KI-gestützte Produktion: Wie Unternehmen Daten in effektive Maßnahmen umwandeln

 

foto freepik

Produktionsleiter sehen sich täglich einer nahezu unlösbaren Herausforderung gegenüber: Sie sollen mehr produzieren, mit weniger Ressourcen auskommen, schneller auf Marktveränderungen reagieren, Nachhaltigkeitsziele erreichen und gleichzeitig die Profitabilität sichern – und das alles unter den Bedingungen von Lieferkettenstörungen und steigenden Energiekosten. Klassische Planungszyklen, die sich über Wochen oder Monate erstrecken, sind dafür nicht mehr geeignet. Unternehmen, die heute erfolgreich sind, setzen auf KI-gestützte Werkzeuge, um operative Daten in sofortige Entscheidungen umzuwandeln.

 

Dieser Wandel kommt für deutsche Unternehmen – insbesondere für den Mittelstand als Rückgrat der Industrie – zur rechten Zeit. Die Energiepreise bleiben volatil, die Verfügbarkeit von Rohstoffen schwankt und die regulatorischen Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit nehmen weiter zu.

Obwohl 81 % der Unternehmen glauben, dass KI ihnen dabei helfen kann, ihre Geschäftsziele zu erreichen, nutzen nur 27 % sie strategisch [1]. Das eröffnet eine große Chance für diejenigen, die jetzt handeln.

 

Wenn jede Entscheidung Kosten verursacht

Unternehmen müssen täglich komplexe Entscheidungen treffen: Wann soll die Produktion hochgefahren werden? Wie hoch sollen die Lagerbestände sein? Welche Aufträge haben Priorität? Wann müssen Preise angepasst werden? Traditionell basieren diese Entscheidungen auf historischen Daten, Bauchgefühl und statischen Prognosen. Doch Märkte bewegen sich heute nicht mehr nach festen Mustern. Daten ermöglichen heute fundiertere Entscheidungen.

Hier kommt KI ins Spiel: Intelligente Systeme können durch die Analyse von Echtzeitdaten Entscheidungen automatisieren, für die früher aufwendige manuelle Analysen erforderlich waren. So können beispielsweise Produzenten ihre Preise in Echtzeit anpassen, ihr Produktionsvolumen präziser steuern und ihre Lagerkosten senken, indem sie nicht mehr nur auf historische Durchschnittswerte vertrauen.

 

Nachhaltigkeit durch Intelligenz

Die Energiekosten und die EU-Initiativen zur Klimaneutralität haben einen erheblichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit. KI-gestützte Systeme bieten hier einen Ausweg, da sie sowohl die Kosten als auch die Umweltauflagen optimieren können.

KI kann den Energieverbrauch überwachen und die Produktionszeiten so anpassen, dass Strom zu günstigeren Tarifen und bei höherer Verfügbarkeit erneuerbarer Energien genutzt wird. Unternehmen berichten von messbaren Verbesserungen bei der Abfallreduzierung, optimierten Energieflüssen und erhöhter Transparenz in der Lieferkette [2].

KI kann darüber hinaus ganze Produktionsnetzwerke optimieren. Aufträge werden an Standorte mit günstigen Energieprofilen verlagert und Produktionspläne so koordiniert, dass erneuerbare Energien maximal genutzt werden. Studien zeigen, dass Unternehmen mit ausgereiften, KI-gestützten Lieferketten eine um 23 % höhere Profitabilität erzielen – bei gleichzeitig geringerem Ressourcenverbrauch [3].

 

Anpassung an geopolitische Ereignisse in Echtzeit

Wie die letzten Jahre gezeigt haben, sind globale Lieferketten sehr anfällig. Geopolitische Spannungen, Rohstoffengpässe und Logistikprobleme haben die Grenzen traditioneller Ansätze aufgezeigt.

KI ermöglicht eine proaktive Steuerung: Systeme erkennen potenzielle Störungen, bevor diese die Produktion beeinträchtigen. Dies wird durch die Analyse von Lieferantenleistung, geopolitischen Risiken und Rohstoffverfügbarkeit erreicht. KI-gestützte Beschaffungssysteme passen Bestellungen dynamisch an, basierend auf Lagerbeständen, der prognostizierten Nachfrage und Preisentwicklungen.

Nehmen wir ein Maschinenbauunternehmen, das mithilfe von KI Hunderte von Zulieferern in mehreren Ländern überwacht und dabei die Lieferleistung, geopolitische Entwicklungen und Finanzkennzahlen verfolgt. Wenn das System ein erhöhtes Risiko für eine wichtige Komponente feststellt, identifiziert es automatisch alternative Lieferanten und passt die Produktionspläne an.

 

Die Umsetzungslücke schließen

Die Potenziale von KI sind offensichtlich, doch viele deutsche Unternehmen nutzen sie nicht effektiv. Die Hürden liegen dabei weniger in der Technologie selbst als in ihrer Implementierung: Es fehlt an interner Expertise, ROI-Berechnungen sind unklar und die Integration neuer Systeme in jahrzehntealte Produktionsinfrastrukturen ist herausfordernd. Für den Mittelstand ist das besonders herausfordernd, denn begrenzte IT-Ressourcen und zusätzliche Anforderungen durch die EU-KI-Verordnung (Risikoklassifizierung, Compliance-Pflichten) erschweren den Einstieg [4].

Der Schlüssel liegt in einem strategischen Vorgehen. Unternehmen sollten mit gezielten, geschäftskritischen KI-Initiativen starten. Sinnvoll sind kleine Schritte, etwa die Optimierung einzelner Produktionsentscheidungen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können anschließend für den Ausbau genutzt werden.

 

Der Weg nach vorn

Traditionelle Produktionsmethoden stoßen bei Marktvolatilität, Nachhaltigkeitsdruck und Lieferkettenrisiken an ihre Grenzen. KI ermöglicht einen neuen Ansatz: Entscheidungen erfolgen kontinuierlich und basieren auf Echtzeitdaten statt auf veralteten Prognosen.

Für deutsche Produzenten, insbesondere für den Mittelstand, ist das Zeitfenster für den Aufbau dieser Fähigkeiten noch offen, aber nicht unbegrenzt. Es ist keine Option, auf den »perfekten« Plan zu warten. Besser ist es, mit fokussierten Anwendungen zu starten, Erfahrungen zu sammeln und die Fähigkeiten systematisch auszubauen.

Die Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit hängt zunehmend davon ab, schneller und besser zu entscheiden als die Konkurrenz. KI ist nicht nur ein Vorteil, sondern wird zur Voraussetzung für den Erfolg in Märkten, in denen Geschwindigkeit, Effizienz und Anpassungsfähigkeit entscheidend sind.

Davoud Pourhossein, Global Director of Strategy und Innovation, Digital Workplace Solutions, Unisys

 

[1] https://www.wsiworld.com/blog/81-of-businesses-trust-ai-but-just-27-use-it-strategically-new-report-finds
[2] https://esgnews.com/wp-content/uploads/2025/02/AIfortheChiefSustainabilityOfficerSlipSheet.pdf
[3] https://newsroom.accenture.com/news/2024/companies-with-next-generation-supply-chain-capabilities-achieve-23-greater-profitability-shows-new-research-from-accenture
[4] https://www.bfdi.bund.de/DE/Fachthemen/Inhalte/Technik/KI-Verordnung.html

 

802 Artikel zu „KI Produktion KMU“

Whitepaper Industrial AI: So sichert KI die Zukunft der Industrie

KI gilt der Mehrheit als entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit. Whitepaper zeigt Status quo, Praxisbeispiele und politische Hebel auf.   Ob selbstlernende Roboter, vorausschauende Wartung oder simulationsgestützte Entwicklung – KI ist in der Industrie angekommen und gilt dort als der Schlüssel zur nächsten Stufe der Automatisierung. Anfang des Jahres nutzten bereits 42 Prozent der deutschen Industrieunternehmen künstliche…

KI-Browser: Komfort oder kritischer Sicherheitsblindfleck?

»Ich habe nichts angeklickt. Der Browser hat das von selbst gemacht.« Das hörte ein Sicherheitsanalyst, nachdem der KI-gestützte Browser eines Benutzers ohne Erlaubnis auf sensible Daten zugegriffen hatte. KI-Browser sollen das digitale Leben einfacher machen. Marktprognosen zeigen, dass sie schnell wachsen – von 4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 auf fast 77 Milliarden US-Dollar im…

»AI Threat Tracker«: So nutzen Bedrohungsakteure KI

Angreifer nutzen KI nicht mehr nur zur Steigerung ihrer Produktivität, sondern experimentieren mit neuen Funktionen und Szenarien. Es gibt erstmals Malware-Familien, die während der Ausführung Large Language Models (LLMs) verwenden. Bedrohungsakteure verwenden Social-Engineering-Methoden, um Sicherheitsvorkehrungen von KI-Tools zu umgehen. Staatlich geförderte Akteure nutzen KI, um alle Phasen ihrer Aktivitäten zu verbessern. Der Untergrund-Markt für illegale…

Cybersecurity für KMU: Es fehlt die kohärente Strategie

Fast ein Viertel der Führungskräfte in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland versteht die geschäftliche Relevanz von Cybersicherheit nicht vollständig, was zu Verzögerungen bei Entscheidungen und Investitionen führt. Die Überwachung und Abwehr von Cyberbedrohungen stellt für viele IT-Führungskräfte eine Vollzeitaufgabe dar, wobei ein erheblicher Teil der Zeit für das Troubleshooting von Sicherheitstools aufgewendet wird.…

Souveräne KI – wer profitiert und warum?

  Die Diskussion um künstliche Intelligenz konzentriert sich zunehmend auf Kontrolle und Compliance. Besonders in Europa spielt das Konzept der souveränen KI eine zentrale Rolle: Unternehmen und Behörden sollen leistungsstarke Modelle einsetzen können, ohne ihre Datenhoheit oder die Einhaltung regulatorischer Vorgaben zu gefährden.   Die globale Digitalökonomie erlebt derzeit eine Phase tiefgreifender Neuorientierung. Handelsstreitigkeiten oder…

Warum Unternehmen bei der Prozessdigitalisierung umdenken müssen – KI trifft Realität

Die Euphorie um künstliche Intelligenz ist ungebrochen – doch zwischen Buzzword und Business Value klafft häufig eine Lücke. Viele Unternehmen investieren in KI, doch nur wenige schöpfen deren Potenzial voll aus. Der Grund liegt nicht in der Technologie selbst, sondern im strategischen Umgang mit ihr. Wer KI als Add-on begreift, wird enttäuscht. Wer sie hingegen zum integralen Bestandteil seiner Prozesse macht, wird profitieren. Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Prozessdigitalisierung.

Low-Code meets KI: Wie der Mittelstand die Kontrolle über seine Digitalisierung zurückgewinnt

Mittelständische Unternehmen stehen vor einer Zwickmühle: Geschäftssysteme werden komplexer, die Anforderungen an digitale Integration steigen – doch Entwickler für maßgeschneiderte Anpassungen fehlen. IT-Abteilungen sind überlastet, Änderungen dauern Monate, spezifische Anforderungen werden zu teuren Sonderprojekten. Künstliche Intelligenz und Low-Code-Plattformen versprechen nun einen Ausweg: Fachabteilungen können selbst Software entwickeln, ohne Programmierkenntnisse. Die Marketing-Managerin baut ihr Dashboard, der…

Digitale Verwaltung: Zwei Drittel möchten, dass ihre Anträge von einer KI bearbeitet werden

65 Prozent wollen, dass die Verwaltung Vorreiter bei künstlicher Intelligenz wird.   Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland möchte, dass Ämter und Behörden KI zur Bearbeitung von Anträgen einsetzen. 7 Prozent wollen, dass bei einem eigenen Antrag die KI den Antrag selbsttätig prüft und auch entscheidet. 17 Prozent möchten, dass die KI die…

Bürgernähe per KI: Wie Voicebots Verwaltungen entlasten

»Drücken Sie die Drei, um mit unserem IT-Support verbunden zu werden«: Telefonhotlines mit sperrigen Begrüßungen und komplizierten Tastenmenüs sind den meisten Menschen ein Graus. Sogenannte Voicebots können das inzwischen deutlich besser.   Voicebots sind digitale Assistenten, die Anrufe eigenständig entgegennehmen und so Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei wiederkehrenden Anfragen entlasten. Sie sind in vielen Unternehmen, die…

5 Gründe, an denen KI-Strategien häufig scheitern

90 % der Unternehmen planen, ihre Ausgaben für KI-Tools im nächsten Jahr zu erhöhen. Schon heute sind es lediglich 6 % der Befragten, die noch nicht in irgendeiner Form künstliche Intelligenz einsetzen. Allein diese beiden Zahlen zeigen die aktuelle Transformation der Wirtschaft. Der Wandel zur »AI-First-Company« ist in vollem Gange. Doch auf diesem Weg liegen…

Whitepaper erklärt rechtliche Fallstricke beim Einsatz von KI

Whitepaper beleuchtet zentrale juristische Fragestellungen rund um KI im deutschen und europäischen Recht. Trend Micro, ein Anbieter von Cybersicherheitslösungen, veröffentlichte sein neues Whitepaper »KI in der IT: Ein juristisches Minenfeld« [1]. Dieses behandelt die wichtigsten rechtlichen Anforderungen und juristischen Fragestellungen zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in Unternehmen. Künstliche Intelligenz (KI) verändert die IT-Landschaft rasant: Sie…

Effizienter zur Nachhaltigkeits-berichterstattung – mit KI als Unterstützung

Die ESG-Berichtspflicht ist da. Für einige Unternehmen eine Chance, sich mit Nachhaltigkeit zu profilieren. Für andere ein bürokratischer Albtraum. Eines aber gilt für alle: Der Nachhaltigkeitsbericht muss erstellt werden. Und das ist nicht nur ein bisschen Tabellenfüllen und ein paar gute Taten beschreiben. Es geht um strukturierte, prüffähige, standardisierte Angaben entlang von bis zu 1300…

Turbo für den KI-Standort: Raus aus der Startbox

eco benennt 5 Hebel für den KI-Durchbruch am Standort Deutschland.   Mit der offiziellen Veröffentlichung des Referentenentwurfs zur nationalen Umsetzung des AI Act startet die entscheidende Phase für die Regulierung künstlicher Intelligenz in Deutschland. Im Rahmen der laufenden Verbändebeteiligung warnt eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. vor mangelnder Abstimmung zwischen den zuständigen Behörden und…

Studie zur Netzwerkmodernisierung als Schlüssel zur KI-Transformation

NTT DATA und Cisco haben einen gemeinsamen neuen IDC InfoBrief vorgestellt – Wired for Intelligence: A CIO Guide to Enterprise Networking for AI [1]. Die Studie zeigt, wie Unternehmen ihre Netzwerkinfrastrukturen modernisieren müssen, um ihre KI-Transformation zu beschleunigen.   Mit der zunehmenden Integration von KI in Anwendungen – von der Fertigungsbranche über das Gesundheitswesen bis…

NIS2: Strategien für KMU mit begrenzten IT-Ressourcen und Fachkräftedilemma

Noch nicht Gesetz – aber längst relevant: Zwar hat sich in Deutschland die Überführung der EU-Cybersicherheits-Richtlinie NIS2 in nationales Recht verzögert, dennoch ist es nur eine Frage der Zeit. Entsprechend wächst der Handlungsdruck für Unternehmen – insbesondere im Mittelstand. Wer sich heute schon vorbereitet, schützt nicht nur seine IT-Systeme, sondern den Fortbestand des Unternehmens.  …

ChatGPT-Agenten: Je eigenständiger KI-Agenten handeln, desto gefährlicher werden sie

Generative KI wird bisher vor allem als Assistenzwerkzeug verstanden, doch mit der Einführung von sogenannten »Agenten« steht ein Paradigmenwechsel bevor. Diese autonomen Systeme führen nicht nur Befehle aus, sondern agieren selbstständig, interagieren mit Systemen, treffen Entscheidungen und können, im schlimmsten Fall, ohne menschliches Zutun Schaden anrichten. In einem neuen Blogbeitrag warnt Trend Micro vor den…

Die meisten KI-Tools haben massive Sicherheitsprobleme

Cybersicherheitsexperten sagen, dass »unkontrollierte KI-Nutzung« gefährliche blinde Flecken schafft, da Untersuchungen zeigen, dass 84 % der KI-Tool-Anbieter Sicherheitsverletzungen erlitten haben.   Vor drei Wochen enthüllte das ChatGPT-Leck »geteilte Gespräche« und machte Tausende von Benutzerchats – einige davon mit Namen, Adressen und anderen persönlich identifizierbaren Informationen – in den Google-Suchergebnissen sichtbar. Die Links, die ursprünglich über…

KI-Einsatz im Blindflug: Unternehmen bringen sich durch fehlende Sicherheitsmaßnahmen in Gefahr

Viele Unternehmen verzichten auf Maßnahmen zur sicheren Anwendung von KI. Das zeigt die repräsentative Umfrage von G DATA CyberDefense, Statista und brand eins: Nur zwei von fünf Firmen schulen ihre Mitarbeitenden oder haben unternehmensweite KI-Guidelines etabliert [1]. Zwar ergreifen viele Verantwortliche bereits vereinzelt Maßnahmen, jedoch noch zu wenig und ohne Strategie. Die Risiken sind groß,…

Expertin sagt »industrielles KI-Zeitalter« voraus

»Die KI-Nutzung wird über das Schicksal des Industriestandorts Deutschland entscheiden.« »Die industrielle Nutzung von künstlicher Intelligenz wird über das Schicksal Deutschlands als Produktionsstandort entscheiden«, sagt Jane Enny van Lambalgen, die am 1. Juli als Top Interim Manager 2025 ausgezeichnet wurde. Als Managerin auf Zeit übernimmt sie regelmäßig Führungspositionen in der Industrie, um vor allem mittelständische…