Blockchain vor dem Durchbruch?

Illustration: Geralt Absmeier

 Jedes vierte deutsche Startup plant Einsatz der Technologie
 Mehrheit sieht große Bedeutung der Blockchain für deutsche Wirtschaft

 

Ob Kryptowährungen, sichere Lieferketten oder Smart Contracts: Im Hintergrund wird immer die Blockchain-Technologie eingesetzt. Künftig könnte es deutlich mehr Anwendungen geben. Denn aktuell nutzen nur 6 Prozent der Startups hierzulande die Blockchain-Technologie. Aber jedes Vierte (27 Prozent) plant und diskutiert derzeit den Einsatz. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 300 deutschen Startups [1].

»Die Blockchain hat das Potenzial, fast jede Branche fundamental zu verändern. Der dezentrale, sichere Ansatz führt dazu, dass wir zum Beispiel bei Finanztransaktionen ebenso wenig wie beim Vertragsabschluss eine zentrale Vertrauensinstanz brauchen – das stellt Banken ebenso wie Notare in Zukunft vor große Herausforderungen«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Die Blockchain ermöglicht Anwendungen, die bislang nicht denkbar oder sehr teuer und fehleranfällig waren. Jedes Unternehmen sollte jetzt prüfen, wo es selbst neue Geschäftsmodelle entwickeln kann – oder wo bestehende eigene künftig obsolet werden könnten.«

 

 

Etablierte Unternehmen hinken beim Blockchain-Einsatz hinterher

Startups sind die Schrittmacher bei der Einführung der Blockchain. In der Gesamtwirtschaft spielt die Technologie bislang kaum eine Rolle. In praktisch keinem Unternehmen ab 20 Mitarbeitern wird sie genutzt und gerade einmal 6 Prozent diskutieren oder planen einen Einsatz. Gleichwohl sagt jedes zweite Unternehmen (53 Prozent), dass die Blockchain große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen hat. Unter den Startups teilen sogar fast zwei Drittel (63 Prozent) diese Einschätzung.

Auch die Bundesregierung hat die Bedeutung des Themas erkannt und erarbeitet derzeit eine Blockchain-Strategie. »Es besteht die Chance Deutschland als führende Nation für Blockchain und Distributed Ledger Technologien zu positionieren. Dazu brauchen wir mehr Experimentierfreude, gerade auch im öffentlichen Sektor«, sagt Berg. »Wir müssen die rechtlichen Hürden für innovative Blockchain-Anwendungen aus dem Weg räumen und Forschungsmittel auf diese Technologie konzentrieren. Unser Ziel muss sein, Deutschland zu einem weltweit führenden Blockchain-Standort zu machen.«

Erster Blockchain Business Summit des Bitkom

Am 3. Dezember, dem ersten Tag des diesjährigen Digitalgipfels, veranstaltet Bitkom in Nürnberg erstmals einen Blockchain Business Summit. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen praktische Einsatzmöglichkeiten der Technologie, Blockchain-as-a-Service-Angebote sowie Fragen der politischen Regulierung. Alle Informationen dazu unter blockchain-business-summit.de.

Bitkom hat ein Positionspapier zur Blockchain-Technologie mit Blick auf die Politik in der laufenden Legislaturperiode veröffentlicht, das kostenlos zum Download bereitsteht.

Zudem beantwortet Bitkom wichtige Fragen, die sich für den Einsatz von Blockchain-Technologie durch die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ergeben, in einem Faktenpapier, das kostenfrei heruntergeladen werden kann.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben sind zwei Umfragen, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden zum einen 302 IT- und Internet-Startups in Deutschland befragt. Die Fragestellungen lauteten »Welche Bedeutung haben die folgenden Technologien deiner Meinung nach für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in der Zukunft?« und »Und welche der genannten Technologien sind in eurem Startup bereits im Einsatz, ein Thema oder kein Thema?« Zum anderen wurden Geschäftsführer und Vorstände von 604 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellung lautete »welche der genannten Technologien sind in Ihrem Unternehmen bereits im Einsatz, werden geplant oder diskutiert oder sind derzeit kein Thema?«

 


 

Deutschland braucht die Bundesblockchain

Illustration: Absmeier, Werner22Brigitte

  • Regierungen brauchen neues Selbstverständnis als digitale Dienstleister.
  • Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial, viele Prozesse in Verwaltungen und Behörden zu automatisieren.

 

Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial, die Verwaltung nachhaltig zu verändern: »Volle Transparenz gewährleisten und gleichzeitig Bürgerdaten und Privatsphäre schützen, das ist mit der Blockchain nun technisch möglich«, sagt Taavi Kotka im Rahmen einer Veranstaltung des eco Verbands. Der ehemalige CIO Estlands hat die Digitalisierung des baltischen Staates maßgeblich gestaltet. Das entkräfte mögliche Ausreden von Verantwortlichen, die die Digitalisierung der Verwaltung bislang möglicherweise aufgeschoben hatten.

»Die Menschen nehmen staatliche Stellen zukünftig immer stärker als Dienstleister wahr, von denen sie Services ohne große bürokratische Hürden erwarten.« Es werde sogar zu einem Wettbewerb der Nationen kommen, beispielsweise um hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland. »Den werden diejenigen gewinnen, die Services digital einfacher und effizienter anbieten können«, sagt Kotka. Eine Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltungsprozesse sei daher eine notwendige Investition in die wirtschaftliche Zukunft des Landes.

70 Prozent wollen die Bundesblockchain

»Blockchain stellt staatlichen Stellen neue Instrumente zur Verfügung, um komplexe und vertrauenswürdige Interaktionen zwischen Staat und Bürgern zu erleichtern«, bestätigt auch Stephan Zimprich, Leiter der Kompetenzgruppe Blockchain im eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. »Die Technologie bietet ein immenses Potenzial, Systeme zu ändern und Prozesse zu beschleunigen.«

Laut aktueller Studie von eco und YouGov [1] wünschen sich in Deutschland 81 Prozent der Unternehmen mehr Möglichkeiten, Daten mit staatlichen Stellen sicher auszutauschen. Ein Problem: 44 Prozent der Unternehmensentscheider haben kein Vertrauen in die Datensicherheit beim elektronischen Austausch mit Behörden und staatlichen Stellen. Insgesamt 68 Prozent denken, dass innovative Lösungen wie die Blockchain hier Abhilfe schaffen könnten. Der Staat sollte Unternehmen die Möglichkeit bieten, Unternehmensdaten geschützt durch Blockchain-Technologie an Behörden zu übertragen, sagen 70 Prozent der Befragten.

Konkrete Blockchain-Projekte gefordert

»Die Menschen begreifen immer besser, was die Blockchain-Technologie alles kann«, sagt Taavi Kotka. »Die Bürger nehmen zunehmend wahr, dass die Bedenken staatlicher Stellen hinsichtlich Datenschutz und Privatsphäre eigentlich Ausreden sind.« Gerade die Stärken der Blockchain – fälschungssichere Register zu führen und als vertrauenswürdige neutrale Instanz zu fungieren – sind schließlich zentrale Charakteristika öffentlicher Institutionen. »Jetzt ist die Zeit für öffentliche Institutionen gekommen, die Digitalisierung in die Hand zu nehmen und Projekte konkret umzusetzen«, schließt Kotka.

Die Frage, ob wir auf dem Weg in eine Blockchain-Gesellschaft sind, stellen sich Experten und Entscheider aus Unternehmen und Verwaltung am 11.12.2018 in Köln im Rahmen der Blockchain Masters

[1] eco Studie »Blockchain und Austausch mit Verwaltungen – Anforderungen und Chancen«. Befragt wurden 500 Unternehmensentscheider im März 2018.