Master Data Management per Open-Source-Plattform: Ein Unternehmen, eine Datenplattform

Illustration: Geralt Absmeier

 

Auf dem Weg zur Digitalisierung stehen Unternehmen auch vor der Aufgabe, ihre Stammdaten effizienter zu organisieren. Dafür braucht es ein unternehmensübergreifendes Stammdaten-System, in dem alle Daten in hoher Qualität, einschließlich ihrer Relationen untereinander, hinterlegt und abgerufen werden können. Für die technische Umsetzung bieten sich Open-Source-Plattformen als zukunftsfähige und kostengünstige Lösung an.

 

Daten werden gern als Gold oder Rohstoff des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Der Vergleich mag nicht in jeder Hinsicht zutreffen, illustriert aber recht gut zwei wesentliche Punkte: Daten sind wertvoll, müssen jedoch erst gewonnen und bearbeitet werden, bevor sie nutzbar sind. Mit dieser Arbeit der Nutzbarmachung sehen sich derzeit viele Unternehmen konfrontiert auf ihrem Weg zur Digitalisierung. Und es geht dabei eben nicht nur um Big Data, sondern auch schlicht darum, wie schnell und in welcher Qualität so grundlegende Informationen wie Kundendaten, Material- und Artikeldaten zur Verfügung stehen. Es geht also um Stammdatenpflege oder auch Master Data Management (MDM).

Kennzeichnend für Stammdaten ist, dass sie über einen längeren Zeitraum unverändert bleiben und als gültige Version oder »golden record« in mehreren Transaktionen und von mehreren Stellen genutzt werden. In Zeiten der Digitalisierung sollten die Stammdaten in den Unternehmen zwei Anforderungen genügen, sie sollten:

  1. vollständig, richtig und auf dem aktuellen Stand sein (Datenqualität) und
  2. unternehmensweit schnell verfügbar sein.

Das erfordert einiges an Arbeit. Der Aufwand relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, dass die Datennutzung in jedem Fall Arbeitszeit erfordert, die statt in die Suche doch besser in die Ordnung der Daten investiert ist. Ein Beispiel: Für einen neuen Produktflyer wird ein Foto eines bestimmten Produktes benötigt. Nach einigem Suchen und diversen Telefonaten bringt der zuständige Marketing-Mitarbeiter in Erfahrung, dass es entsprechende Aufnahmen in der Geschäftseinheit X gibt. Es handelt sich um es eine Fotoserie auf dem dortigen Laufwerk. Über 30 Aufnahmen, von denen sich einige sehr ähneln (was aber in der Bildvorschau nicht zu erkennen ist); es dauert, sich da durchzuklicken, die Kollegen in der Geschäftseinheit sind mit ihrem Tagesgeschäft ausgelastet. Schließlich erhält der Marketingverantwortliche doch einige Bilder per Mail zugeschickt, es folgt die Diskussion über Auswahl und Freigabe zur Veröffentlichung und passende Bildunterschrift – kurz, es kostet viel Zeit, immer wieder.

 

Zeit in die Ordnung investieren, nicht in die Suche

Investiert man dagegen nur einen Teil dieser Arbeitszeit einmalig in die Auswahl der zwei oder drei besten Motive, eine genaue Bildbeschreibung, Bildunterschrift und dokumentierte Bildfreigabe, so wird aus einer unübersichtlichen Fotoserie ein wertvoller Datensatz, ein digitales Asset.

Eine regelmäßige Aktualisierung vorausgesetzt ist damit auch die erste Anforderung, nämlich vollständige und richtige Daten, bereits erfüllt. Ein weiterer Bereich der Stammdaten ist geordnet.

An diesem Wendepunkt stehen derzeit viele Unternehmen: Für einige Anwendungsbereiche sind bereits Systeme zur Stammdatenpflege im Einsatz, meist in den produktionsnahen Bereichen, Beschaffung, Einkauf in Form robuster ERP-Systeme, während andere Bereiche noch nach geeigneten Softwarelösungen suchen. Das sind dann häufig Marketing oder Produktentwicklung. Auch dafür gibt es entsprechende Programme auf dem Markt wie CRM, PIM oder DAM Software.

Für jede Abteilung oder Anwendung also ein eigenes Datenbanksystem? Diese Vorstellung dürfte bei IT-Verantwortlichen einiges Unbehagen auslösen. Und ja, es ist gut, wenn der CTO oder CIO hier sein Veto einlegt und auf eine umfassendere Lösung drängt. Nicht weil die IT-Abteilung in einer derart heterogenen Landschaft am Rande der Belastungsgrenze agiert, sondern vor allem, weil dieses Aufräumen in Silos, diese rein anwendungs- oder abteilungsbezogene Speicherung, eben nicht das Problem löst. Die Stammdaten stehen nicht unternehmensweit schnell zur Verfügung.

 

Warum rein anwendungsbezogene Stammdatenpflege keine Lösung ist

Allein für den beispielhaft genannten Produktflyer würden viele weitere Daten benötigt: Produktdaten und Produktkennzahlen, Logos und Adressdaten der jeweiligen Vertriebspartner, Vergleichszahlen. Und das ist nur ein Beispiel. Ob für die Nutzung von Cross-Selling Potenzialen, die kompetente Betreuung von Social Media Kanälen, Antworten auf Kundenanfragen, Reaktion auf Krisen oder das Nutzen von Gelegenheiten, Entwicklung neuer Produktideen, Pilotprojekte – immer es geht um time-to-market oder time-to-launch. Die schnelle Verfügbarkeit korrekter Daten wird somit zum Erfolgsfaktor.

Muss sich der Nutzer aber immer erst in mehrere Datenbanken einloggen, um die Informationen häppchenweise über den Zwischenspeicher zusammenzutragen, so dauert das schlicht zu lang. Da Mitarbeiter aber durchaus auch an rationellem Arbeiten interessiert sind, finden Suchergebnisse, die voraussichtlich öfter benötigt werden, ihren Weg aus dem Zwischenspeicher in eine eigene Datenablage, abgekoppelt von der Quelle und den folgenden Aktualisierungen – um beim nächsten Mal Zeit zu sparen. Und schon sind Richtigkeit, Vollständigkeit und Konsistenz der Stammdaten wieder Geschichte.

Die Lösung kann nur ein unternehmensübergreifendes Stammdaten-System sein, in dem alle benötigten Daten in hoher Qualität und mit ihren Relationen untereinander abgebildet sind und abgerufen werden können.

 

Unternehmensweites Stammdatenmanagement erfordert eine genaue Konzeption

Solch ein Projekt ist, zugegeben, eine andere Hausnummer als eine Bilddatenbank. Es braucht dafür das Commitment der Geschäftsleitung ebenso wie das aller Beteiligten sowie mehrere Monate Zeit. Erfahrene externe Partner können gleichwohl unterstützen, sicher durch den Prozess führen und einen Teil der Arbeit übernehmen.

Die Verknüpfung der einzelnen Systeme ist wichtig, sie steht aber nicht am Anfang. Man beginnt praktisch mit einem leeren Blatt und den Fragen: Welche Herausforderungen sollen in unserem Unternehmen durch effizientere Datennutzung gelöst werden? Welche Entitäten sind daher wichtig? Wo finden wir diese Daten und wie hängen sie untereinander zusammen? Für einen besseren Überblick empfiehlt es sich, Metadaten und Quellen zu katalogisieren. Auch sind Qualität und Nutzen der einzelnen Datensammlungen zu bewerten: Einige Daten werden als unbrauchbar aussortiert, andere angereichert.

Die Analyse beschränkt sich dabei nicht auf interne oder selbst erzeugte Stammdaten, das ist ein häufiger Fehler. Vielmehr sollte man sich fragen: Welche externen Daten sind in unserer Branche relevant, welche Quellen anerkannt und wie können wir auch diese Daten einbinden? Das ist aus mehreren Gründen wichtig: für interne Auswertungen und Vergleiche, Business Intelligence, Trendbeurteilung, aber auch für die Außendarstellung. Gerade Unternehmen, die auf Kompetenzführerschaft, Positionierung in Branchenverbänden und innerhalb von Communities setzen, können Experten aus den eigenen Reihen durch schnellen Zugriff auf aktuelle Kennzahlen wirkungsvoll unterstützen.

Die Modellierung der Daten sollte erst in einem späten Stadium erfolgen, wenn alle Komponenten und Zusammenhänge erfasst sind. Schließlich sind die einzelnen Systeme durch Schnittstellen zu verbinden, so dass ein automatischer Datenabgleich möglich wird.

 

Open-Source-Plattformen verknüpfen die neueste Technik mit Unabhängigkeit und Flexibilität

So herausfordernd die konzeptionelle Vorbereitung ist, die technische Umsetzung gelingt leichter. Eine praktische und zukunftsfähige Lösung sind Open-Source-Plattformen wie Pimcore, die im Vergleich zu proprietären Systemen Vorteile bieten:

Das Unternehmen ist nicht auf Jahre an einen bestimmten Hersteller, dessen Preis- und Produktpolitik gebunden und erwirbt das vollständige Eigentum an der Software. Produktupdates des Anbieters werden empfohlen, müssen aber nicht zwingend installiert werden. In jedem Fall wird die Software von zahlreichen Anwendern unablässig weiterentwickelt, schneller, als es nur einem Anbieter allein möglich wäre. Nutzer können somit immer auf dem neuesten Stand bei Technik und Innovation sein.

Die Plattform lässt sich flexibel auf geänderte Bedingungen anpassen. In größeren Unternehmen kann das die eigene IT-Abteilung übernehmen. Unternehmen mit weniger eigenen Ressourcen können freie Software-Entwickler beauftragen, ohne dabei an zertifizierte Partner mit deren meist hohen Stundensätzen gebunden zu sein. Da die Plattform auf gängigen Frameworks basiert, geht die Einarbeitung schnell. Dazu kommt, dass gerade junge Entwickler der neuen Generation bevorzugt mit Open Source arbeiten. Das macht Unternehmen, die solche Plattformen nutzen, auch als Arbeitgeber für diese Entwicklergeneration attraktiv.

 

Geringere Kosten und höhere Sicherheit

Die Software selbst ist in der Regel kostenlos. Wird der Anbieter mit der erstmaligen Anpassung beauftragt, so fallen dafür die üblichen Kosten für die Implementierung einer Lösung an, jedoch keine wiederkehrenden Lizenzkosten – und somit auch nicht der Aufwand, der mit den Lizenzaudits verbunden ist. Die Gesamtkosten, Total Cost of Ownership, sind also niedriger.

Zu den häufigsten Fragen gehört die nach der Sicherheit. Ist ein System mit offenem Quellcode nicht anfällig für Hackerattacken? Im Gegenteil: Dadurch, dass sehr viele, an der eigenen Sicherheit interessierte Anwender, täglich damit zu tun haben, werden mögliche Sicherheitslücken viel schneller entdeckt und behoben. Schließlich kann dank der offenen Standards jedes beliebige System, ganz gleich wie wenig verbreitet oder branchenspezifisch, in der Open-Source-Plattform eingebunden werden. Interoperabilität ist somit gewährleistet.

 

Daten als Werte sehen

Soviel zur Technik. Für einen nachhaltigen Erfolg ist entscheidend, dass das neu eingeführte System auch gelebt wird. Mitarbeiter müssen sich an den strukturierten Umgang mit Stammdaten gewöhnen und lernen, wie Daten einzupflegen und zu nutzen sind. Richtlinien zu Governance, Provenance und Sauberkeit sind Voraussetzung, sollten aber nicht als starre Anweisungen wahrgenommen werden. Wichtig ist vielmehr ein neues Verständnis: Exakte Produktdaten, aktuelle und vollständige Kundendaten, aber auch Bilder und Produktvideos – all das sind Werte. Die Ordnung, der Fakt, dass Stammdaten nun unternehmensweit einfach auf Abruf zur Verfügung stehen, ist das Ergebnis gemeinsamer Anstrengung, ein wertvolles Gut, vergleichbar weniger mit einer Maschine als mit den Erfindungen und Patenten, auf die man gerade in Traditionsunternehmen stolz ist.

Dietmar Rietsch, CEO/ Mitgründer Pimcore GmbH

www.pimcore.com

 

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