängt. Vielmehr ließ es sich auf die zwischenmenschliche Kompetenz der jeweiligen Führungskräfte zurückführen. Und da die Persönlichkeit im Mittelpunkt zwischenmenschlicher Kompetenz steht, können wir Persönlichkeitsverfahren – wie sie beispielsweise von Hogan Assessments, entwickelt wurden – hilfreich zurate ziehen, um die elf Persönlichkeitsdimensionen zu erfassen, die Führungskräfte immer wieder zum Scheitern bringen.

 

Hogan Assessments ist Anbieter von forschungsbasierten Beratungs- und Assessmentlösungen, wie beispielsweise die Hogan Development Survey (HDS), die Hogan Risiken beschreibt. Die HDS wurde 1997 von den Psychologen Robert und Joyce Hogan entwickelt und ist das bislang einzige Persönlichkeitsverfahren, das kritische Eigenschaften identifiziert, die ein berufliches Scheitern zur Folge haben können. Es unterstützt Führungskräfte, indem es ihnen Erkenntnisse über kontraproduktive Tendenzen – oder »Risikofaktoren« – liefert, die zwangsläufig zu ihrem Scheitern führen. Diese Faktoren können sich gerade in Zeiten erhöhter Anspannung verstärken und zu schlechten Beziehungen zu Mitarbeitern und anderen wichtigen Interessengruppen führen.

 

Für die rundum erfolgreiche Führung eines Teams müssen sich Führungskräfte der folgenden elf Persönlichkeitsdimensionen oder »Fallstricke« bewusst sein:

 

  • Sprunghaft – Menschen, die hohe Ausprägungen auf der Dimension Sprunghaft haben, zeigen viel Energie und Begeisterung für neue Projekte. Sie verlieren jedoch schnell das Interesse, wenn Projekte nicht entsprechend ihren Vorstellungen verlaufen. Sprunghafte Persönlichkeiten sind sehr emotional und neigen dazu, ihre Frustrationen über Menschen und Projekte in Form von öffentlichen Ausbrüchen auszudrücken. Dies schafft eine unangenehme Arbeitsatmosphäre, in der die Mitarbeiter ständig auf der Hut sein müssen, aus Angst, ihren Vorgesetzten zu verärgern oder zu enttäuschen.

 

  • Skeptisch – Hoch skeptische Führungspersönlichkeiten, verhalten sich misstrauisch gegenüber anderen und glauben, dass andere ihnen in den Rücken fallen werden, sobald sie ihre Deckung fallen lassen. Während die Führungskraft mit diesem Ansatz zwar entsprechend der mitunter hässlichen Schattenseite der Organisationspolitik agiert, ist diese Person letztlich jedoch nicht in der Lage, das Vertrauen seines Gegenübers zu gewinnen. Dies führt zwangsläufig zu einem völlig dysfunktionalen Arbeitsumfeld, in dem Entscheidungen in geheimen Meetings und ohne offenen Diskurs getroffen werden.

 

  • Vorsichtig – Vorsichtige Führungskräfte haben ständig Angst, einen Fehler zu machen. Sie sind davon überzeugt, dass man sich nie ganz sicher sein kann und arbeiten immer mit dem Worst-Case-Szenario im Hinterkopf. Infolgedessen scheuen sie sich, neue Wege zu gehen oder Entscheidungen hinsichtlich konkreter Folgen zu treffen. Ihre unterstellten Mitarbeiter versuchen, sie zu umschiffen, wenn sie wirklich etwas erreichen wollen.

 

  • Distanziert – Distanzierte Führungskräfte glauben, dass erstklassige Arbeit nur in völliger Einsamkeit und somit bei absoluter Konzentration geleistet werden kann. Persönliche Interaktionen beschränken sie auf ein Minimum, und sie halten sich selbst fern, wenn es einmal stressig wird. Distanzierte Führungskräfte haben zudem weniger Verständnis für die Probleme anderer Menschen, was dazu führt, dass ihre Mitarbeiter sie als kalt, unnachgiebig und wenig hilfsbereit ansehen.

 

  • Passiver Widerstand – Führungskräfte mit hohen Ausprägungen in der Dimension Passiver Wiederstand zeigen sich bei der Führung eines Teams höflich und sozial kompetent, weshalb sie in ihrem Unternehmen oft geschätzt und respektiert werden. Nach einer gewissen Zeit der engen Zusammenarbeit mit diesen Personen blicken die Mitarbeiter jedoch hinter diese Fassade und bemerken viele fatale Schwachstellen. Wenn sie mit echten Herausforderungen konfrontiert werden, gelten diese Führungskräfte als wenig produktiv und suchen Auswege, um Verantwortlichkeiten zu vermeiden und umzulenken.

 

  • Anmaßend – Anmaßende Führungskräfte sind zunächst inspirierend, mutig und selbstbewusst. Während die Mitarbeiter von diesen Personen viel darüber lernen können, wie sie auf der Karriereleiter möglichst schnell an die Spitze gelangen können, können sich diese Führungskräfte jedoch schnell zu echten Herausforderungen am Arbeitsplatz entwickeln. Sie weigern sich, ihre Fehler und Misserfolge zuzugeben oder die Verantwortung dafür zu übernehmen – aus Angst, ihr Gesicht zu verlieren – und so wird die Schuld immer bei den Mitarbeitern liegen. Doch gleichzeitig werden diese Personen für ihre großen Erfolge gefeiert und sind unfähig, die harte Arbeit ihres Teams anzuerkennen und zu belohnen.

 

  • Draufgängerisch – Draufgänger lieben Nervenkitzel und Aufregung und testen gerne ihre Grenzen aus. Innerhalb dieser Skala gelten Führungskräfte als risikobereit und treten gerade in Zeiten von Stress in Aktion. In einer Führungsposition ist dies durchaus notwendig, jedoch kann eine zu starke Ausprägung innerhalb dieser Skala zu Herausforderungen für die Mitarbeiter führen. In Bezug auf ihre Mitarbeiter fehlt es diesen Führungskräften an Rücksichtnahme, die schließlich die Grundlage für ihren Erfolg schaffen und die bei der Übernahme großer, ehrgeiziger Projekte am stärksten von Belang sind.

 

  • Buntschillernd – Buntschillernde Führungskräfte stehen gerne im Mittelpunkt und blühen auch in Stresssituationen auf, allerdings auf unterschiedliche Weise. Während draufgängerische Führungskräfte für den Rausch risikoreicher Projekte leben, genießen buntschillernde Führungskräfte den Ruhm und die Aufmerksamkeit solcher Projekte, was sich jedoch schnell nachteilig auf sie auswirken kann. Mitarbeiter halten diese Führungskräfte häufig für chaotisch und unberechenbar und müssen stets mit mangelhafter Organisation und Unentschlossenheit zurechtkommen.

 

  • Phantasiereich – Phantasiereiche Personen sind sehr kreativ und lieben es, verschiedene Ideen zu sammeln. Sie betrachten selbst einfache Probleme als äußerst komplex und verlangen nach hochinnovativen Lösungen. Als Führungskräfte sind sie schnell von täglichen Aufgaben und Aktivitäten gelangweilt und lassen sich leicht durch eigene Gedanken ablenken. Infolgedessen betrachten ihre Mitarbeiter sie als unkonzentriert und umständlich in ihren Handlungen und Entscheidungen.

 

  • Pedantisch – Pedantische Persönlichkeiten sind Perfektionisten und haben es schwer, die Arbeit effizient unter ihren Mitarbeitern zu delegieren. Infolgedessen neigen sie dazu, die meisten Aufgaben selbst zu erledigen – sie übernehmen mehr, als sie bewältigen können – was wiederum die Qualität und den Turnaround beeinträchtigt. Die Zusammenarbeit mit solchen Führungskräften ist eine besondere Herausforderung, da sie die Produktivität bremsen und ihre Mitarbeiter bis ins kleinste Detail kontrollieren.

 

  • Dienstbeflissen – Dieser Art von Führungskräften fehlt es an Initiative und Einfallsreichtum. Anders als pedantische Führungskräfte verlassen sich diese Personen zu sehr auf ihre Teammitglieder und hoffen, dass diese das Projekt bis zum Abschluss führen, ohne dabei selbst Verantwortung zu übernehmen oder riskante Entscheidungen treffen zu müssen.

 

 

Mit zunehmender Unzufriedenheit am Arbeitsplatz wird das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern immer wichtiger. Um ein Team erfolgreich zu leiten und zu guten Ergebnissen zu führen, müssen Führungskräfte aus allen Unternehmen eine sinnvolle Bindung zu ihren Mitarbeitern aufbauen. Die Entwicklung und Aufrechterhaltung des Bewusstseins für diese elf Fallstricke kann die oberste Führungsebene und die Teamleiter dabei unterstützen, engere Arbeitsbeziehungen zu ihren Mitarbeitern zu fördern. Nur auf diese Weise wird ein Manager in der Lage sein, sein Team erfolgreich zu unterstützen und überzeugende Ergebnisse zu erzielen.

 

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