Mehr als Codegenerierung: wie KI in den gesamten Softwarelebenszyklus integriert werden kann

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Interview mit Michel Isnard, VP Enterprise Sales, GitLab.

 

Jedes Team, das an der Entwicklung und Bereitstellung von Software beteiligt ist, steht vor der doppelten Herausforderung: Auf der einen Seite muss es schneller denn je eine sichere Software bereitstellen, die auch den Compliance-Anforderungen genügend. Auf der anderen Seite ist man gleichzeitig mit Zeit- und Ressourcenbeschränkungen konfrontiert. Wie kann hier künstliche Intelligenz (KI) helfen?

Häufig wird KI in der Softwareentwicklung lediglich auf ein Tool fokussiert, das eine schnellere Codegenerierung ermöglicht. Es bleibt aber ein Großteil des Potenzials von KI ungenutzt, wenn man sich ausschließlich darauf konzentriert, den Code automatisch zu generieren. Unsere jüngsten Untersuchungen haben ergeben, dass Entwickler nur 25 % ihrer gesamten Arbeitszeit mit dem Schreiben von Code verbringen. Die verbleibende Zeit nutzen sie, um den Code anzupassen, zu verstehen, zu testen und zu warten sowie Sicherheitsschwachstellen zu identifizieren und zu beseitigen. Wenn Unternehmen sich beim Einsatz von KI auf die Codegenerierung beschränken, verpassen sie möglicherweise einige der größten Chancen, die sich durch KI in der Softwareentwicklung ergeben.

 

Von welchen Chancen sprechen Sie konkret?

Generell sollten DevSecOps-Teams KI in den gesamten Lebenszyklus der Softwareentwicklung einbeziehen. Sie sollten damit in den frühesten Phasen starten, noch bevor sie mit dem Programmieren beginnen. Mithilfe von KI in Verbindung mit einem einheitlichen Datenspeicher können Teams alle im Rahmen des Softwareentwicklungszyklus erstellten Daten auswerten. Konkret können sie damit ihre durchgängigen Arbeitsabläufe visualisieren, ineffiziente Bereiche identifizieren und diese Arbeitsabläufe optimieren, um schnell und effizient ihre Arbeit zu erledigen.

 

Was kann die KI in dieser Planungsphase und der prädiktiven Analytik noch leisten?

Sie kann zum Beispiel auch die Teamzusammenarbeit, insbesondere bei Planung und Ausführung, verbessern. Sie automatisiert Projektmanagementprozesse, fasst Diskussionen über Deliverables zusammen und erstellt, organisiert und kennzeichnet Issues und Merge Requests automatisch.

Teams können KI auch nutzen, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern, indem sie Benutzerkennzahlen, Feedback und Nutzungstrends auswerten und Empfehlungen für Verbesserungen aussprechen. Sobald diese Informationen vorliegen, können die Teams die Ergebnisse mithilfe von KI validieren, ohne die Daten analysieren und die Engpässe selbst aufdecken zu müssen.

 

Sehen wir uns den Bereich Code-Reviews und Qualitätssicherung an. Entwickler stehen unter dem immensen Druck, ihren Code so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen und gleichzeitig sicherzustellen, dass er qualitativ hochwertig und sicher ist. Welche Rolle kann hier die KI spielen?

Entwicklungsteams können mit ihr Datenmuster analysieren und potenzielle Probleme im Code erkennen, was zu schnelleren Tests, weniger Fehlern und qualitativ hochwertigerer Software führt. Durch die Automatisierung im Vorfeld können intelligente Algorithmen Bugs und Fehler erkennen, die Menschen möglicherweise übersehen.

Auch wichtig für ein hochwertiges Deployment: Die Codeüberprüfung. Code-Reviews spielen eine wichtige Rolle für den Wissensaustausch zwischen Entwicklern und für die Aufrechterhaltung einer hohen Softwarequalität. Oft genug ist es jedoch schwierig und zeitaufwändig, den Reviewer zu finden, der über die nötige Erfahrung und das nötige Kontextwissen verfügt. Die KI hilft, die relevantesten Code-Reviewer mit dem notwendigen Kontextwissen auszuwählen, um den ausgewählten Code effektiv zu prüfen. Unternehmen vermeiden so einige Engpässe, die bei der Arbeit in großen Teams entstehen. Und: Die Softwarebereitstellung wird beschleunigt.

 

Sicherheitsexperten stehen unter ähnlichem Druck wie ihre Kollegen aus der Entwicklung. Trotz begrenzter Budgets müssen die Teams die Sicherheit ihres Unternehmens angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Cyberkriminelle aufrechterhalten. Wer jetzt KI strategisch in Sicherheitsprozesse implementiert, sorgt dafür, dass sich Security-Teams auf proaktive Arbeit konzentrieren können. Wie kann das konkret gelingen?

Die KI kann beispielsweise dabei helfen, potenzielle Sicherheitsbedrohungen durch die Analyse von Mustern und Nutzerverhalten zu erkennen und zu entschärfen sowie Sicherheitstests und -analysen zu automatisieren. Schwachstellen werden schneller erkannt und gefixt, ohne dass dies zu Lasten der Genauigkeit geht.

Sicherheit ist heute mehr denn je eine gemeinsame Aufgabe von Sicherheitsexperten und Entwicklern. KI kann den Sicherheitsteams einen Teil der Arbeit abnehmen und die Entwickler in die Lage versetzen, Schwachstellen selbstständig zu erkennen und zu beheben, was eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Teams ermöglicht.

Niemand sollte vergessen, dass es sich bei KI nicht um eine Technologie handelt, die für alle passt. Jedes Unternehmen muss sorgfältig abwägen, welche Bereiche seiner Softwareentwicklungsprozesse es automatisieren will. Es gilt, beim Roll-Out der KI weder Schwachstellen zu schaffen noch die Einhaltung von Compliance-Standards zu riskieren oder die Beziehungen zu Kunden, Partnern, Investoren und anderen Interessengruppen zu gefährden. Deswegen sollte man klein anfangen und die Bereiche mit dem geringsten Risiko identifizieren, um nach und nach die KI-Nutzung strategisch auszuweiten.

KI kann eine enorm transformative Technologie sein, wenn sie mit Bedacht eingesetzt wird. Anstatt sie auf die Codegenerierung zu beschränken, können Unternehmen sie in ihre Arbeitsabläufe einbinden, um die Effizienz und Sicherheit zu verbessern und gleichzeitig Innovationen voranzutreiben.

Michel Isnard, VP Enterprise Sales, GitLab

 

 

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