Übernehmen die Maschinen? Es herrscht große Unsicherheit darüber, wie der Einsatz künstlicher Intelligenz, maschinellen Lernens und Automatisierung unseren Arbeitsalltag beeinflussen wird. Lernexperte Skillsoft sprach mit Datenwissenschaftlern und entmystifiziert den KI-Hype. Was verstehen Experten unter den Begrifflichkeiten, welche Entwicklungen haben den großen Aufschwung rund um den Einsatz von KI und Co bewirkt und warum bleiben gut geschulte Mitarbeiter auch in Zeiten künstlicher Intelligenz der wesentliche Erfolgsfaktor.
Noch bevor der Begriff künstliche Intelligenz 1956 von dem Informatiker John McCarthy geprägt wurde, waren die Menschen fasziniert von der Idee »denkender Maschinen« und »elektronischer Gehirne«. Intelligente Roboter, sowohl gute als auch böse, sind mittlerweile ein fester Bestandteil der Science-Fiction-Kultur. KI selber stellt eine geradezu unerschöpfliche Quelle für Legenden und Mythen dar.
»Das mythologische Dickicht, das sich um die KI gebildet hat, ist für Anwender in der Realität eher verwirrend«, erklärt Josh Patterson, ein erfahrener Berater für Datenforschung, Big Data Applikationen und angewandtes maschinelles Lernen. »KI ist nicht lebendig und hat auch kein eigenes Bewusstsein. Heutzutage verstehen wir unter KI hauptsächlich angewandtes maschinelles Lernen. Wer maschinelles Lernen als ›allgemeine Künstliche Intelligenz‹ übervermarktet, erweist der Informatik einen schlechten Dienst. Heutiges maschinelles Lernen entspricht in keinster Weise dem ephemerischen Bild eines allwissenden, eigenständig denkenden Systems.«
Wenn KI nicht das ist, für das es jedermann zu halten scheint, wieso dann dieser Hype? Wie kam es zu der plötzlichen Popularität?
»Die letzten Jahre waren geprägt durch eine außerordentliche Zunahme der Rechnerleistung, verbunden mit sinkenden Kosten und der Möglichkeit, große Datenmengen zu verarbeiten. Darauf basierend vollzog die Datenwissenschaft in der KI-Forschung einen Paradigmenwechsel, der das einst logikbasierte Anwendungsfeld durch die Simulation von Lernen mithilfe statistischer Modelle ersetzte – wir nennen das maschinelles Lernen«, erläutert Daryl Kang, Data Scientist bei Forbes und Absolvent des Data Science Institute der Columbia Universität.
»Für mich ist KI ein griffiger Terminus und eventuell als Untergebiet von maschinellem Lernen anzusehen. Beide Termini und die durch sie repräsentierten Prozesse existieren schon sehr lange«, ergänzt Ellen Friedman, Principal Technologist bei MapR.
Die Technologin erläutert, welche Entwicklungen in letzter Zeit zum Aufschwung rund um das Thema KI beziehungsweise maschinelles Lernen geführt haben:
- Ein wesentlich größerer Umfang und eine breitere Vielfalt an Daten zur Generierung von maschinellen Entscheidungen
- Bessere, praxisgerechtere Technologie und Architekturen zur Erzeugung von Daten und Modellen
- Bessere Algorithmen sowie, in einigen Fällen, vorintegrierte, an Kundenbedürfnisse anpassbare Modelle, die erheblich bessere Ergebnisse erzielen – vor allem bei klassisch schwierigen Problemen wie dem maschinellem Sehen, Spracherkennung und Übersetzungen
- Eine wesentlich breitere Akzeptanz bezüglich Mehrwert und Umsetzbarkeit von KI und maschinellem Lernen
Die Kombination dieser Entwicklungen hat letztendlich zu einer Demokratisierung von KI geführt, sodass Anwendungen auf Basis maschinellen Lernens beziehungsweise KI häufiger eingesetzt werden als jemals zuvor.
Beispiele für KI Anwendungen
Der Einsatz von KI ist längst keine Zukunftsmusik mehr. In Bereichen wie Gesundheitswesen, Bildung, Transportwesen, Öffentliche Sicherheit, Retail, Marketing, Telekommunikation, Entertainment, Fertigung, Konstruktion, Energie, Arzneimittel, Supply Chain Management und vorbeugender Wartung (Predictive Maintenance) wird KI bereits mit Erfolg eingesetzt.
Die Fähigkeit von KI verborgene Muster in großen Datenmengen zu erkennen, macht sie für unterschiedlichste Einsatzgebiete – von der wissenschaftlichen Forschung bis zum angewandten Marketing – interessant. Forscher versprechen sich von KI eine neue Generation maßgeschneiderter Medikamente und medizinischer Therapien. Marketingfachleuten bietet KI ungeahnte neue Möglichkeiten im Bereich Verkauf, Cross-Selling und Up-Selling. Bei Verwendung von KI in Bezug auf Datensätze im Einzelhandel lässt sich zum Beispiel präzise ermitteln, welche Produktkombinationen Konsumenten in einem Supermarkt oder Einrichtungsgeschäft kaufen. Mithilfe KI-generierter Erkenntnisse können Händler ihre Produkte genau dann und dort anbieten, wo die Käufer sie mit der größten Wahrscheinlichkeit kaufen werden. Darüber hinaus ermöglicht KI den effektiven Einsatz von Rabattaktionen oder die Organisation spezieller Verkaufsevents – auf Basis von faktenbasierten Analysen, statt vagen Einschätzungen der Einkaufsgewohnheiten der Kunden.
Mensch und Maschine
KI hat das Potenzial, viele Aspekte unseres Lebens grundlegend zu verändern. Trotzdem sind wir auf unser menschliches Urteilsvermögen angewiesen, um aus den Einsichten, die KI offenlegt, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Anders ausgedrückt: KI ist zwar in der Lage, für das menschliche Auge nicht erkennbare Datenmuster zu finden, doch nicht jedes entdeckte Muster ist auch inhärent wertvoll.
»Die vielleicht einfachste Definition von KI ist ein maschinengestützter Entscheidungsprozess«, resümiert Ellen Friedman. »KI ist keine Magie. Sie erfordert geeignete Daten guter Qualität, ein Verständnis dieser Daten, die richtige Fragestellung oder Analysegrundlage, korrekte Algorithmen, umfassende Logistik für das Daten- und Modellmanagement sowie eine Vorstellung davon, wie sich die Ergebnisse einer KI-Anwendung praktisch umsetzen lassen.«
Eine Gegenüberstellung zeigt, was KI leisten kann und wo ihre Grenzen liegen:
- KI kann: Große Datenmengen schnell durchsuchen, um Aufzeichnungen oder Bilder zu finden, die zu vordefinierten Kriterien passen.
- KI kann nicht: Herausforderungen lösen, die sich aus einer umfangreichen Problemstellung, wie etwa autonomes Fahren und komplexe Herstellungsprozesse mithilfe von Robotik, ergeben.
- KI kann: Verborgene Muster und subtile Beziehungen in großen Datenmengen enthüllen.
- KI kann nicht: Hochqualifizierte Mitarbeiter, Teamleiter und Führungskräfte ersetzen.
- KI kann: Wissenschaftlern, Marketing und anderen Abteilungen auf Basis von Datenauswertungen eine Grundlage für Erkenntnisse und frische Ideen liefern.
- KI kann nicht: Selbst denken oder kreative Ideen entwickeln.
Diese Gegenüberstellung zeigt, dass KI beziehungsweise maschinelles Lernen einen wichtigen Beitrag zur Datenanalyse liefern, Ideenfindung anregen und Routineaufgaben beschleunigen oder automatisieren kann. Je besser ein Unternehmen seine Mitarbeiter darin ausbildet, die Möglichkeiten durch KI und Co. zu nutzen, desto mehr Gewinn kann es aus den entsprechenden Technologien ziehen. Wichtig ist jedoch, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter darüber aufklären, wie entsprechende Anwendungen ihre Arbeit vereinfachen und ihnen Türen zu neuen Arbeitswelten öffnen.
Channel 2019: Schluss mit den KI-Mythen
Daten sind ein Katalysator für Wachstum und Innovation, mit dem Potenzial, die Art und Weise, wie ein Unternehmen arbeitet und wie es seine Kunden bedient, zu verändern. Tatsächlich sind Daten so entscheidend für den Geschäftsbetrieb, dass vier von fünf Geschäftsführern in EMEA der Ansicht sind, dass ihre Arbeit ohne Daten unmöglich wäre. Dies ergab eine aktuelle Studie von MIT Tech Review Insights und Pure Storage.
Die schiere Menge der generierten Daten ist jedoch enorm, und die Geschwindigkeit, mit der sie erzeugt werden, nimmt zu. Um dies in den Kontext zu stellen, wird laut IDC allein das Datenvolumen des Internets der Dinge (IoT) im Jahr 2025 genauso groß sein wie die Menge aller im Jahr 2020 erzeugten Daten. Was also ist die Lösung, um all diese Daten verarbeiten und analysieren zu können? Hier kann die künstliche Intelligenz (KI) helfen. Die Studie ergab, dass 82 Prozent der Führungskräfte glauben, dass KI ein »Game Changer« hinsichtlich der Art und Weise sein wird, wie sie Daten betrachten und verarbeiten.
Während KI zweifellos Unternehmen helfen kann, das Beste aus den Daten herauszuholen, müssen viele Mythen über KI ausgeräumt werden. Dies ist aus Sicht von Pure Storage nun auch in 2019 eine Gelegenheit für den Channel, mit seinen Kunden zusammenzuarbeiten, um Missverständnisse und Widerstände bei der Implementierung der Technologie zu beseitigen.
Mythos 1: KI ist eine Zukunftstechnologie.
KI ist weder ein futuristisches Konzept noch ist es Stoff der Science-Fiction. KI findet im Hier und Jetzt statt. Wenn Unternehmen jedoch die Möglichkeiten der KI ergründen und zu sehr in die wissenschaftliche Terminologie eintauchen, entfernen sie sich mitunter von praxisnahen Szenarien. Um dies zu verhindern, muss der Channel in der Lage sein, die realen Anwendungsfälle zu demonstrieren, die heute bereits in Unternehmen reale Ergebnisse liefern.
Allerdings ist ein großer Teil dieser Technologie neu, und neue Technologien bedeuten neue Fähigkeiten und Terminologien, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Die Studie zeigte, dass 37 Prozent der Führungskräfte einen Mangel an Ressourcen und Fachkräften als Hindernis für die Einführung von KI-Technologien bezeichneten. Deswegen ist dies ein Thema, das in naher Zukunft bestehen bleiben dürfte.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen Channel-Reseller sicherstellen, dass ihre Teams umfassend geschult sind. Die Teams sollten über KI-Kenntnisse verfügen, damit sie Kunden beraten, schulen und ihnen helfen können, fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Ausbildung von KI-spezifischen Teams muss jetzt beginnen, um in der bestmöglichen Position zu sein, Kunden kurz- und langfristig zu bedienen. In diesen Teams muss es Berater geben, die die Vorteile dieser Technologien auf verschiedenen Ebenen kommunizieren können, sei es an die Führungsetage, den IT-Manager oder sogar an einen Informatiker.
Mythos 2: Hollywood-Wahrnehmung vs. KI-Realität
Die Wahrnehmung von KI ergibt sich oft aus der Art und Weise, wie sie durch die Medien- und Unterhaltungsindustrie präsentiert wird. Nehmen wir zum Beispiel Hollywood-Filme. Der Begriff der »Roboterrevolution« trägt dazu bei, dass Menschen in Unternehmen zweimal nachdenken, bevor sie die Möglichkeiten der KI erforschen. In Wirklichkeit wird der Begriff derzeit verwendet, um Technologien wie Automatisierung, maschinelles Lernen und Deep Learning zu erfassen. Genau diese Ansätze setzen sich heute in der Praxis durch, um zeitaufwändige Aufgaben zu eliminieren und es Unternehmen ermöglichen, große Datenmengen blitzschnell zu verarbeiten.
Zum Beispiel wird KI zur Diagnose und Analyse riesiger Datenmengen in Sekundenschnelle eingesetzt, um Krankheiten zu heilen, die bisher als unheilbar galten. Eine manuelle Datenanalyse würde hier Tage dauern und Fortschritte in der Forschung erheblich verlangsamen. Es gibt unzählige weitere Beispiele für KI-Technologien, die sich in fast allen Branchen positiv auswirken. KI unterstützt Versicherungsunternehmen bei der Analyse von Bildern von Unfallautos oder Sachschäden, um eine sofortige Schätzung für eine Schadenregulierung zu geben. Einzelhandelsunternehmen wenden KI an, um das Kundenverhalten zu erkennen und besser zu verstehen.
Channel-Partner müssen in der Lage sein, die Realität von KI, Automatisierung und maschinellem Lernen und die positiven Vorteile, die sie für die Unternehmen mit sich bringen können, zu demonstrieren. Die Einrichtung eines Demolabors für Kunden ist eine gute Möglichkeit, dies zu tun. Nur wenn Unternehmen reale Anwendungsfälle und Auswirkungen dieser Technologien zu sehen bekommen, können sie sich vom realen Potenzial selbst überzeugen.
Mythos 3: KI nimmt uns die Jobs weg.
Für viele löst das Thema KI automatisch die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust aus, nicht zuletzt durch zahlreiche Berichte und sensationelle Schlagzeilen. Ein Beispiel dafür ist eine Studie des Centre for London, die davor warnte, dass fast ein Drittel der Arbeitsplätze in London innerhalb der nächsten 20 Jahre von Maschinen ausgeführt werden könnten. Fragen und Widerstände von besorgten Arbeitnehmern zu diesem Thema könnten ein weiteres Hindernis für die Einführung von KI darstellen.
Wo es jedoch Herausforderungen gibt, gibt es auch Chancen, und das Gespräch muss von »Ersetzen« zu »Verbessern« übergehen. Es gibt ebenso viele Studien, die auf den Nutzen von KI für die Belegschaft hinweisen, wobei eine Studie von Gartner zeigt, dass KI tatsächlich sogar mehr Arbeitsplätze schaffen wird.
Geschäftsführer und Arbeitnehmer müssen sich stattdessen darauf konzentrieren, wie KI ihre Rollen erweitern und verbessern kann – und auch hier ist der Channel gefordert. Reseller können Aus- und Weiterbildungsprogramme zu diesen neuen Technologien anbieten. Dies dient nicht nur dazu, dass Unternehmen diese Technologien in vollem Umfang nutzen können, sondern auch, um alle Bedenken im Zusammenhang mit KI auszuräumen. Es sind diese Arten von Dienstleistungen, die den Reseller als echten Geschäftspartner positionieren.
KI ist nicht Lichtjahre entfernt, sie ist nach Meinung von Pure Storage bereits da und entfaltet eine positive Wirkung. Angesichts ebenso vieler Möglichkeiten wie Herausforderungen, wie bei jeder neuen Technologie, werden viele Führungskräfte auf ihre Vertriebspartner zählen, die sie durch den Technologiedschungel leiten sollen. Channel-Reseller müssen Kunden über die Vorteile von KI informieren, reale Auswirkungen demonstrieren und mit jeder Ebene eines Unternehmens kommunizieren können. Dann werden sie zu einem vertrauenswürdigen Partner, der Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation optimal unterstützt.
Güner Aksoy, Regional Sales Director Central Europe, Pure Storage
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