Mann über Bord: Nicht der Geldsack zählt, sondern die Arbeitsplätze

Den Ruf »Mann über Bord« vernimmt man zurzeit sehr oft. Nicht als Hilferuf gedacht, sondern als Befehl an die Personalabteilung.

Illustration: Absmeier, 024-657-834

Nicht bei uns! Wir haben einen Plan, ein Rezept, wie 1000 Menschen motiviert bleiben und trotz Corona gerne in die Arbeit gehen! Es wird bei uns keine Kurzarbeit, keine Entlassungen, keine Einbußen geben. Dafür sind wir die kampfkraftstärkste Truppe überhaupt. Keiner drückt sich, jeder macht mit und ich selbst verzichte auf mein Gehalt – komplett. Bei uns gehen alle verantwortungsbewusst und vorsichtig an die Arbeit, in die Fabrik, in den Versand – so wie Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte zum Patienten: bereit, sich aufzuopfern.

1000 stolze Menschen, die nach außen tragen, wie sich ihre Firma in einer Krise der Mannschaft, den Arbeitern und Angestellten gegenüber verhält. Das wird in die Welt hinausgetragen: zum Kunden, zu den Nachbarn und Freunden. Und natürlich auch an die Presse. Alles, was wir treiben und was uns umtreibt, wird auf unserer Homepage kommuniziert. Dafür bekommen wir Applaus, dafür bekommen wir Zustimmung, dafür bekommen wir Anerkennung.

Und deshalb läuft unser Laden auch. 500 Euro hat der Nachschlag zu Ostern an alle Mitunternehmer gekostet. Davor waren es 1000 Euro – also insgesamt 1,5 Millionen Euro Corona-Erschwerniszulage. Bestens angelegtes Geld. Und viele Kolleginnen und Kollegen brauchen die Kohle jetzt wirklich. In anderen Betrieben sicher auch, dagegen melden etliche Schlaumeier-Firmen Kurzarbeit an oder entlassen Leute, um Personalkosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Dabei hocken sie auf prallgefüllten Geldsäcken. Und wer hat dieses Geld dort hineingeschaufelt? Genau die Leute, die man jetzt im Stich lässt. Leider machen sehr viele verantwortungslose Firmen genau jetzt die gleiche Schweinerei. Vergessen die Millionen und Milliarden Gewinne der letzten Jahre. Zwei Monate Gegenwind – nur zwei Monate und alle schreien nach dem Staat und »Mann über Bord« – nicht als Hilferuf, sondern als Befehl!

WIR machen das nicht!! WIR übernehmen Verantwortung für unseren Laden, für unsere Leute, für unsere Kunden, für unsere Gesellschaft und für unser Land. Wir können uns alle noch gut an die Finanzkrise 2008 und 2009 erinnern. Da haben wir die gleiche Vorgehensweise praktiziert. Andere haben Gehälter gekürzt, entlassen und Kurzarbeit betrieben, um auf dem Rücken ihrer Leute die Gewinne zu stabilisieren. Das ist Sch…! Und es ist dumm!

Wir sind damals enorm gestärkt aus dieser Krise gekommen, weil wir es genauso gemacht haben, wie wir es auch dieses Mal machen. Wir wissen, was wir tun und wir wissen, dass es nicht nur richtig, sondern auch der einzig anständige Weg ist, so mit seinen eigenen Leuten umzugehen!! Es sind nämlich genau dieselben Leute, die ihren Firmen und Unternehmen Millionen und Milliarden Euro an Gewinnen erarbeiten. Das darf man in Krisenzeiten nie vergessen! Die Menschen vergessen nämlich ihrerseits auch nicht, was die Firma in schwierigen Situationen so alles mit ihnen gemacht hat, ob sie nun in den Arsch getreten oder unterstützt wurden – unterstützt beim Kampf um das Überleben der Firma und somit ihrer eigenen Arbeitsplätze, aber natürlich auch, um die Quellen zukünftiger Gewinne der Unternehmen zu sichern. Wer das machen soll? Dreimal dürfen Sie raten.

Ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll ist, all diejenigen, die solche Aufgaben erfüllen können, nach Hause zu schicken, um durch Kurzarbeitergeld oder Entlassungen die Lohnkosten einzusparen und der Allgemeinheit aufzubürden, wage ich zu bezweifeln. Geht es doch in erster Linie darum, die positive gesellschaftliche Relevanz von Unternehmen zu erhalten und nicht nur die maximale Profitabilität. Nicht der Geldsack zählt, sondern die Arbeitsplätze, die Wertschöpfung, das Steueraufkommen und die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in unsere segensreichen Sozialversicherungssysteme. Es geht nicht um das krampfhafte Festhalten des Wenigen für Einzelne, sondern um das Erarbeiten des Möglichen für Alle. Und möglich ist viel – auch oder gerade in Krisen!

Ernst Prost, Geschäftsführer der LIQUI MOLY GmbH

 

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