Fünf Chatbot-Mythen die einfach nicht stimmen

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Der Erfolg vieler Unternehmen ist immer häufiger an die Qualität der Kundenerfahrungen gekoppelt. Dies bestätigen auch Studien von Gartner: 80 Prozent der Marketingleiter gehen davon aus, dass der Bereich Customer Experience im Wettbewerb eine entscheidende Rolle spielen wird. Bots kommen verstärkt zum Einsatz, um den Kundenservice zu verbessern. Allerdings sind mit diesem erfolgreichen Feldzug der Technologie auch eine Reihe von Mythen entstanden.

 

Bots werden im Kundenservice immer öfter eingesetzt – und das aus gutem Grund: Sie führen Routinetätigkeiten wie die Bestellung von Produkten, das Tätigen von Zahlungen und die Überprüfung des Kontoguthabens automatisiert aus. Die Vorteile liegen auf der Hand. Laut den Analysten von Juniper Research werden Unternehmen weltweit bis 2022 dank Chatbots mehr als 8 Milliarden Dollar pro Jahr einsparen. Chatbots bringen nicht nur Unternehmen viele Vorteile, auch Verbraucher stehen ihnen immer aufgeschlossener gegenüber. Tatsächlich hat ein aktueller Bericht ergeben, dass für 45 Prozent der Kunden Chatbots das bevorzugte Kommunikationsmittel bei ihren Anfragen sind.

Bedeutet das jetzt, dass Contact Center einfach nur einen Chatbot einsetzen müssen und schon können sie Kunden außergewöhnliche Erlebnisse an jedem Touchpoint ihrer Kundenreise ermöglichen? Wohl eher nicht… solche und ähnliche Mythen führen zu einem falschen Einsatz von Bots und letztendlich auch zu schlechtem Kundenservice. Bevor Unternehmen Bots zur Transformation der Kundenerlebnisse einsetzen, müssen sie differenzieren können, was Bots können und wo ihnen Grenzen gesetzt sind.

 

Mythos #1: Ein Bot für alle Fälle

Eine der wahrscheinlich weitverbreitetsten Mythen über Bots ist, dass sie wahre Alleskönner sind. Während Bots im Allgemeinen in vielen Branchen die Effizienz steigern und eine lange Liste an Herausforderungen meistern können, kann ein einzelner Bot nicht alle Aufgaben alleine bewältigen. Der erste Schritt für Unternehmen, die Bots erfolgreich integrieren möchten, besteht somit darin, das zu lösende Problem und die gewünschten Ergebnisse deutlich zu definieren. Dabei sollten die Anwendungsfälle zielgerichtet und klar fokussiert sein.

So kann zum Beispiel ein Chatbot, Kunden bei Fragen rund um ihre Kfz-Versicherung unterstützen, wenn er für eben diesen Anwendungsfall entwickelt wurde. Was er dann aber nicht kann ist, Kunden Auskunft darüber zu erteilen, ob ihnen ein Leihwagen zusteht, wenn ihr eigener Pkw eine zeitintensive Wartung benötigt.

 

Mythos #2: Bots machen Menschen überflüssig

Ein weiterer persistenter Irrglaube ist, dass Bots Superhelden im Kundenservice sind, die die Arbeit der Agenten einfach immer und überall erledigen können. Ganz nach dem Motto: Implementiere einen Bot und Tada – ein menschlicher Agent wird nicht mehr benötigt. In der Realität sieht das jedoch anders aus: Bots ersetzen Menschen nicht, sondern erweitern ihre Handlungsmöglichkeiten. Eine aktuelle, im Auftrag von Genesys durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nur 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland befürchten, dass KI-Technologien wie Bots ihren Arbeitsplatz gefährden.

Bots sind dafür prädestiniert, einfache, repetitive Aufgaben zu übernehmen. In vielen Situationen braucht es aber Menschen – zum Bespiel aufgrund ihrer Intuition, Empathie und kreativen Problemlösungsansätze. Hiermit wäre ein Bot (noch) heillos überfordert.

Bedeutet das nun, das Unternehmen sich zwischen Bots und menschlichen Mitarbeitern entscheiden müssen? Die Antwort lautet: Nein! Denn eine echte Win-win-Situation für Unternehmen entsteht erst dann, wenn Mensch und Maschine im Einklang miteinander arbeiten. Wenn also zum Beispiel ein Kunde eine Konversation mit einer Marke führt und dabei mit beiden – Bot und Agenten – spricht, die nahtlos miteinander interagieren, bis das Anliegen gelöst ist, entfaltet sich das ganze Potenzial dieser Verbindung. Von dieser profitieren beide: der Kunde und der Mitarbeiter. Die Kunden sind zufrieden, da ihre Anfragen schnell und unproblematisch bearbeitet werden können – während Mitarbeiter von zeitintensiven und nervenaufreibenden Routineaufgaben befreit werden. Dadurch können sie sich auf komplexere und bedeutungsvollere Aufgaben konzentrieren. In vielen Fällen arbeiten Bots dabei im Hintergrund, um die Agenten unter anderem beim Auffinden bestimmter notwendiger Informationen zu unterstützen. Auf diese Weise kann Kunden der bestmögliche Service geboten werden.

 

Mythos #3: Bots sind nur zum Chatten gut

Ein dritter Irrtum zeigt sich gerne in der gängigen Meinung, dass Bots in ihrer Interaktion mit Kunden auf Text- und digitale Kanäle beschränkt sind. Mit diesem Denkansatz nutzen Unternehmen nicht das Potenzial von Bots. Führende Unternehmen bieten schon jetzt Technologien an, die es Bots erlauben, Gespräche über Sprachkanäle mithilfe eines gemeinsamen Managementsystems zu führen. Bots, die beispielsweise für das Web entwickelt worden sind, können auch für eine 0800 Nummer verwendet oder von einem Smart Speaker aus angerufen werden.

Außerdem können Bots mittlerweile mehr, als nur Dialoge zu führen – sie setzen zunehmend vorgefertigte und integrierbare Prozesse oder auch »Mikroanwendungen« ein. Diese machen dem Nutzer das Leben einfacher, indem sie eine Fülle relevanter Inhalte bereitstellen. Dabei helfen Bots nicht nur den Kunden, schneller ans Ziel zu kommen, sondern sie stellen auch sicher, dass Unternehmen von jedem einzelnen Kundenkontakt optimal profitieren.

 

Mythos #4: Ein Bot erfordert viele IT-Ressourcen

Auch das Missverständnis, dass Unternehmen für den Einsatz und eine effektive Nutzung von Bots eine große IT-Abteilung sowie etliche hochqualifizierte Data Scientists benötigen, hält sich hartnäckig, ist aber längst nicht mehr zeitgemäß. Heutzutage befindet sich die Technologie an einem Punkt, an dem Unternehmen keine eigenen Spezialisten mehr benötigen, um Chat- und Voice-Bots einzusetzen. Die Einführung eines Bots bedarf jedoch einer gründlichen Planung, Konzeption und Entwicklung, um sicherzustellen, dass er den spezifischen Anforderungen innerhalb des Unternehmens entspricht. Erfolgreiche Bot-Implementierungen erfordern darüber hinaus das Einbeziehen wichtiger Stakeholder, die an der Kundenreise beteiligt sind – sei es aus dem Contact Center, dem Vertrieb oder dem Marketing.

 

Mythos #5: Bot-Anbieter bieten oft nur Knebelverträge

Es ist einfach, in eine Vertragsfalle mit einem Anbieter für Bot-Technologien zu tappen, aus der Unternehmen nur schwer wieder herauskommen, selbst wenn die Technologie die Erwartungen nicht erfüllt. Dabei ist dieses Problem ganz leicht zu umgehen. Unternehmen können direkt einen seriösen Anbieter wählen, der Tools bereitstellt, die sich in die besten KI-Lösungen integrieren. Auf diese Weise ist es Unternehmen möglich, ohne zusätzliche Kosten zwischen Bot-Anbietern zu wechseln, was Risiken minimiert und Investitionen in die Kundenzufriedenheit schützt.

 

Bots: Mehr als nur Mythen…

»Digital zuerst« ist heute die Maxime, und Unternehmen müssen ein hervorragendes Kundenerlebnis bieten, wenn sie langfristig wettbewerbsfähig sein möchten. Die Automatisierung über Bots ist hierbei ein großer Schritt in die richtige Richtung. Um die Technologien effektiv einsetzen zu können, müssen Unternehmen jedoch hinter die gängigen Mythen sehen. Nur dann ermöglichen Bots nahtlose und vielseitige Interaktionen, die Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen begeistern.

Zukunftsorientierte Unternehmen erkennen, dass sie trotz innovativer Bots ihr Potenzial nur dann voll ausschöpfen können, wenn sie sicherstellen, dass die Technologie in ihre Contact Center und Customer-Experience-Funktionen integriert ist. Die Bot-Technologie bietet somit dann einen echten Mehrwert, wenn sie Teil einer gut durchdachten Kundenreise ist, in der Chat, Sprache und menschliche Interaktionen nahtlos verknüpft sind und genau im richtigen Moment zum Einsatz kommen.

Lewe Zipfel, Director Solutions Consulting DACH bei Genesys

 

 

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