In der modernen Arbeitswelt gewinnen Zeitwertkonten zunehmend an Bedeutung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die steuerlichen Vorgaben genau beachten. Sonst droht der Verlust attraktiver Steuervorteile.
Was in vielen Großunternehmen bereits selbstverständlich ist, hält vermehrt Einzug in den breiten Mittelstand: Zeitwertkonten sind ein beliebtes Mittel, um die Lebensarbeitszeit flexibel zu gestalten. So punkten Unternehmen im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte und steigern die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter. Zeitwertkonten – auch Langzeitkonten genannt – ermöglichen Mitarbeitern längere Auszeiten vom Job, etwa für Familienaufgaben, Fortbildungen oder den vorzeitigen Ruhestand. Doch bei Zeitwertkonten stecken die Tücken im Detail, betont die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Unternehmer sollten die Vereinbarungen so gestalten und durchführen, dass sie keine Angriffspunkte für die Finanzbehörden bieten.
Zeitwertkonten für die Chefetage rechtlich bedenklich
Firmen können Langzeitkonten grundsätzlich mit allen Arbeitnehmern vereinbaren. Dies gilt gleichermaßen für Berufsanfänger wie Stammkräfte, egal ob in Vollzeit oder Teilzeit. Jedoch sind Zeitwertkonten für die Chefetage wie etwa GmbH-Geschäftsführer und Vorstände von Aktiengesellschaften rechtlich bedenklich. Laut aktuellem Urteil des Bundesfinanzhofs sind Langzeitkonten mit deren Aufgabenbereich nicht vereinbar (BFH, Az. I R 26/15). Die Finanzrichter werten in solchen Fällen Einzahlungen auf Zeitwertkonten als verdeckte Gewinnausschüttung oder als lohnsteuerpflichtig. »Noch ist unklar, ob es Ausnahmen gibt und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen«, sagt Dr. Stephanie Thomas, Rechtsanwältin und Steuerberaterin der WWS. »Für ihre Altersvorsorge sollten Führungskräfte mit Organstellung sicherheitshalber alternative Modelle in Betracht ziehen.«
Zeitwertkonten ermöglichen Arbeitnehmern spürbare finanzielle Vorteile.
Überstunden, Urlaubsgeld, Provisionen oder Boni werden Mitarbeitern nicht ausgezahlt, sondern als Gutschrift auf dem Langzeitkonto steuer- und sozialabgabenfrei angespart. Die Abgaben werden erst bei Auszahlung in der Freistellungszeit wie etwa ein Sabbatical oder die Zeit zwischen der Beendigung der Arbeitstätigkeit und dem Beginn der Rentenzahlungen fällig. So wird das Entgelt über einen längeren Zeitraum gestreckt und der Lohnsteuersatz sinkt. Zudem fällt für Zinsen auf dem Langzeitkonto keine Abgeltungssteuer an. Erst in der Auszahlungsphase müssen Unternehmen Lohnsteuer abführen. Voraussetzung für die Vorteile ist jedoch, dass das Zeitwertkonto strenge Vorgaben erfüllt. Zeitguthaben sind in Geldbeträge umzurechnen und Wertguthaben in Euro auszuweisen. Firmen müssen garantieren, dass sie Mitarbeitern mindestens den angesparten Geldbetrag ausbezahlen. Grundlage ist stets eine individuelle schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die bei Bedarf beim Finanzamt vorgelegt werden kann.
Tipps
Besondere Vorsicht ist bei Höhe und Gesamtumfang der Einzahlung geboten. Wertguthaben müssen in der Freistellungszeit vollständig aufgebraucht werden können. Darüber liegende Beträge sind bereits in der Ansparphase steuer- und sozialabgabenpflichtig. »Je nach Ausgestaltung sollten Firmen Zahlungen auf Zeitwertkonten jährlich überprüfen«, rät WWS-Beraterin Dr. Thomas. »Bei unangemessen hohen Wertguthaben drohen saftige Nachzahlungen«.
Kaum einem Unternehmen bleibt das Thema auf Dauer erspart. Wechseln Arbeitnehmer die Firma, können sie beim neuen Arbeitgeber eine Übernahme des bestehenden Langzeitkontos beantragen. Zwar muss der neue Arbeitgeber nicht zustimmen, doch sollten Firmen eine Übertragung nicht vorschnell ablehnen. Immerhin könnte man einen Wunschkandidaten mit einem kategorischen »Nein« abschrecken. »Unternehmen sollten das Thema Zeitwertkonten nicht per se ausblenden«, rät WWS-Expertin Dr. Thomas. »Es empfiehlt sich eine eingehende Prüfung, um Chancen und Risiken auszuloten.«
Fazit: Zeitwertkonten sind ein wirkungsvolles Instrument für die Mitarbeitergewinnung und -bindung.
Unternehmen sollten vor der Einführung fachlichen Rat einholen und dafür Sorge tragen, dass die Vereinbarungen Arbeitnehmern ein Maximum an Flexibilität und Steuervorteilen gewährleisten.
Quelle: WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH, www.wws-gruppe.de
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