Software Defined Mainframes – Die letzten ihrer Art

Mainframes sind für Ausfallsicherheit, Zuverlässigkeit und hohen Datendurchsatz bekannt. Dennoch erscheint eine Modernisierung auf einen Software Defined Mainframe (SDM) zweckmäßig. Dieser ermöglicht den Weiterbetrieb der Bestandsapplikationen in einer Open-Source-Umgebung. Dadurch kann Bewährtes beibehalten, Neues flexibel hinzugefügt und die Unternehmensagilität gesteigert werden.

Wer sein Abenddinner im Restaurant mit der Kreditkarte zahlt, eine Versicherung für sein Kraftfahrzeug abschließt oder auch nur abends das Licht in seiner Wohnung einschaltet, kommt ohne es zu wissen, immer noch indirekt mit einem Mainframe in Kontakt. Sie bilden die Basis für viele Abrechnungssysteme und sind noch das Rückgrat von beispielsweise Banken und Versicherungen.

Mainframes, die auf Zuverlässigkeit und hohen Datendurchsatz ausgelegt sind, versehen ihren Dienst bereits seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Unternehmen, bei denen Mainframes ihren Dienst versahen, haben ihren Code nach und nach entwickelt und teilweise heute noch in Gebrauch. Ein plötzliches Umsteuern auf eine modernere Architektur würde einen sehr großen Einschnitt in die Geschäftsprozesse bedeuten. Der Umstieg ist hochkomplex. Zunächst müssten sämtliche Prozesse erfasst und abgebidet werden, um diese dann in einem neuen System komplett neu zu erschaffen – ein wahrlich riskanter Prozess mit unklarem Ausgang.

Moderne Server im Vorteil. Jedoch bietet der Einsatz von Open Source heute wesentlich günstigere und effizientere Wege, die Unternehmens-IT zu organisieren. Daher würden viele IT-Entscheider vom Mainframe auf offene Systeme umziehen. In einer von Marktforschungsunternehmen Vanson Bourne im Auftrag von LzLabs und Microsoft durchgeführten Umfrage, haben sich 77 Prozent der IT-Entscheider renommierter Unternehmen dafür ausgesprochen, dass ein Mainframe-Modernisierungs- beziehungsweise Migrations-Prozess bereits hätte beginnen müssen, um Geschäftsrisiken zu begegnen. Die gegenwärtige Situation legt diesen Gedanken nahe: Da die Mehrheit der Mainframe-Experten ihre berufliche Laufbahn bereits vor Jahrzehnten begonnen hat, sind sie in aller Regel kurz vor dem Rentenalter, wenn nicht auch schon darüber hinaus. Diese Entwicklung kann zu einer Gefahr für die Unternehmen werden, da notwendige Anpassungen wie sie etwa moderne Anwender von ihren Lieferanten erwarten oder Systemerweiterungen nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit oder gar nicht mehr durchgeführt werden können.

Wieder die Kontrolle übernehmen. Zusätzlich besteht oftmals eine starke Bindung an wenige Hersteller. Diese können, da die Anwender kaum über Alternativen verfügen, Bedingungen für die Nutzung der Systeme einfordern, die für die Nutzer schwer zu stemmen sind. Sie wollen wieder die Kontrolle über ihre IT übernehmen und gleichzeitig von der enormen Innovation im Open-Source-Umfeld profitieren.

Verändertes Nutzungsverhalten. Mainframes wurden für die damaligen Nutzungsmuster ausgelegt. Doch was vor zwanzig Jahren noch genügte, um beispielsweise im Bankensektor Kunden zufriedenzustellen, die ihre Kontoauszüge bei der Bank abholten, reicht mit dem veränderten Kundenanspruch nicht mehr aus. Denn mit dem Einzug der mobilen Endgeräte hat sich bei Konsumenten auch das Nutzungsverhalten eklatant geändert. So werden Kontoinformationen nicht mehr gelegentlich auf Papier nachverfolgt, sondern mehrfach täglich abgerufen. Monolithische Systeme kommen bei einer solchen Nutzung schnell an ihre Grenzen. 

Ein Plus an Flexibilität. Hier bieten sich abermals Open-Source-Lösungen, wie beispielsweise die Container, an. Sie sind schnell und granular erweiterbar und bieten somit eine höhere Flexibilität. Viele Lösungen bestehen schon im Open-Source-Umfeld. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Außerdem ist hier die Nutzung von Cloud-Diensten wie etwa Microsoft Azure oder AWS einfach möglich, um zusätzliche Flexibilität zu gewinnen.

Umstieg oft kompliziert. Der Umstieg vom Mainframe zur verteilten Welt ist allerdings nicht einfach zu bewerkstelligen, denn Bestandsanwendungen sind oft unzureichend dokumentiert. Bei schwindendem Know-how im Unternehmen lassen sich diese nicht einfach durch neuen Code ersetzen. Zumal in manchen Fällen nicht mal mehr der Sourcecode vorliegt. Gelegentlich sind Module in den Anwendungen enthalten, die beibehalten werden, obwohl das Wissen über ihre Einbindung oder Funktion nicht mehr vorhanden ist. Einige Dienstleister bieten an, den Code im Rahmen eines Migrationsprozesses für eine neuere Plattform umzuschreiben. Dies birgt für den Anwender die Gefahr, dass Inkompatibilitäten auftreten können, die den Betrieb der Anwendungen destabilisieren. Daneben gibt es natürlich auch technische Herausforderungen bei einer Migration auf offene Systeme. So nutzen beispielsweise Mainframes nicht die gleichen Codetabellen. Das hat unter anderem auch Auswirkungen auf die Applikationslogik, so dass tiefe Kenntnisse der Applikation von Nöten sind.

Modernisierung anstatt Migration. Dennoch kommen Unternehmen an einer Migration nicht vorbei. Von Zeit zu Zeit müssen Unternehmen ihre Mainframe-Landschaft erneuern. Gründe dafür sind das Auslaufen des Supports, Anforderungen an die Performance des Systems oder auslaufende Serviceverträge für den gegenwärtig genutzten Mainframe. So oder so finden damit regelmäßig Migrationen von einer Version zur nächsten statt. Im Zuge solcher Migrationen erscheint die Modernisierung auf einen Software Defined Mainframe (SDM) durchaus sinnvoll. Dieser ermöglicht den Weiterbetrieb der Bestandsapplikationen in einer Open-Source-Umgebung. Der Aufwand einer Modernisierung ist mit dem der Migration vergleichbar. Dabei ist es dem Anwender überlassen, wie die Modernisierung stattfinden soll. Wo möglich und gewünscht, können lediglich einzelne Module der Anwendungen modernisiert werden.

Chancen erkennen. Die Vorteile eines SDM liegen auf der Hand. Bestehender Code kann weiterverwendet werden. Man braucht in einem ersten Schritt keine tiefen Applikationskenntnisse. Hiernach können einzelne Komponenten beispielsweise in Java erstellt werden, die mit der Altanwendung sauber interoperieren. Dies bietet Unternehmen ein wesentliches Plus an Flexibilität. Im Gegensatz zum Mangel an Mainframe-Experten, gibt es genügend Entwickler für offene Plattformen auf dem Arbeitsmarkt. Ungeachtet dessen bleiben die Mainframe-Experten ein wichtiger Faktor. Schlussfolgernd kann die Modernisierung auf einen SDM für alle im Unternehmen einen Gewinn darstellen: Bewährtes wird beibehalten, Neues kann flexibel hinzugefügt werden und die Unternehmensagilität steigt rapide.


Thilo Rockmann,
Chairman und COO
von LzLabs

 

 

 

Illustration: © MKE Design /shutterstock.com

 

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