Was uns ein US-Präsidentschaftskandidat über Hacker lehrt

Illustration: Absmeier, Pixabay

Im letzten Monat wurde ein nicht ganz uninteressanter Fakt publik gemacht. Beto O’Rourke, der neueste Kandidat im Wettlauf um die US-Präsidentschaft und potenzieller Gegner von Donald Trump, ist ein ehemaliges Mitglied einer der ältesten Hackergruppierungen in den USA, den – Cult of the Dead Cow. Eine Gruppierung, die insbesondere dafür bekannt war, sich gegen staatliche Überwachung und Zensur einzusetzen. Dazu deckten sie Fehler in Microsoft Windows-basierten Systemen auf und prägten so letztendlich den Begriff »Hacktivismus«. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass der nächste Präsident der Vereinigten Staaten ein ehemaliger Hacker sein könnte. Eine Tatsache, die zu einem Angelpunkt in der US-amerikanischen Geschichte werden kann, genauso wie sie einen Wendepunkt für die Betrachtungsweise der Geschichte des Hacking darstellt. Immerhin äußerte O’Rourke in einem Interview sogar selbst »die Hacker-Denkweise könnte für die Gesellschaft ausgesprochen hilfreich sein. Hacker beschreiben die Welt wie sie wirklich ist, und nicht, wie sie sein soll.«

Seit Jahrzehnten wird das Wort »Hacker« vor allem in der Popkultur mit böswilligen Absichten in Verbindung gebracht. Das kennen wir aus Hollywood-Filmen, der Science-Fiction-Literatur und den täglichen Schlagzeilen. Macht man sich allerdings die Mühe und sieht sich die ursprüngliche Begriffsbildung an, stellt man fest, dass sie keineswegs negativ war. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) prägte den Begriff »Hacking« in den fünfziger Jahren. Die Wissenschaftler des MIT bezeichneten damit ein maschinelles System für Trial-and-Error-Experimente. In der Tat hat das MIT eine lange Hacking-Tradition und akzeptiert »Hacking« als Teil seiner Kultur. Für das MIT ist das Wort ein Synonym für die »neugierige Erforschung« und »kreative Erfindungen, die Genialität und Cleverness demonstrieren«.

Die Wahrnehmung des Begriffs änderte sich erst mit den frühen Telefon-Hacks der 60er Jahre. Mit dem was wir unter modernen Hackerangriffen verstehen, beginnend in den 80er Jahren, bekam auch der Begriff »Hacking« endgültig einen schlechten Ruf.

In den frühen achtziger Jahren verwendete man Modems um in die Netze von Unternehmen und Regierungsbehörden einzubrechen. Das führte schließlich zur Verabschiedung von Anti-Hacker-Gesetzen wie dem Computer Fraud and Abuse Act von 1986 in den USA. Der bedrohte Beschuldigte und Hacker, die wegen solcher Aktivitäten verurteilt worden waren mit schwerwiegenden Folgen bis hin zu Haftstrafen. Spätestens jetzt ist der Begriff »Hacker« (unerklärlicherweise) zur Bezeichnung für Kriminelle geworden, die Computer und Technologien mit schädlichen Absichten einsetzen. Selbst die meisten Wörterbücher definieren einen »Hacker« jetzt als »eine Person, die sich mit der Verwendung von Computersystemen auskennt, häufig jemand, der sich illegal Zugang zu privaten Computersystemen verschafft«. Wir sehen uns täglich mit Sicherheitslücken, Datenschutzverletzungen und Cyberangriffen konfrontiert. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Sicht des MIT damit nicht unbedingt schneller durchsetzt. Allerdings sorgen Ethical und »White-Hat«-Hacking dafür, dass sich die negative Wahrnehmung von Hackern und die damit einhergehenden Missverständnisse langsam verändern. Das ist allerdings eine Entwicklung, die sich vornehmlich im letzten Jahrzehnt vollzogen hat.

 

Der Aufstieg des Bug Bounty

Unternehmen und Regierungsorganisationen wird zunehmend klar, dass es ohne gleichermaßen hochqualifizierte wie kreative Persönlichkeiten kaum möglich ist, sich wirksam zu schützen.

Eine Möglichkeit ist es, Hackern einen Anreiz zu schaffen, indem man ihnen Belohnungen, sogenannte »Bug Bounties«, anbietet als Gegenleistung für das Auffinden und Melden von Schwachstellen. 1983 startete der Betriebssystemanbieter, Hunter & Ready, das erste bekannte »Bug Bounty«-Programm. Auch wenn man das damals noch nicht so nannte. Als Belohnung winkte jedem, der eine Schwachstelle gefunden und gemeldet hatte, ein Volkswagen »Käfer« (»Bug«). In den 90er Jahren prägte das Unternehmen Netscape dann den Begriff »Bug Bounty«. Und war damit eines der ersten, das Geldmittel für ein Programm bereitstellte, mit dem Hacker finanziell für das Auffinden von Schwachstellen belohnt wurden. Es sollte allerdings noch einmal fast zehn Jahre dauern bis das Vergeben von Bug Bounties üblicher sein sollte. So bot beispielsweise die Mozilla Foundation Bug Bounties bis zu 500 US-Dollar für das Melden von kritischen Schwachstellen. In den folgenden Jahren schlossen sich Technologiegiganten wie Facebook, Google, Microsoft und andere dem Beispiel an. Im Jahr 2012 begannen sich kommerzielle Plattformen wie HackerOne zu entwickeln, die zwischen Unternehmen und Hackern vermitteln. Firmen haben die Möglichkeit ihre Systeme von ethischen Hackern testen zu lassen und somit sicherer zu machen. Lange Zeit war dies eine Taktik, die vornehmlich Tech-Pioniere nutzten. Hacker wiederum verbessern darüber ihre Fähigkeiten und verdienen zusätzlich ganz legal Geld. Im Dienste sicherer Technologien.

 

Hacking als Beruf

Was vor 20 oder 30 Jahren noch als Straftat galt, ist heute ein legitimer Beruf. In der Tat ist Hacking mit dem Aufkommen von Bug Bounties zu einer lukrativen Profession geworden. In den USA liegt das Einkommen eines Hackers schon über dem von Ärzten und Architekten.

Ein Arzt verdient durchschnittlich 195.000 US-Dollar, ein Architekt 115.000 US-Dollar. Inzwischen verdienen die bestbezahlten Hacker siebenstellige Beträge. In diesem Jahr wurden bereits Rekordprämien erzielt. Darunter der erste Bug-Bountie-Millionär auf Basis ethischen Hackings. Der 19-jährige Argentinier Santiago Lopez hat innerhalb der vergangenen drei Jahre über eine Million Dollar auf der Bug-Bounty-Plattform HackerOne eingesammelt. Bundesbehörden wie die Europäische Kommission, das britische National Cyber Security Center, das Verteidigungsministerium der USA und das Verteidigungsministerium von Singapur sowie Großkonzerne wie General Motors, Starbucks, Goldman Sachs und Hyatt Hotels arbeiten ebenfalls mit Hackern zusammen, um Sicherheitslücken zu finden bevor es Kriminelle tun.

 

Die Wahrnehmung ändert sich

Man hat Hacker bereits als das Immunsystem des Internets bezeichnet, weil sie sich zusammenfinden, um den wachsenden Sicherheitsbedürfnissen einer zunehmend vernetzten Gesellschaft gerecht zu werden. Die öffentliche Wahrnehmung findet langsam Anschluss an diese Sichtweise. Eine Studie vom letzten Jahr zeigt, dass 70 % der IT-Experten die Definition des »Cambridge Dictionary« für den Begriff »Hacker« gerne ändern würden um Hacker mehr ins rechte Licht zu rücken. Wie zum Beispiel mit der genaueren Definition die das MIT verwendet. Eine weitere Umfrage unter Erwachsenen in den USA hat ergeben, dass fast zwei Drittel der Amerikaner (64 %) der Meinung sind, dass nicht alle Hacker bösartig handeln. 82 % glauben, dass Hacker helfen können, Systemschwachstellen aufzudecken, um die Sicherheit zukünftiger Versionen zu verbessern. Und die Millennials schließlich (die 18- bis 34-Jährigen) sind am ehesten überzeugt, dass Hacking ein legitimer Beruf ist (57 % gegenüber 31 % der über 35-Jährigen).

Und dann sind da noch die Hacker selbst. Kürzlich befragt wie sie selbst »Hacker« definieren würden, antworteten sie:

  • »Hacker sind Problemlöser«
  • »Ein Hacker ist eine Person, die auf einzigartige Weise ein Puzzle durchdenkt und die Aufgabe löst.«
  • »Ein Hacker ist eine Person, die neugierig ist wie die Dinge aufgebaut sind.«
  • »Hacking ist eine intellektuelle Herausforderung, bei der man Dinge herausfindet, die andere nicht herausfinden können und bei der man so denkt, wie andere nicht denken würden.«

Eine aktuelle Studie hat zudem herausgefunden, dass die Hauptbeweggründe von Hackern sind, weiter zu lernen, gefordert zu werden und Spaß zu haben. Die Motivation von Hackern mag unterschiedlich sein. Aber die Ergebnisse beeindrucken eine wachsende Zahl von Unternehmen, die mit Hackern zusammenarbeiten. Was uns allen zugute kommt.

Der US-Präsidentschaftskandidat Beto O’Rourke sieht das ähnlich: »Hacker suchen nach Fehlern in Systemen, egal ob in einer Software, den Medien oder bei der Regierung, mit dem Ziel, sie sicherer zu machen.« Wir werden sehen, ob die Welt bald ihren ersten Hackerpräsidenten hat.

Nicole Catalano, Strategist bei HackerOne

 

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