Banking im Umbruch

IT ist der Schlüssel für erfolgreiches Customer Onboarding.

Bankgeschäfte online abwickeln – das ist heute in vielen Bereichen selbstverständlich. Während FinTech-Unternehmen mit nutzerfreundlichen und schnellen Lösungen am Markt punkten, hinken viele etablierte Banken noch hinterher. Vor allem, wenn es darum geht, Leistungen über digitale Kanäle schnell und einfach abzuwickeln. Christian Brüseke, General Manager bei Avoka, zeigt Auswege aus dem Dilemma.

 

Herr Brüseke, was ist Customer Onboarding und warum stellt es viele Banken vor solche Herausforderungen?

Wir sind es heute gewohnt, von überall Anfragen mit dem Smartphone zu stellen und direkt eine Antwort zu erhalten. Und genau das erwarten wir auch von unseren Banken, zum Beispiel, wenn wir ein Konto eröffnen oder einen Ratenkredit beantragen. Leider funktioniert das häufig aber noch nicht wie gewünscht. Vieles lässt sich zwar online anstoßen, auf die Umsetzung muß man dann aber teilweise Tage warten. Das ist speziell für mobile Anwender frustrierend und kann dazu führen, dass sich potenzielle Neukunden einem anderen, schnelleren Anbieter zuwenden. Beim Customer-Onboarding geht es darum, neue Kunden oder Anfragen nach Produkten wie einem Ratenkredit möglichst reibungslos in die IT-Systeme der Bank zu integrieren und vor allem mobil »on-the-fly« abwickeln zu können.

 

Was ist daran so schwierig? Unternehmen wie N26 oder PayPal können das doch auch?

Das Problem liegt in den vorhandenen Kernbankensystemen, die über Jahrzehnte gewachsen sind und sich im klassischen Banking auch bestens bewährt haben. Allerdings sind sie den Umwälzungen der digitalen Transformation, Mobile Computing und den heutigen Ansprüchen der Kunden nicht mehr gewachsen. Wenn ich heute am PC nach elf Uhr eine Überweisung vornehme, ist diese Überweisung erst am nächsten Morgen sichtbar, weil die bestehenden Infrastrukturen der Banken die Aufträge nur über Batch-Jobs in der Nacht abarbeiten. Mit solchen Systemen ist es schlicht nicht möglich, Zu- und Abgänge sofort anzuzeigen.

 

Welche Vorteile haben FinTech-Unternehmen und junge Internet-Banken?

Diese Unternehmen wurden meist auf der grünen Wiese gegründet und konnten sich von Anfang an auf die aktuellen Standards einrichten. Das heißt, ihr Geschäftsmodell war von vornherein auf das Optimieren der Kundenansprache und das Customer-Onboarding ausgelegt. Sie müssen daher auch nicht über Jahrzehnte gewachsene Kernbankensysteme oder Host-Strukturen einbinden.

 

Was können etablierte Banken tun, um ihr Customer-Onboarding zu beschleunigen?

Diese Banken benötigen eine Softwarelösung, die alle Kanäle bedienen kann, auf allen mobilen Endgeräten sowie auf dem PC läuft. Gleichzeitig muss diese Lösung mit den Backoffice- und Kernbankensystemen interagieren können. Mit einer sogenannten Onboarding-Plattform lassen sich Themen wie Neukundenakquise oder Produktverkauf dann elegant online abbilden.

 

Eine solche Onboarding-Plattform schlägt also eine Brücke zwischen den zahlreichen Kundenkanälen und den IT-Systemen im Hintergrund?

Genau. Im Idealfall sind alle wichtigen Funktionen in einem einzigen System zusammengefasst, das als standardisiertes Servicepaket für jedes neue Formular oder Produkt zur Verfügung steht. So müssen Banken nicht für jedes Projekt denselben Service neu erzeugen und können relativ schnell und einfach eine für sie maßgeschneiderte Lösung bauen. Die Plattform sollte außerdem in der Lage sein, sowohl mit anonymen als auch mit vorher identifizierten Antragstellern umzugehen, um jeweils den Weg mit den geringsten Reibungsverlusten anzubieten.

 

Bei Avoka haben Sie eine solche Softwareplattform entwickelt. Wie muss man sich den Prozess genau vorstellen?

Wir entkoppeln den gesamten Prozess der Kundenkommunikation von den bestehenden Systemen. Dazu schalten wir unsere Plattform als »System of Engagement« vor und entlasten dadurch Mainframe und Kernbankensysteme. Parallel dazu bauen wir im Hintergrund gemeinsam mit der Bank eine Schnittstelle, die unsere Plattform mit dem Kernbankensystem und Core-Anwendungen, wie Datenbanken und CRM, verknüpft. Außerdem realisieren wir darüber die Integration von Fintech-Anwendungen, beispielsweise Bildverarbeitung, elektronische Signaturen, Betrugserkennung oder Verbindungen zu Social Media. Wenn die Bank das wünscht, können wir sämtliche Daten direkt zum Kernbankensystem leiten, sobald der Kunde seinen Antrag per Klick absendet.

 

Was muss eine moderne Onboarding-Lösung technisch alles bieten, damit Endkunden auf ihre Kosten kommen?

Für die Akzeptanz auf Endkundenseite bietet sich eine webbasierte Lösung an. Interessenten müssen ohne Registrierung oder gar Download darauf zugreifen können – und zwar egal, ob vom Smartphone, Tablet oder PC aus. Bestimmte Funktionen, wie zum Beispiel das Erfassen von Personaldaten, sollten auf die jeweilige Plattform abgestimmt sein. Dann kann der Kunde seinen Ausweis beispielsweise am PC einscannen und als Datei über den Explorer hochladen. Am Smartphone nutzt er hingegen seine Kamera. Ein besonders wichtiges Feature ist »Save and Resume«, also die Möglichkeit, mit dem Ausfüllen eines Antrags auf dem Smartphone zu beginnen und ihn später auf dem PC fortzuführen.

 

Welchen zeitlichen Vorteil bringt Banken der Einsatz einer solche Onboarding-Lösung?

Wir rechnen von der Beauftragung bis zum »Go-live« eines ersten Produkts – zum Beispiel der Eröffnung eines Girokontos oder eines Hypothekendarlehens – mit rund drei Monaten. Zum Vergleich: Kümmert sich ein rein Banken-internes IT Team darum, würde das im Schnitt eineinhalb bis zwei Jahre dauern.

 

Wo stehen deutsche Banken eigentlich im weltweiten Vergleich?

Deutsche Banken liegen im Mittelfeld. Aus unserer Erfahrung ist die Entwicklung in Deutschland ähnlich weit fortgeschritten wie in Nordamerika, zum Teil sogar noch weiter. Im Vergleich zu australischen Banken, die als Innovatoren gelten, hinken Sie aber hinterher. Das belegt auch eine Studie zu »Digital Readiness« internationaler Banken, die wir im Frühjahr vorgelegt haben. Was den meisten Banken fehlt, sind der Mut, die Dinge anzugehen, und die Bereitschaft, Bewährtes auf den Prüfstand zu stellen.

 


 

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