Optimierungspotenziale identifizieren mit Process Mining – Der Prozess-Detektiv meldet sich zum Dienst

Eine kleine Ineffizienz hier, ein unnötiger Zwischenschritt dort – was im Arbeitsalltag eines einzelnen Mitarbeiters kaum ins Gewicht fällt, summiert sich in den Gesamtabläufen schnell zu deutlichen Verzögerungen auf. Effizienzeinbußen, die sich Unternehmen im harten Wettbewerb von heute kaum leisten können. Abhilfe versprechen unter anderem modernste Process-Mining-Ansätze: Sie helfen, Ineffizienzen aufzudecken und Optimierungs­potenziale zu ermitteln – und das ohne großen manuellen Aufwand.

Wie werden die Geschäftsprozesse in der täglichen Praxis konkret bearbeitet? Nicht selten fällt Unternehmen die Antwort darauf schwer. Ein vollständiger Überblick über die eigenen Abläufe ist in der Praxis in vielen Fällen gar nicht vorhanden. Für eine Optimierung der Effizienz wäre dies jedoch eine zentrale Grundvoraussetzung. Doch um Prozesse aufwendig manuell zu dokumentieren, fehlt im Geschäftsalltag meist schlicht die Zeit.

Tatsächlich muss eine Prozessdokumentation jedoch nicht zwangsläufig mit hohem Aufwand verbunden sein. Modernste Process-Mining-Technologien etwa bieten die Möglichkeit, die realen Abläufe eines Unternehmens automatisiert zu ermitteln. Die Grundlage dafür liefern die Informationen, die ohnehin in den genutzten IT-Systemen vorhanden sind: die unzähligen Transaktionen, die jede Minute in Systemen wie dem ERP, dem DMS oder dem MES ablaufen. Jede von ihnen hinterlässt ihre Spuren, von Klicks über Buchungen bis hin zu Zeitstempeln.

Detektivarbeit automatisiert. All diese Indizien kann Process Mining dazu nutzen, die tatsächlichen Abläufe des Unternehmens zu rekonstruieren und grafisch darzustellen – ganz ohne groß angelegte manuelle Dokumentationen. Auf Basis der daraus entstehenden Prozesskarte können Unternehmen beispielsweise bestehende Flaschenhälse identifizieren oder auf Basis realer Durchlauf- oder Wartezeiten Optimierungspotenziale erschließen. Dazu gehören unter anderem organisatorische Anpassungen, die Konsolidierung von Abläufen oder die Unterstützung eines Prozessschritts per Software-lösung.

Im Rechnungseingang etwa kann die Kombination von ERP- und DMS-Daten auf diese Weise für durchgängige Transparenz vom Eingang bis zur Zahlung sorgen. Verzögerungen an Schnittstellen zwischen Abteilungen lassen sich erkennen und reduzieren. Ebenso kann die Visualisierung aufzeigen, wo möglicherweise redundante Arbeitsprozesse bestehen oder Workarounds vom Soll-Prozess abweichen. Neben Effizienzgewinnen liefern die Ergebnisse des Process Mining auch Nachvollziehbarkeit für Audits und Zertifizierungen: Prozessschritte werden im Zuge der Analyse vollständig dokumentiert und damit belegbar.

Damit eine Process-Mining-Analyse sinnvolle Ergebnisse erzielen und ein möglichst realitätsgetreues Bild der täglichen Abläufe erstellen kann, sollte sich die Datenbasis über einen repräsentativen Zeitraum erstrecken, in dem auch relevante Sonderfälle oder vergleichsweise seltene Abläufe bearbeitet wurden. Insbesondere bei sensiblen Prozessdaten müssen dabei Sicherheits- und Datenschutzvorgaben lückenlos eingehalten werden.

Auf die Menschen kommt es an. Eine Process-Mining-Analyse ist nie ein rein technisches Projekt. Ihr zentraler Erfolgsfaktor sind die Menschen hinter den Prozessen: Um Ergebnisse korrekt interpretieren zu können, ist tiefgehendes Prozesswissen erforderlich, das in der Regel in den Köpfen der Experten steckt, die die konkrete Arbeit in den Fachabteilungen wirklich kennen. Ebenso zentral ist die Unterstützung durch Mitarbeitende, die von den ermittelten Prozessoptimierungen betroffen sind. Nur wenn diese wirklich hinter den Veränderungen stehen, können sich die neuen Abläufe im Alltag etablieren.

Entscheidend ist dabei, die Gründe für die Notwendigkeit der Änderungen klar zu kommunizieren und Vorteile zu verdeutlichen – selbst, wenn sich diese erst auf späteren Stufen des Gesamtprozesses ergeben. Je nach Projektkonstellation kann es hierzu auch sinnvoll sein, ein spezialisiertes Beratungsunternehmen in den Prozess miteinzubeziehen. Nicht nur können die Experten bei der korrekten technischen und organisatorischen Umsetzung des Projekts unterstützen. Insbesondere bei der Vermittlung von Veränderungen ergibt sich darüber hinaus der Vorteil, dass neutrale, außenstehende Experten Unzulänglichkeiten oft besser ansprechen können als interne Zuständige gegenüber ihren Kollegen.

Prozessoptimierung 2.0: Unterstützung durch KI-Agenten. Um die ermittelten Optimierungspotenziale bestmöglich auszuschöpfen, ergeben sich (auch) im Zuge der anhaltenden KI-Innovationen zunehmend neue Möglichkeiten. KI-Agenten etwa stellen eine effiziente Option dar, als zeitraubend oder fehleranfällig identifizierte Prozesse künftig teil- oder gar vollautonom zu übernehmen. In der Folge lassen sich Teams mit knappen Ressourcen noch besser entlasten.

Konkret können KI-Agenten etwa überfällige Aufträge erkennen, Kommunikationsinhalte auswerten oder in Bereichen wie Einkauf oder Service unterstützen. Im Vertrieb können sie eingehende Bestellungen auswerten und automatisch in strukturierte Aufträge umwandeln, die dann unmittelbar vom ERP-System weiterverarbeitet werden können.

Beweise statt Bauchgefühl. Modernes Process Mining kann Unternehmen von der zeitraubenden »Detektivarbeit« entlasten, die eigenen Prozesse manuell nachvollziehen und dokumentieren zu müssen. Entsprechende Analysen schaffen automatisiert eine realitätsgetreue Prozess-Visualisierung, auf deren Basis sich nutzenstiftende Verbesserungen objektiv begründen lassen. Durch die Beseitigung der täglichen großen und kleinen Flaschenhälse, Doppelarbeiten und ineffektiven Workarounds können Unternehmen ihre Gesamteffizienz umfassend optimieren – und sich so im steigenden Wettbewerb bestmöglich aufstellen.

 


Pascal Dannecker,
Solution Architect
bei BE-terna

 

 

Illustration: © Makc76 | Dreamstime.com

 

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