Die versteckten Umweltkosten digitaler Bilder

Illustration Absmeier foto freepik

Die versteckten ökologischen Kosten der Billionen digitaler Bilder, die wir jedes Jahr aufnehmen und speichern, sollten nicht ignoriert werden, zumal sie durch den Umstieg auf effizientere Speicherformate erheblich reduziert werden könnten.

 

Man könnte meinen, dass im Vergleich zu den zahlreichen Chemikalien analoger Fotografien, digitale Fotos per Definition viel umweltfreundlicher sind. Auch deshalb, weil Digitalkameras im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts die analogen Kameras fast vollständig verdrängt haben und wir die meisten Fotos heutzutage nicht mehr auf Papier ausdrucken. Doch das ist ein Trugschluss.

Obwohl der ökologische Fußabdruck pro Bild dank der Digitalfotografie kleiner geworden ist, werden heute so viele Fotos gemacht, dass ihre Speicherung unseren Planeten stärker belastet als zu Zeiten, als Filme noch mit Gelatine und Silberhalogenidkristallen entwickelt wurden. In diesem Jahr werden fast 2 Billionen neue Schnappschüsse mit Smartphones aufgenommen – zusätzlich zu den geschätzten 10 Billionen digitaler Fotos, die bereits gespeicherten sind.

Eine wichtige Lösung könnte hier eine verbesserte Komprimierung sein. Digitale Bilder bestehen aus Pixeln, die in der Regel in einem rechteckigen Raster angeordnet sind. Mit der Einführung von JPEG im Jahr 1992 wurde es einfacher, Bilder so darzustellen, dass nur wenige Bits pro Pixel benötigt werden. Diese Form der »verlustbehafteten Kompression« kann Bilder erzeugen, die sich optisch nicht von unkomprimierten Bildern unterscheiden, aber nur ein Zehntel der zuvor benötigten Byte-Größe aufweisen.

 

Wie digitale Bilder zu unserem globalen CO2-Fußabdruck beitragen

Wir können (und tun es auch) viele Fotos machen, die alle gespeichert werden. Ein typisches JPEG-Bild in hoher Qualität und Auflösung hat eine Größe von fünf Megabyte. Das bedeutet, dass allein die Fotos, die die Menschheit im Jahr 2024 machen wird, etwa zehn Exabyte Speicherplatz benötigen werden. Der Stromverbrauch, um zehn Exabyte ein Jahr lang zu speichern, beträgt mindestens 20 Terawattstunden, was dem Stromverbrauch von fünf Millionen Elektroautos entspricht, die jeweils 20.000 Kilometer fahren. Im größeren Kontext des Klimawandels ist dies vielleicht nicht unser größtes Problem, aber der Beitrag von digitalen Bildern zu unserem globalen CO2-Fußabdruck sollte nicht unterschätzt werden.

Und das sind nur die Speicherkosten. Die Übertragung von Fotos über das Internet ist auch mit Kosten verbunden. Die Schätzungen dieser Kosten variieren stark, da sich die Technologie weiterentwickelt. Wir können davon ausgehen, dass jedes Foto mindestens ein paar Mal übertragen wird – einmal, um es in der Cloud zu speichern, und ein paar Mal, um es wieder abzurufen. Einige Fotos werden ständig geteilt, zum Beispiel weil sie auf einer stark frequentierten Website landen oder in sozialen Medien viral gehen. Nicht in allen Fällen wird das Originalfoto in voller Auflösung und hoher Qualität übermittelt. Häufig werden die Bilder herunterskaliert und in geringerer Qualität übertragen. Selbst bei optimistischen Schätzungen könnten die Gesamtkosten für die Übertragung ähnlich hoch sein wie die Kosten für die Speicherung: weitere fünf Millionen Autos, die jeweils 20.000 Kilometer zurücklegen.

Man kann also mit Sicherheit sagen, dass die digitale Fotografie erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die Frage ist, was wir machen können, um diese Auswirkungen zu verringern. Hinzu kommt, dass die Websites immer umfangreicher werden und viele von ihnen Videos enthalten, die eigene Speicher- und Übertragungskosten verursachen.

Schließlich wird der ökologische Fußabdruck von Bildern und Videos nicht nur durch die Speicherung und Übertragung bestimmt, sondern auch durch die Energie, die zur Kodierung und Dekodierung benötigt wird. Nicht alle Bildformate sind leichtgewichtig in Bezug auf die Rechenressourcen (und damit Energie), die für ihre Kodierung und Dekodierung benötigt werden. Neuere Formate, die auf Videocodecs basieren, benötigen in der Regel wesentlich mehr Rechenleistung. Videocodecs verfügen meist über dedizierte Hardware-Decoder (und manchmal auch Encoder), was den Stromverbrauch im Vergleich zur Verarbeitung auf Standard-CPUs reduziert. Die Hardware-Dekodierung ist eine Notwendigkeit: Ohne sie würde sich das Handy oder Tablet beim Betrachten von Videos schnell aufheizen und der Akku wäre schnell leer. Die Entwicklung neuer Hardware benötigt Zeit. In der Praxis wird die Codierung häufig in Software durchgeführt, auch wenn Hardware verfügbar ist, da Hardware-Encoder für eine schnelle, aber nicht optimale Komprimierung ausgelegt sind. Der ökologische Fußabdruck von Bildern und Videos wird also nicht nur durch die Speicherung und Übertragung bestimmt, sondern auch durch die Energie, die zur Kodierung und Dekodierung benötigt wird. Ist die Komprimierung CPU-intensiv, sollten solche Formate oder Codecs nur für häufig verwendete Bilder und Videos verwendet werden, damit die Einsparungen bei der Bandbreite nicht durch die CPU-Leistung zunichtegemacht werden.

 

Neues Format als mögliche Lösung

Wie wir gesehen haben, sind einige Bildformate standardmäßig kleiner und benötigen weniger Bandbreite und Dateigröße. Wenn wir beispielsweise über die Verwendung von Bildern auf Websites sprechen, können Formate wie WebP, AVIF, JP2, HEIC und JPEG XL die Bandbreitenanforderungen erheblich reduzieren.

Der Videocodec AV1 wurde etwa speziell zur Verbesserung der Videoübertragung über das Internet entwickelt. Er komprimiert Videos effizienter und verbraucht 20 bis 50 Prozent weniger Daten als die Videocodecs H.264 oder H.265.

Dasselbe gilt für Bilder mit dem neuen Format JPEG XL. Würden wir alle JPEG XL verwenden, ließen sich die Speicher- und Übertragungskosten für Bilder um 60 Prozent senken – und die Zahl der Elektroautos von zehn Millionen auf vier Millionen reduzieren.

Denn JPEG XL, das 2022 eingeführt wurde, bietet eine um 60 Prozent bessere Komprimierung als der De-facto-Standard für digitale Bilder JPEG. Mehr noch: Bestehende JPEG-Bilder können verlustfrei in JPEG XL umgewandelt werden, sind dann aber 20 Prozent kleiner.

Kein neues Format hat es bisher geschafft, so erfolgreich und allgegenwärtig zu werden wie JPEG. Auch JPEG XL ist bisher nicht weit verbreitet, Google hat seine anfängliche Unterstützung vor zwei Jahren sogar eingestellt. Apple hat jedoch kürzlich angekündigt, JPEG XL in seinem gesamten Ökosystem zu unterstützen, was die Situation sicherlich ändern wird.

Da sich der ökologische Fußabdruck der Fotografie von Filmrollen und Entwicklungschemikalien hin zu digitaler Speicherung, Netzwerkübertragung und Rechenleistung verschoben hat, sehe ich nur drei Möglichkeiten, unseren ökologischen Fußabdruck in diesem Bereich zu reduzieren: weniger Bilder machen, ihre Qualität reduzieren oder bessere Bildformate verwenden. Nur eines sollten wir auf keinen Fall tun: Die versteckten ökologischen Kosten digitaler Bilder ignorieren.

Jon Sneyers, Senior Image Researcher bei Cloudinary

Dr. Jon Sneyer ist Co-Vorsitzender der JPEG XL Ad-hoc-Gruppe und Initiator des Free Lossless Image Format (FLIF). Er arbeitet als Senior Image Researcher bei Cloudinary, einem Anbieter von cloudbasierten Image- und Videomanagementlösungen. Jon hat an der KU Leuven in Informatik zum Thema Optimierung der Kompilierung und Rechenkomplexität von Constraint-Handling-Regeln promoviert.

 

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