Digitalisierungsdurchbruch in der Produktion – Lean Management für die Smart Factory

Lean Management soll die gesamte Wertschöpfungskette effizient gestalten, indem Hersteller sich auf wesentliche Kernpunkte konzentrieren. Aber Digitalisierung und Industrie 4.0 alleine machen aus einem verbesserungswürdigen Handlungsschema noch keinen effizienten Prozess.

Lean Management hat in den vergangenen Jahren wesentlich zur Optimierung der Produktion und der Unternehmensprozesse beigetragen. Der Begriff Lean Management, auch schlankes Management genannt, beinhaltet Denkprinzipien, Methoden und Verfahrensweisen zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter. Dazu zählen ganz allgemein Punkte wie: Optimierung von Geschäftsprozessen, kontinuierliche Qualitätsverbesserungsprozesse, Informations- und Feedback-Prozesse, Kundenorientierung, Eigenverantwortung und Teamarbeit, Kulturwandel im Unternehmen sowie Konzentration auf die eigenen Stärken. Hieraus leitet sich bereits der wesentliche Einfluss von ERP-Systemen auf Lean Management ab. Man kennt das ERP-System auf der IT-Ebene als Rückgrat für effiziente Abläufe in Fertigung, Logistik oder Verwaltung. Spannend ist die Fragestellung, welche Entwicklungen nun im Industrie-4.0-Zeitalter folgen.

Potenziale zur Verschlankung noch nicht ausgereizt. Die Technologiedebatte rund um Digitalisierung und Industrie 4.0 verstellt schnell den Blick auf die zentrale Erfolgskomponente sämtlicher Smart-Factory-Initiativen: die eigentlichen Arbeitsabläufe. Denn es geht nicht um Digitalisierung um ihrer selbst willen, sondern um neu zu gestaltende, effizientere Produktionsprozesse. Obwohl sich die Mehrheit der Unternehmen bereits in den 90er Jahren mit Lean-Management-Prinzipien zur Prozessoptimierung und Komplexitätsreduktion auseinandergesetzt hat, gibt es hier immer noch größere Hürden. Hindernisse auf dem Weg zu Industrie 4.0 sind laut einer BearingPoint-Studie unflexible Prozesse (26 Prozent) und hierarchische Strukturen (21 Prozent) [1]. Außerdem hat die Umfrage ergeben: Lean-Management-Prinzipien können dabei helfen, die Abläufe in allen Funktionsbereichen weiter zu verschlanken. Dadurch lässt sich auch die Einführung von Industrie 4.0 vereinfachen. Man kann sogar noch weiter gehen: Erst mit optimierten Prozessen fahren Unternehmen die maximale Digitalisierungsdividende ein. 

Lean Management und ERP sind ein erprobtes Paar. Der Badearmaturenhersteller KWC, der zur Franke-Gruppe gehört, setzt seit rund zehn Jahren auf Lean-Management-Prinzipien. Kundennutzen, Qualität und Verantwortung spielen hierbei die entscheidende Rolle. Die Lieferzeit für die Armaturen liegt bei ein bis drei Tagen. Damit dies möglich ist, werden ganze Baugruppen in Serie produziert und daraus das Fertigprodukt nach Kundenwunsch konfektioniert und montiert. Um die Qualität stabil zu halten und die Lieferzeiten zu verkürzen, wickelt ein einziger Mitarbeiter nach dem Prinzip »one piece flow« einen Auftrag komplett ab. Der Fokus liegt dabei auf einer konsequenten Prozessoptimierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. 

»Darunter verstehen wir nicht das Verbessern von administrativen Abläufen, sondern das Weglassen«, erläutert IT-Leiter Beat Roth die hier umgesetzte Lean-Philosophie. Unterstützt wird er dabei seit 2003 von der ERP-Komplettlösung proALPHA. Sie synchronisiert Arbeit, Material und Wertefluss im gesamten Workflow des Unternehmens. Das Ziel: eine möglichst hohe Lieferbereitschaft bei minimalen Lagerbeständen und das Vermeiden von Überproduktion und unnötigen Transportwegen. 

Außerdem können die Aufträge ohne Medienbruch im ERP-System verarbeitet werden. »Der Wegfall manueller Administrativarbeit gewährleistet einen schnelleren Auftragsdurchlauf bei gleichzeitig höherer Verarbeitungssicherheit«, betont Beat Roth. Heute ist KWC mit seinen rund 300 Mitarbeitern Marktführer in der Schweiz und liefert seine hochwertigen Armaturen für Küche und Bad in über 50 Länder.

Optimierte Prozesse beim Industrie-4.0-Pionier. Smart-Factory-Projekte werden oft erst durch schlanke Prozesse wirtschaftlich und profitieren deshalb vom Lean-Management-Ansatz. Umgekehrt unterstützen Industrie-4.0-Projekte oft ein bereist etabliertes Lean Management. Die neu generierten Daten liefern Erkenntnisse für die weitere Optimierung von Prozessen, wie das Beispiel der Limtronik GmbH zeigt. Das Unternehmen aus dem hessischen Limburg ist ein Industrie-4.0-Pionier. Die Experten für Electronic Manufacturing Services (EMS) und Joint Development Manufacturing (JDM) unterstützen ihre Kunden neben der Fertigung von elektronischen Baugruppen und maßgeschneiderten Systemen auch bei der Prototypenentwicklung. 

Limtronik engagiert sich zudem im Verein Smart Electronic Factory e.V. (SEF). Die dort entstehenden Konzepte und Szenarien werden im eigenen Unternehmen umgesetzt, unter anderem durch die Kombination intelligenter Technologien mit Lean-Management-Prozessen. Schaltzentrale der intelligenten Fabrik ist hierbei proALPHA ERP. Es steuert alle Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Einkauf und der Materialwirtschaft über die Produktion und den Vertrieb bis hin zum Finanz- und Rechnungswesen. 

Um Fehlerursachen automatisch zu erkennen, befasst sich Limtronik intensiv mit Data Mining. »Wir streben einen intelligenten Big-Data-Analytics-Regelkreis an, in dem Qualitäts-, Prozess- und Maschinendaten stetig analysiert werden«, erläutert Geschäftsführer Gerd Ohl. Damit soll die Qualität weiter gesteigert und die Liefertreue verbessert werden. »Längerfristiges Ziel ist eine produktionsspezifische Vorhersage von Wartungsintervallen für unsere Fertigungsanlagen, die mithilfe eines Algorithmus gesteuert wird«, betont Ohl.

Denn mit dieser Predictive Maintenance lässt sich sicherstellen, dass der laufende Produktionsvorgang möglichst wenig bis gar nicht unterbrochen werden muss. »Solche Industrie-4.0-Szenarien mit einem flexiblen ERP-System umzusetzen«, so Gerd Ohl, »macht sich schnell bezahlt.« Limtronik hat für die nächsten Jahre bereits eine Reihe weiterer Digitalisierungsprojekte definiert. »Am Ende werden in unserer Fabrik Maschinen stehen, die sich selbst steuern«, ist sich der Geschäftsführer sicher.

Fazit.Die Beispiele verdeutlichen: Lean Management und Digitalisierung bedingen sich gegenseitig. Prozesse und Technologie dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Durch Koppelung von Lean-Management-Methoden mit einer ERP-Komplettlösung lässt sich eine lukrative Digitalisierungsdividende erzielen. Höchste Zeit also, das vorhandene Lean-Management-Know-how zu aktivieren und zu erneuern. Es wird dringend gebraucht, um die nächste Effizienzstufe zu erreichen.


Michael Finkler,
Geschäftsführer
proALPHA

 

 

 

[1] https://www.bearingpoint.com/de-de/unser-erfolg/insights/lean-40-schlank-durch-digitalisierung/
[2] https://www.proalpha.com/de/referenzen/kwc-franke-water-systems-ag/

 

 

Illustration: © koya979 /shutterstock.com

 

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