Richtlinien für den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Personalarbeit

Illustration: Geralt Absmeier

  • Ethikbeirat HR-Tech legt Entwurf für praxisorientierte Richtlinien zur Anwendung von künstlicher Intelligenz im modernen HR-Management vor.
  • Auftakt zu breitem öffentlichen Konsultationsprozess.

 

Der Ethikbeirat HR-Tech, ein mit namhaften Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Gewerkschaft, Start-ups und etablierten Unternehmen besetztes Gremium, hat heute Richtlinien für den verantwortungsvollen praxisorientierten Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im HR-Management vorgelegt. Gleichzeitig wurde mit der Veröffentlichung eine umfassende Konsultationsphase gestartet, die alle Interessierten dazu einlädt, die Richtlinien zu kommentieren und durch fundierte Anregungen weiter zu entwickeln.

Die vom Ethikbereit HR-Tech entwickelten Richtlinien sollen Anwendern und Anbietern helfen, die Chancen digitaler Lösungen für Mitarbeiter und das Personalmanagement zu erkennen, zu nutzen und dabei verantwortungsvoll vorzugehen. Nach Abschluss der Konsultationsphase werden die gegebenenfalls überarbeiteten Richtlinien verabschiedet und kommuniziert. Sie sollen in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstand gestellt und veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden.

Die Richtlinien wurden auf Basis von mehreren Technologiefeldern (u.a. Blockchain, Big Data), zusammengefasst unter dem Begriff KI-Lösungen, entwickelt: Dabei wurden aktuelle und absehbare Anwendungsfelder entlang des sogenannten Employee Life Cycle betrachtet, anhand dessen die von Mitarbeitenden zu durchlaufenden Phasen beschrieben werden – vom Recruiting bis zum Verlassen des Unternehmens. Im Weiteren werden die Richtlinien als Grundlage für ein Befähigungsprogramm in der Personalmanagementpraxis dienen. Es sollen auch Prüfkriterien für die Auswahl von KI-Lösungen im HR Management erarbeitet werden.

»Künstliche Intelligenz als Technologie ist eine große Chance für die Personalarbeit. Die vom Ethikbeirat HR-Tech vorgelegten Richtlinien sind praktische Handlungsempfehlungen für eine moderne HR. Wir wollen die Herausforderungen diskutieren und Lösungsansätze aufzeigen«, erklärt Dr. Elke Eller, Personalvorständin der TUI AG und Mit-Initiatorin des Ethikbeirat HR-Tech.

Speziell mit Blick auf den vom Ethikbeirat HR-Tech vertretenen partizipativen Ansatz in der Weiterentwicklung der Richtlinien betont Michael H. Kramarsch, Managing Partner der hkp/// group und Mit-Initiator des Expertengremiums: »Die Nutzung moderner Technologien braucht ethische Leitplanken. Eine KI Röntgenbilder analysieren zu lassen, ist etwas anderes, als eine Potenzialaussage über einen Mitarbeiter zu fällen. Wir sind der festen Überzeugung, dass solche Richtlinien nur Relevanz haben, wenn sie auf einem breiten Diskurs basieren. Deshalb laden wir explizit alle Interessierten zur Mitarbeit ein. Wir freuen uns auf einen regen und breiten Austausch«, so der HR-Management-Experte.

 

Die Richtlinien im Überblick

Die vom Ethikbeirat HR-Tech zur Konsultation vorgelegten insgesamt zehn Richtlinien wurden in intensiver Gremienarbeit unter Berücksichtigung der verschiedensten Perspektiven und Kompetenzen der Beiratsmitglieder entwickelt. Sie decken die wesentlichen Themenfelder des Einsatzes moderner Technologien in der Personalarbeit ab. Dazu zählen:

 

  1. Transparenter Zielsetzungsprozess: Vor der Einführung einer KI-Lösung muss die Zielsetzung für die Nutzung geklärt werden. In diesem Prozess sollen alle relevanten Interessensgruppen identifiziert und eingebunden werden.
  2. Fundierte Lösungen: Wer KI-Lösungen anbietet oder nutzt, muss darauf achten, dass diese empirisch evaluiert sind und über eine theoretische Grundlage verfügen.
  3. Menschen entscheiden: Wer KI-Lösungen einsetzt, muss sicherstellen, dass die Handlungsträgerschaft der Menschen bei wichtigen Personalentscheidungen nicht eingeschränkt wird.
  4. Notwendiger Sachverstand: Wer KI-Lösungen in seiner Organisation nutzt, muss diese in ihrer Logik verstehen und erklären können.
  5. Haftung und Verantwortung: Organisationen, die KI-Lösungen nutzen, sind für die Ergebnisse ihrer Nutzung verantwortlich.
  6. Zweckbindung und Datenminimierung: Wer personenbezogene Daten für KI-Lösungen nutzt, muss im Vorfeld definieren, für welche Zwecke diese verwendet werden und sicherstellen, dass diese Daten nur zweckdienlich erhoben, gespeichert und genutzt werden.
  7. Informationspflicht: Vor bzw. beim Einsatz einer KI-Lösung müssen die davon betroffenen Menschen über ihren Einsatz, ihren Zweck, ihre Logik und die erhobenen und verwendeten Datenarten informiert werden.
  8. Achten der Subjektqualität: Für die Nutzung in KI-Lösungen dürfen keine Daten erhoben und verwendet werden, welche der willentlichen Steuerung der Betroffenen grundsätzlich entzogen sind.
  9. Datenqualität und Diskriminierung: Wer KI-Lösungen entwickelt oder nutzt, muss sicherstellen, dass die zugrundeliegenden Daten über eine hohe Qualität verfügen und systembedingte Diskriminierungen ausgeschlossen werden.
  10. Stetige Überprüfung: Wer KI-Lösungen nach den vorliegenden Richtlinien einführt, soll transparent sicherstellen, dass die Richtlinien auch bei der betrieblichen Umsetzung und der Weiterentwicklung beachtet werden.

 

Einladung zum Konsultationsprozess

Die Richtlinien des Ethikbeirat HR-Tech mit den ergänzenden Erläuterungen können über die Website des Ethikbeirats HR-Tech: https://www.ethikbeirat-hrtech.de/  eingesehen und heruntergeladen werden.

Sie stehen ab sofort im Rahmen eines Konsultationsprozesses zur Kommentierung zur Verfügung. Unter der E-Mailadresse feedback@ethikbeirat-hrtech.de haben Interessierte die Möglichkeit, bis Ende September ihre Stellungnahme direkt an den Beirat zu richten. Darüber hinaus wird ein breiter öffentlicher Diskurs angestoßen – im persönlichen Dialog, auf Veranstaltungen, in der Presse, in Blogbeiträgen und Kommentaren sowie auf Social Media unter dem Hashtag #EthikbeiratHRTech.

 

Ausblick: Von den Richtlinien zur Befähigung

Im Anschluss an den Konsultationsprozess werden die Anregungen, Wünsche und Kritiken aus dem öffentlichen Dialog durch die Mitglieder des Ethikbeirats HR-Tech in die Richtlinien eingearbeitet. Die Veröffentlichung der final verabschiedeten Richtlinien zur Anwendung von künstlicher Intelligenz im modernen HR-Management ist für Ende des Jahres 2019 geplant.

Neben der Aufklärungsrolle sowie der Erarbeitung handlungsleitender Prinzipien für den Einsatz von KI-Lösungen für Entscheider und Experten im Personalwesen sieht sich der Ethikbeirat HR-Tech als standardsetzendes Gremium in der Befähigung von Praktikern. »Anders als vergleichbare Initiativen hat sich der Ethikbeirat HR-Tech die Aufgabe gestellt, nicht nur Richtlinien zur erarbeiten, sondern auch Experten und Führungskräfte im Personalmanagement zu befähigen, diesen handlungsleitenden Wertekompass in der Praxis anzuwenden und selbst für andere Anwender moderner Technologien im Unternehmen zum Vorbild zu werden«, erklärt Frank Kohl-Boas, Geschäftsführer Personal & Recht der ZEIT-Verlagsgruppe. »Ein entsprechendes Konzept mit konkreten Maßnahmen wird der Ethikbeirat HR-Tech Ende des Jahres vorliegen«, so der erfahrene HR-Manager.

 

Über den Ethikbeirat HR-Tech

Der Ethikbeirat HR Tech wurde im Januar 2019 gegründet. Er ist eine Initiative des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) sowie der Unternehmensberatung hkp/// group. Das interdisziplinär besetzte Gremium sieht sich als Impulsgeber zur Förderung des Einsatzes von digitalen Lösungen in der Personalarbeit. Gleichzeitig gilt es, etablierte ethische Spielregeln in der Personalarbeit anzupassen und zu ergänzen, um eine gesellschaftlich akzeptierte Nutzung von künstlicher Intelligenz und neuen Technologien in der Personalarbeit zu ermöglichen. Ziel ist die Aufklärung sowie die Erarbeitung handlungsleitender Prinzipien für den Einsatz und die Nutzung von Technologie für Entscheider und Experten im Personalwesen.

 

Zu den Mitgliedern des Ethikbeirats HR Tech zählen (in alphabetischer Reihenfolge):
  1. Thomas Belker, Vorstandssprecher der HDI Service AG und Vizepräsident des Bundesverbandes der Personalmanager
  2. Andreas Dittes, CEO der Talentwunder GmbH
  3. Dr. Elke Eller, Personalvorständin der TUI AG und bis Juni 2019 Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager BPM
  4. Gerhard Fehr, CEO der Fehr Advice & Partners AG
  5. Prof. Dr. Björn Gaul, Partner bei CMS Hasche Sigle
  6. Prof. Dr. Christine Harbring, Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Organisation an der RWTH Aachen
  7. Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes
  8. Prof. Dr. Bernd Irlenbusch, Professor für Corporate Development und Business Ethics an der Universität zu Köln
  9. Anna Kaiser, CEO der Tandemploy GmbH
  10. Prof. Dr. Martin Kersting, Professor für Psychologische Diagnostik an der Universität Gießen
  11. Frank Kohl-Boas, Chief Human Resources Officer der Zeit-Verlagsgruppe
  12. Michael H. Kramarsch, Managing Partner der hkp/// group und HR Startup Investor
  13. Torsten Schneider, Direktor HR Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Präsidiumsbeisitzer des Bundesverbandes der Personalmanager BPM
  14. Prof. Dr. Katharina Simbeck, Professorin für Wirtschaftsinformation an der HTW Berlin und Leiterin des durch die Hans Böckler Stiftung geförderten Projekts »Diskriminiert durch Künstliche Intelligenz«
  15. Reiner Straub, Herausgeber Personalmagazin, Haufe Group
  16. Oliver Suchy, Mitglied des DGB-Bundesvorstands
  17. Brigitte Zypries, Bundesverband Deutsche Startups

 

Weitere Informationen zum Ethikbeirat HR-Tech können über die Webseite www.ethikbeirat-hrtech.de abgerufen werden.
Für Fragen zum Ethikbeirat beziehungsweise deren Mitglieder wenden Sie sich bitte an unten genannte Kontakte oder nutzen Sie die Kontaktadressen der Mitglieder auf der Webseite.
Dr. Katharina Schiederig
Leiterin der Bundesgeschäftsstelle
Bundesverband der Personalmanager e.V.
Tel +49 (0) 30/84 85 93 00
katharina.schiederig@bpm.de
www.bpm.de

 

1042 Artikel zu „KI Personal“

New Work, Coworking, Teamcoaching, BGM & Co.: Das sind die Personaltrends der Arbeit 4.0

Neue Formen der Arbeit organisieren die Funktionsweise von Unternehmen neu. Arbeitnehmer verstehen »Arbeit« heute anders als vor ein, zwei Generationen. Das bedeutet neue Anforderungen an die Arbeitsorganisation, an Recruiting-Prozesse und an Führung. Der KVD stellt unterschiedliche Lösungen und Ansätze mit Blick auf Arbeit 4.0 vor – ein weites Feld mit vielen spannenden Ideen.   Neue…

Personalstrategie und Prozessintegration als Eckpfeiler der Digitalisierung: 5 Phasen der Transformation

Die digitale Transformation steht aus gutem Grund ganz oben auf der Agenda vieler Unternehmen. Die Welt verändert sich und sie verändert sich schnell. Laut der Boston Consulting Group ist die durchschnittliche Lebensdauer eines Großunternehmens in den letzten 50 Jahren um 75 Prozent gesunken – von 60 Jahren auf nur noch 15 Jahre. Globalisierung, der rasche…

Mitarbeiter wichtigstes Asset in der Personalbilanz

Jedes Unternehmen träumt davon, das Potenzial seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal auszuschöpfen. Für die allermeisten bleibt es aber bei dem Traum. Denn vielen Führungskräften bleibt angesichts der Vielzahl an operativen Aufgaben im Tagesgeschäft nur wenig bis gar keine Zeit, sich mit den grundlegenden Voraussetzungen für die Verwirklichung dieses Traums auseinanderzusetzen. Dazu müssten Sie wissen, wie…

Prozessautomatisierung schafft in der Personalabteilung mehr Zeit für Kernaufgaben

Recruiting-Strategie entwerfen statt Papierakten wälzen: Was im HR-Bereich zu kurz kommt. Neue Technologien mit künstlicher Intelligenz (KI) sind in aller Munde – auch im HR-Bereich. Es wird etwa diskutiert, wie intelligente Tools beim Recruiting helfen können. In der Praxis sind allerdings die meisten Personalabteilungen längst nicht so weit. Ein Großteil der Zeit fließt immer noch…

Online-Banking: Die Bank muss heute digital sein

Für Banken wird es immer wichtiger, dass sie digitale Angebote wie Online-Banking bieten. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) achtet ein großer Teil der Kunden inzwischen auf entsprechende Service-Angebote. Die persönliche Beratung verliert dagegen weiter an Bedeutung. Im letzten Jahr hatten noch 73 Prozent der Befragten angegeben, dass ihnen…

Durch KI entstehen viele neue Jobprofile

CIOs erwarten positiven Einfluss durch künstliche Intelligenz. Die aktuelle Arbeitsmarktstudie des Personaldienstleisters Robert Half zeigt: Künstliche Intelligenz (KI) wird immer mehr zur Top-Priorität. Fast die Hälfte der deutschen CIOs (45 %) möchte in den nächsten beiden Jahren in Projekte zu KI investieren und damit die IT-Strategie im Unternehmen unterstützen. Der Schutz unternehmensbezogener Daten bleibt zwar…

Künstliche Intelligenz (KI) treibt die Automatisierung von SIAM voran

Neuer ISG-Anbietervergleich sagt weiteres Wachstum des deutschen Marktes voraus, zumal immer mehr mittelständische Unternehmen auf SIAM (Service Integration and Management) und ITSM (IT Service Management) setzen.   Dank Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) wie Bots und Machine Learning (ML) sowie durch die verstärkte Nutzung von Big Data und Analytics bieten SIAM-/ITSM-Anbieter ihre Lösungen immer automatisierter…

Personalvermittler oder Personalberater: Was die Mehrkosten einer Exklusivsuche wert sind

Es gehört zu den unerklärbaren Phänomenen unseres Wirtschaftslebens, dass fremde Dienstleistungen, auf die Unternehmen immer wieder einmal zurückgreifen müssen, »gut, billig und schnell« sein sollen. Dabei sagt uns der gesunde Menschenverstand, dass diese drei Kriterien nicht zusammenpassen: Ein guter und billiger Service ist nicht schnell. Ein schneller und guter Service ist nicht billig. Ein billiger…

Vorteile durch KI-gestützte Verfahren im Customer Service

  Einen wirklich kundenorientierten Service kann ein Unternehmen vor allem mit Softwarelösungen auf KI-Basis sicherstellen. Mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Bereich Customer Service zielen Unternehmen darauf ab, ein optimiertes Kundenerlebnis – kanalübergreifend und in Echtzeit – zu realisieren. KI-Technologien sind vor allem ein wichtiges Hilfsmittel, um unterschiedliche Touchpoints einfach und schnell in einem…

So verbreitet ist Online-Banking in Europa

59 Prozent der Deutschen nutzten laut Angaben von Eurostat im vergangenen Jahr Online-Banking. Damit liegt die Begeisterung der Deutschen für Bankgeschäfte im Internet zwar über dem EU-Durchschnitt, ist aber im Vergleich immer noch recht überschaubar. Spitzenreiter beim E-Banking sind die skandinavischen Länder wie beispielsweise Dänemark mit einer Nutzungsreichweite von 89 Prozent. Ähnlich populär ist Online-Banking…

Studie stellt Sinn von Arbeitgeberrankings in Frage: Wunscharbeitgeber? Unbekannt!

Die große Mehrheit der Bewerber in Deutschland hat keinen Wunscharbeitgeber. Sieben von zehn geben aktuell an, über keinen »Employer of Choice« zu verfügen. Bei den restlichen Befragten kommen selbst die meist genannten Arbeitgeber wie Google und BMW nur auf einen Gesamtanteil von knapp über 1 %. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung…