Die digitale Transformation in Deutschland steckt noch in den Kinderschuhen. Die Vernetzung von Business und IT erfordert ein neues Denken in den Unternehmen und bei den Systemhäusern. Und doch ist die Digitalisierung nur der notwendige Evolutionsschritt hin zu mehr »Intelligenz« und Automatisierung mittels Machine Learning und Deep Learning.
Die Digitalisierung: jeder redet darüber und vielfach werden ganz unterschiedliche Sachverhalte damit verbunden. Unternehmen sehen sie oft als Chance, manche auch als notwendiges Übel. Die IT-Industrie sieht neue Geschäftsfelder, treibt die Digitalisierung voran und ist wie so oft der Wirtschaft ein bis mehrere Schritte voraus. Die Politik beschreibt die Digitalisierung als Basis der Zukunft und debattiert über Notwendigkeiten und rosige Aussichten. Doch was ist Realität? Was genau ist Digitalisierung, wie ist die Situation heute im deutschen Mittelstand, wo geht die Reise hin und wer kann maßgeblich zur digitalen Transformation beitragen?
Die digitale Transformation und der Stand heute. Viele Unternehmen haben begriffen, dass die digitale Transformation erstens neue Geschäftsfelder erschließt und zweitens der richtige Weg ist, sich auf dem heimischen oder weltweiten Markt zu behaupten. Die ersten Schritte werden getan: analoge Daten sind vielfach digitalisiert und solitäre Bereiche im Unternehmen werden in die Gesamt-IT integriert. Darauf folgend gilt es die Daten zu nutzen, sie so zu verknüpfen, dass eine Handlung oder eine Empfehlung entsteht. Datenbanken, Hardware und Infrastruktur verschmelzen und bilden eine Einheit.
Tatsächlich steckt die digitale Transformation in Deutschland noch in den Kinderschuhen und dies hat unterschiedliche Gründe. In Unternehmen muss ein neuer Denkprozess stattfinden, der auch mit einem Generationswechsel in leitenden Positionen zusammenhängt. Sowohl in der IT als auch in den Abteilungen muss eine engere Verknüpfung stattfinden. Während die IT früher vorgab, was mit neuer Technologie möglich ist, sind es heute auch die Fachabteilungen, die sehr genaue Vorstellungen haben, was die IT für die Zukunft beitragen muss. Die Vernetzung von Business und IT fordert ein neues Denken. Dieser Prozess ist in Deutschland gerade im Gange und die seither separaten Kompetenzen verschmelzen. Die Verknüpfung einzelner IT-Bereiche mit den Fachabteilungen und der strategischen Geschäftsplanung machen die digitale Transformation überhaupt erst möglich. So wird aus dem Kostenfaktor IT ein wertvoller Business Enabler, der zum Geschäftserfolg mittelbar beiträgt.
Die neue Rolle der (IT-)Berater. Viele sagen seit Jahren, dass das sogenannte »Boxenschieben« der Systemhäuser keine Zukunft haben wird. Das stimmt, aber nur teilweise. Auch künftig werden die immer wichtiger werdenden IT-Infrastrukturen in Unternehmen auf teils komplexen Einzelsystemen aufbauen. Hierfür braucht es Hardware, Software und Fachleute, die die Systeme bis ins kleinste Detail kennen. Aus Sicht der IT werden die Spezialisten der Speicher, Infrastruktur oder Software jedoch noch wesentlich enger zusammenarbeiten müssen, um echte Vorteile eines Gesamt-IT-Systems im Sinne der digitalen Transformation zu schaffen. Der integrierte Ansatz darf auch nicht nur auf technischer Ebene erfolgen, sondern auch in den übergeordneten IT-Konzepten, die künftig nicht nur mit der Unternehmensleitung, sondern auch mit vielen Fachabteilungen zu koordinieren sind. Systemhäuser bringen Unternehmen also dann Vorteile für die digitale Transformation, wenn Berater sowohl die IT als auch die Prozesse in den Abteilungen integriert und verschmolzen betrachten.
Um dies zu erreichen, haben Systemhäuser die Aufgabe, sich mit wesentlich mehr Menschen im Unternehmen zu befassen und vor allem deren »Schmerz« herauszufinden. Wenn eine Abteilung oder die Geschäftsleitung beispielsweise in die Cloud will, kann das ein wichtiger Schritt im Sinne der digitalen Transformation sein. Die Frage, die dabei gestellt werden sollte ist, ob das Unternehmen wirklich gezielt in die Cloud gehen will oder ob es lediglich eine Bestrebung ist, die aufgrund des allgemeinen Cloud-Trends geäußert wird. Berater müssen mit den richtigen Personen im Unternehmen zum richtigen Zeitpunkt darüber sprechen, was das Unternehmen wirklich erreichen will und ob das beispielsweise mit der Cloud machbar ist und was dieser Schritt für die gesamte Infrastruktur bedeutet. Professionell arbeitende Systemhäuser stellen eine neue Generation an Beratern zur Verfügung, die mit einer neuen Generation an leitenden Personen in Unternehmen interagieren und die digitale Transformation realisieren.
Erfolgsfaktor Security. Während vielleicht einige Lösungen und prominente Bereiche der IT etwas mehr in den Hintergrund treten und Teil einer integrierten und skalierbaren Gesamt-IT werden, tritt eine Disziplin völlig natürlich in den Vordergrund: die Security. Digitalisierung bedeutet automatisch einen höheren Bedarf an Security und auch dieser darf nicht den alten Wegen folgen. Auch die Beratung und die Umsetzung der Security hat dem Ansatz der Integration zu folgen. Innerhalb der digitalen Transformation muss möglichst von Anfang an ein Security-Konzept zum Einsatz kommen, das die neuen Bedingungen und Anforderungen bedient. Bisherige monolithische Insellösungen für Sicherheit einzelner IT-Komponenten und Systeme sind kaum der richtige Weg. Security unterliegt heute einem Managementprozess, der von gesetzlichen Anforderungen, wie die DSGVO-Einhaltung bis hin zur technischen Abwehr von Cyberkriminalität alle Herausforderungen und Aufgaben integriert. Skalierbare Lösungen und Machine Learning sind Ansätze aus der Security-Industrie, auf die Systemhäuser bereits heute setzen müssen, um eine ganzheitliche Beratung zur Digitalisierung zu ermöglichen.
Key-Faktor Infrastruktur. Neben der integrierten und umfassenden Beratung im Unternehmen müssen Systemhäuser auch die übergreifende Infrastruktur im Blick haben. Die Digitalisierung ist maßgeblich nicht nur von internen IT-Lösungen abhängig, sondern auch von der Leistung der vorhandenen Telekommunikationsinfrastruktur. Während Unternehmen in Ballungszentren selten Probleme mit Leitungskapazitäten, Latenzen und der Auswahl an Carriern haben, um die digitale Transformation auch im Außenverhältnis zu realisieren, erfahren Firmen auf der »grünen Wiese« gerne einmal Engpässe. Systemhäuser müssen also wissen, welche Möglichkeiten für solche Unternehmen, oftmals Hidden Champions, bestehen und wie die digitale Transformation trotz Hindernisse erreicht werden kann. Alternative Kommunikationskonzepte, das Wissen wie die Politik in der Region den Ausbau der Netze vorantreibt und kreative Ideen für die Nutzung der vorhandenen Leitungskapazitäten sind essenziell, um Unternehmen bei der digitalen Transformation gewinnbringend zu unterstützen.
Zukunftstechnologie immer im Blick. Die Digitalisierung beziehungsweise die digitale Transformation in Unternehmen ist natürlich nur ein weiterer logischer Schritt in der technischen und wirtschaftlichen Evolution. Es werden neue Technologien kommen, die nach der Digitalisierung eine nächst höhere Stufe ermöglichen, einige stehen bereits in den Startlöchern. Wie auch bei der digitalen Transformation wird es Unternehmen geben, die ihren Erfolg eng an neue Technologien und Businessstrategien knüpfen und den Trend nutzen, um sich an die Spitze zu setzen. Andere hingegen werden abwarten und erst dann nachziehen, wenn die Early Adopter den Weg bereitet haben.
So wird es auch mit der nächsten Evolutionsstufe geschehen, mit Machine Learning und Deep Learning (was gerne und fälschlicher Weise unter dem Begriff »Künstliche Intelligenz« diskutiert wird). Eine wesentlich höhere Automatisierung und wenn man sie so nennen will Intelligenz wird die nächste Stufe nach der Digitalisierung sein. So lassen sich aus all den gesammelten Daten noch mehr Rückschlüsse ziehen, welche die Geschäftsstrategie von Unternehmen maßgeblich beeinflussen werden. Systemhäuser sind also selbst gut beraten, sich mit diesen Zukunftstechnologien schon heute intensiv auseinanderzusetzen.
Sebastian Paul,
Business Development
bei der MTI Technology GmbH
https://de.mti.com/
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