Warum Arbeitgeber nicht zu spendabel sein sollten.
Ob bequem vom heimischen Sofa E-Mails verschicken, die Vorteile einer Zahnzusatzversicherung nutzen oder mit dem 13. Gehalt die Weihnachtsgeschenke kaufen gehen: In Zeiten des »War of Talents« sind ein angesehener Unternehmensname und ein zentraler Arbeitsort für deutsche Arbeitnehmer kein Grund zum Jobwechsel mehr. Stattdessen müssen Unternehmer mit lukrativeren Zusatzleistungen tief in die Trickkiste greifen, um Top-Talente zu sich locken zu können. Doch Dr. Ole Mensching, CEO und Gründer der Headhunting-Agentur für digitale Executives und Experten CareerTeam, warnt Unternehmen davor, zu großzügig zu sein und empfiehlt, Mitarbeiter-Benefits genau abzuwägen.
Zusatzleistungen oder auch »Fringe Benefits« spielen insbesondere in Großkonzernen in Deutschland inzwischen eine wichtige Rolle und die Bedeutung dieser Mitarbeiter-Benefits wächst weiter. Denn: »Durch den Fachkräftemangel fühlen sich Unternehmen gezwungen, zu handeln und reagieren in Stellenanzeigen mit der Auflistung von zahlreichen Benefits für Mitarbeiter,« weiß Ole Mensching. »Unternehmen sollten jedoch genau prüfen, welche Leistungen sinnvoll sind und welche vielleicht sogar (finanziell) schaden können.«
Home-Office for everybody?
Einer Bitkom-Studie zufolge erwarten 43 Prozent der befragten Unternehmen, dass der Anteil der Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, in den kommenden fünf bis zehn Jahren steigen wird. Bis jetzt sind es bereits 30 Prozent der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Home-Office anbieten. »Viele Studien beweisen, dass Mitarbeiter von zu Hause produktiver arbeiten als vom Bürostuhl. Doch die Möglichkeit zum Home-Office kann und sollte nicht bei allen Positionen geschaffen werden,« sagt Mensching. »Besonders für Mitarbeiter mit kreativem Arbeitsanteil sind oft physische Teammeetings unabdingbar. Ein Brainstorming über Skype ist möglich, aber deutlich ineffizienter als im Konferenzraum vorm Flipchart.«
So sinnvoll sind »Fringe Benefits«
Fringe (engl. für »Rand«) Benefits heißen in der Fachsprache der Personaler freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, die einen materiellen Wert haben, aber nicht in Form von Geld ausgezahlt werden. Sie sind unabhängig vom Firmenerfolg und werden anders als Prämien unabhängig von der individuellen Leistung gewährt. Doch: »Solche Angebote sollten immer gegengerechnet werden. Nicht umsonst heißen sie Zusatzleistungen,« sagt Mensching. »Ein Ausgleich für ein bewusst niedrig angesetztes Grundgehalt sollten sie nicht sein.« Außerdem sei auch zu bedenken, dass ein Mehraufwand in der Verwaltung und Buchhaltung entsteht. So müssen die Zusatzleistungen vom Arbeitgeber ebenfalls im Lohnkonto erfasst werden und die etwaigen steuerpflichtigen Teile erhöhen den zu versteuernden Bruttoarbeitslohn.
Der schwierige Weg zurück zu Altbewährtem
Wenn angebotene Zusatzleistungen sich im Nachhinein als Fehler für das Unternehmen herausstellen, stellt sich die Frage, ob und wie zurückgerudert werden kann. Erst kürzlich ernteten Home-Office-Vorreiter IBM und Yahoo schwere Kritik, als sie ihre Heimarbeiter zurück in die Büros riefen. Begründung: Teamgeist und Innovationen vor Ort sollen gestärkt werden. Neben unzufriedenen Mitarbeitern sorgten die Vorfälle auch für schlechte Resonanz in den Medien. »Wenn bestimmte Benefits vom Arbeitgeber angeboten wurden, die sich nicht bewährt haben, wird es für Unternehmen schwer, sie wieder zu ändern oder abzuschaffen,« weiß Mensching. »Darunter könnte sowohl das Betriebsklima sowie das Firmenimage stark leiden.«
Qualität vor Quantität: Smartes Employer Branding führt zu Top-Talenten
»Eine Stellenanzeige ist die Visitenkarte eines Unternehmens und besonders in Zeiten des Fachkräftemangels müssen Arbeitgeber einiges bieten,« weiß Dr. Ole Mensching. Dennoch sollten Arbeitgeber im Vorfeld genau überlegen, welche zusätzlichen freiwilligen Leistungen sie ihren Mitarbeitern anbieten. Denn ist der Komfort erst einmal genossen worden, wird es schwer, die Leistungen wieder zu kürzen. »Unternehmen müssen smartes Employer Branding betreiben, um Top-Talente zu rekrutieren,« sagt Mensching. »Kandidaten dürfen nicht mit einer langen Liste von Benefits geködert werden, die vielleicht im Nachhinein nicht eingehalten werden können oder sich nicht bewähren. Weniger ist in diesem Fall oft mehr.« Stattdessen sollten Zusatzleistungen individualisiert angeboten werden, so Mensching. Mitarbeitern sollte gezeigt werden, dass man sich mit ihren Wünschen auseinandergesetzt hat und ihnen gerne entgegenkommt.
Unternehmen, macht eure Hausaufgaben!
Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer: »Die attraktivsten Benefits und das beste Employer Branding nützen nichts, wenn die interne Unternehmenskultur nicht stimmt«, weiß Mensching. »Unternehmen sollten ihre Hausaufgaben gemacht haben, damit sich Bewerber für sie entscheiden. Denn besonders Unternehmenswerte sind der Kern von allem, was ein Unternehmen ausmacht. Sie beschreiben seine Identität –nach innen und außen.« Diese Werte sollten im besten Fall gemeinsam mit Mitarbeitern festgelegt werden, um den Charakter des Unternehmens zu formen und festigen. Denn die Wünsche und Erwartungen der bestehenden Mitarbeiter spiegeln womöglich auch die der Kandidaten wider und überwiegen so, dass auf Home-Office und Gleitzeit vielleicht sogar verzichtet werden kann.
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