Droht bei KI eine Kompetenzlücke?

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Deutschland liegt bei der Erwachsenenbildung weiterhin unter dem EU-Durchschnitt. Dies wirkt sich zunehmend negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes aus, denn die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt verändern sich rasant durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Wer sich beruflich nicht fortbildet, riskiert den Anschluss in der Karriere. Laut dem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (19. November 2025) und einer Studie des Weltwirtschaftsforums werden technologische Fähigkeiten in der Arbeitswelt künftig eine wichtigere Rolle spielen. Kenntnisse in KI, Datenanalyse und IT-Sicherheit könnten bald maßgeblich für den Karriereerfolg sein. Die Developer Akademie, eine IT-Fortbildungseinrichtung, warnt in diesem Zusammenhang vor einer drohenden Kompetenzlücke.

 

Deutschland steht vor einer Kompetenzlücke. Laut dem Future of Jobs Report 2025 des Weltwirtschaftsforums (WEF) gehen 34 Prozent der deutschen Arbeitgeber davon aus, dass sich die Kernkompetenzen im Job innerhalb der nächsten fünf Jahre grundlegend verschieben [1]. Noch dominieren Soft Skills wie Resilienz, Motivation und Lernbereitschaft die Wunschliste von Personalverantwortlichen. Vor allem Persönlichkeitsmerkmale, kognitive und kollaborative Fähigkeiten sind derzeit wichtig. Nur eine der zehn Kernkompetenzen erfordert hingegen technologisches Wissen.

»Das wird sich in den kommenden Jahren sehr stark ändern«, sagt Junus Ergin vom Fortbildungsinstitut Developer Akademie. »Die Studie des Weltwirtschaftsforums zeigt, dass wir im Arbeitsmarkt einen Shift hin zu technologischem Know-how erleben.« Selbst außerhalb von typischen IT-Berufen werde man künftig mit Technologie und Software konfrontiert sein. Vor allem Kenntnisse im Zusammenhang mit KI und Big Data gewinnen bis 2030 an Bedeutung.

Dieser Wandel wird laut WEF in einigen Branchen besonders spürbar sein, etwa in der Autoindustrie, im Energiesektor und Transportwesen sowie bei Banken und Versicherungen – aber auch die öffentliche Verwaltung und freie Berufe werden in den nächsten Jahren hohen Bedarf an technologischen Fähigkeiten haben und sie künftig stärker einfordern.

Die aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigt diese Entwicklung [2]. Zwar bleibe die Anzahl der Arbeitsplätze trotz Automatisierung durch KI langfristig stabil; es gebe aber eine Verschiebung im Arbeitsmarkt zugunsten von IT- und Informationsdienstleistungen.

Deutschland hinkt im europäischen Vergleich hinterher

Während die EU mit Initiativen wie die »Union of Skills« versucht, Europa technologiefest zu machen, liegt die Teilnahmequote bei der Erwachsenenweiterbildung in Deutschland über die Jahre bei durchschnittlich 8,1 Prozent. Zwar konnte dieser Wert im vergangenen Jahr auf 9,4 Prozent gesteigert werden, dennoch liegt das Land weiterhin auf den hinteren Rängen innerhalb der EU. Noch weniger Weiterbildungsaktivität haben lediglich Polen, Ungarn, Rumänien, Kroatien, Griechenland und Bulgarien. Durchschnittlich liegt die Quote in der EU bei 12 Prozent [3].

»Das wird langfristig erhebliche Folgen haben«, warnt Fortbildungsexperte Ergin. »Unsere Wirtschaft braucht mit Zukunftskompetenzen ausgestattete Mitarbeitende. Wer sich nicht weiterbildet, wird vom Arbeitsmarkt abgeschnitten. Das betrifft insbesondere Post- und Bankangestellte, Bürokräfte, Kassierer und Buchhalter.«

Mit besonderer Sorge blickt Ergin auf die Lage weiblicher und älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. »Lediglich 11 Prozent unserer Teilnehmenden sind Frauen und nur 5 Prozent sind älter als 46.« Auch regional sieht er erhebliche Unterschiede. In westdeutschen Bundesländern werden die Fortbildungen der Akademie eigenen Angaben zufolge gut angenommen, insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg. »Im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil sehen wir in diesen Bundesländern überdurchschnittliche Teilnehmerzahlen von 14 und 19 Prozent. Die ostdeutschen Bundesländer sind hingegen im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl unterrepräsentiert.« Laut Developer Akademie kommen etwa nur fünf Prozent der Kursteilnehmer aus Sachsen, obwohl das Bundesland acht Prozent der Bevölkerung stellt.

Diesem Fortbildungsdefizit versucht die EU mit zahlreichen Förderinitiativen entgegenzutreten. Etwa mit der Europäischen Kompetenzagenda. Das erklärte Ziel dieser Initiativen ist es, dass sich bis 2030 60 Prozent der Erwachsenen jährlich weiterbilden. Schweden ist mit einer Fortbildungsquote von aktuell 37 Prozent bereits auf einem guten Weg. Deutschland und seine Arbeitnehmer sollten diesem Beispiel mit schnellen Schritten folgen.

 
[1] Quelle: WEF Future of Jobs Report https://www.weforum.org/publications/the-future-of-jobs-report-2025/
[2] Quelle: Aktuelle Pressemeldung vom 19.11.2025 des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung https://iab.de/presseinfo/kuenstliche-intelligenz-koennte-das-bip-wachstum-in-den-naechsten-15-jahren-um-jaehrlich-08-prozentpunkte-erhoehen/
| Publikation Künstliche Intelligenz: Potenzielle Effekte für den deutschen Arbeitsmarkt vom IAB https://iab.de/publikationen/publikation/?id=15227157
[3] Quelle https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/TRNG_LFSE_01__custom_7777350/bookmark/map?lang=de&bookmarkId=3c3a2049-c115-41f6-9400-dd2a312f2e51&page=time:2022

 

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