»Invisible Payments« und ihre Chancen für IT-Services – Wenn Zahlungen plötzlich unsichtbar werden

Invisible Payment ist nicht neu, aber durch das Internet der Dinge und die künstliche Intelligenz wird es auf eine neue Ebene gehoben.

Von Amazon kann man halten was man will, aber man kann viel von diesem Online-Händler lernen, auch zum Thema Bezahlen. Die zentrale Botschaft: Neue Dinge mögen Menschen gerne, das Bezahlen findet aber niemand besonders prickelnd. Also macht man den Bezahlvorgang unsichtbar. Mit Amazon Go zeigt der Versandhändler in echten Ladengeschäften, wie unsichtbare Bezahlvorgänge aussehen könnten. Beim Betreten des Ladens berühren die Kunden mit ihrem Handy und der Amazon App darauf ein Lesegerät. Danach nehmen sie sich was sie wollen und verlassen einfach den Laden wieder. Die Bezahlung erfolgt automatisch im Hintergrund, ohne dass Nutzer sie explizit auslösen. 

Auch in den Alexa-Lautsprechern hat Amazon diese sogenannten Invisible Payments bereits integriert, in diesem Fall aber zum Shopping auf der hauseigenen Plattform. Auf Zuruf kauft Alexa für seine Besitzer bei Amazon ein, die Bezahlung erfolgt automatisch über das verknüpfte Konto. Niemand muss also mehr an eine virtuelle Kasse gehen und dort eine Bezahlart auswählen. Da erscheint es nicht allzu weit weg, dass man künftig per Zuruf auch andere Produkte und Dienstleistungen kaufen kann, ohne sich anschließend im Sprachdialog um die Bezahlung kümmern zu müssen.

Nachfahren der klassischen Abos. Völlig neu sind Invisible Payments aber gar nicht, sie werden nur gerade mit Hilfe moderner Technik neu erfunden. Klassische Abos auf Lastschriftbasis, etwa für Zeitschriften oder auch Web-Services wie Netflix oder Spotify sind lange bekannte Beispiele dafür, dass man einmal sein Einverständnis gegeben hat und die nachfolgenden Bezahlungen komplett transparent ablaufen. Auch Cloud-Computing-Konzepte mit flexibler Nutzung sind nicht neu, Amazon Elastic Compute legte 2006 richtig los, zwei Jahre später folgte Google mit der Google App Engine und 2010 kam Microsoft Azure auf den Markt. Auch die Anwendungs-Software hat eine Paradigmenwechsel erlebt. 2013 haben Adobe oder Microsoft ihre Geschäftsmodelle in Richtung Abo weiterentwickelt. Statt immer nur einzelne Versionen der eigenen Software zu kaufen, hat man sich Mietmodelle überlegt. Kunden nutzen einen Aboservice und gegen eine monatliche Gebühr steht ihnen immer die neueste Softwarelösung zur Verfügung. Auch die heute für Unternehmen so wichtigen dynamischen, flexiblen und individuellen Cloud-Umgebungen, beispielsweise auch bei Serverless Computing, schlagen in die gleiche Kerbe.

Flexible Abrechnung nach Bedarf. Ein Abo für eine Tageszeitung ist rein von den Kosten her ziemlich starr. Unterbrechungen für einen Urlaub zum Beispiel sind selten möglich, denn im Großen und Ganzen handelt es sich um einen fixen monatlichen Betrag. Auch bei Netflix oder Spotify sind die monatlichen Gebühren immer gleich, egal wie oft man den Dienst benutzt. Die modernen Invisible Payments bieten hier wesentlich mehr Flexibilität. Cloud-Provider, die ihre Dienste als Server anbieten, erlauben die Zuteilung von Ressourcen und Nutzungszeiten dynamisch. Das bedeutet, der Preis richtet sich nach dem tatsächlichen Ressourcenverbrauch einer Anwendung und eben nicht nach vorausbezahlten Kapazitätseinheiten.

IoT Payment. Das Internet of Things (IoT) ist ein großer Bereich, in dem sich viele Services tummeln. Ein beliebtes Beispiel ist der Kühlschrank, der selbst nachbestellen kann. Auch hier machen sich Invisible Payments gut, denn was hilft eine automatische Nachbestellung, wenn diese drei Tage auf das OK des Nutzers warten muss. Damit die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen, könnten Nutzer einen gewissen finanziellen Rahmen definieren, beispielsweise 200 Euro für die selbstständige Nachbestellung von Lebensmitteln. Ein ähnliches Beispiel bei vernetzten Autos: Statt vor dem Grenzübergang noch eine Tankstelle zu suchen, die Mautplaketten verkauft, lässt man diese Transaktion vom Auto tätigen. Ebenso würden sich Tank- und Ladefüllungen oder Parkgebühren praktisch im Vorbeifahren bezahlen lassen. Überhaupt sind die neuen Spielarten der Mobilität schöne Beispiele für Invisible-Payment-Bezahlmodelle. Mietet man sich beispielsweise einen e-Roller, trackt eine App die gefahrene Strecke mit und man bezahlt diese automatisch beim Abstellen des Fahrzeugs komplett nutzungsabhängig.

KI entscheidet über Ausgaben. In Zukunft könnte zum Beispiel eine KI nicht nur die Bezahlung übernehmen, sie könnte auch entscheiden was, wann und wieviel gekauft wird. Wenn eine Familie heute bei einem Lieferdienst Lebensmittel bestellt, muss man sich bisher immer noch selbst an die App setzen, die Bestellung fertig machen und einen Lieferzeitpunkt auswählen. Eine KI könnte all das übernehmen. Auf Zuruf sammelt man Einkaufswünsche, außerdem kennt die KI über vernetzte Haushaltsgeräte den Verbrauch der Grundnahrungsmittel sowie den Terminplan der Familie: Es wäre also ein Leichtes, diese Informationen für automatisierte Bestellungen zu bündeln und dabei natürlich die Waren auch gleich zu bezahlen. 


Ralf Ohlhausen,
Executive Advisor, PPRO

 

Illustration: © Ket4up, Boguslaw Mazur /shutterstock.com

 

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