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Kommentar von Ari Albertini, CEO von FTAPI
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat sich mit einem Statement zur digitalen Souveränität geäußert – und bringt dabei einen Begriff ins Spiel, der in der Cybersicherheitsdebatte lange gefehlt hat: Cyber Dominance. Gemeint ist damit die Fähigkeit von Herstellern digitaler Produkte, auch nach dem Kauf dauerhaft Zugriff auf Systeme und Informationen ihrer Kunden zu behalten. Eine Form der Kontrolle, die tief in technische Infrastrukturen eingreift – oft unbemerkt und ungefragt.
Diese Art der digitalen Abhängigkeit ist längst Realität – und sie ist eines der größten unterschätzten Geschäftsrisiken unserer Zeit. Unternehmen, die sich auf Systeme verlassen, deren Funktionsweise sie nicht nachvollziehen können oder deren Anbieter außerhalb europäischer Rechtsräume agieren, machen sich angreifbar: durch Monopole, durch Sicherheitslücken, durch geopolitische Spannungen. Was früher ein reines IT-Thema war, ist heute ein strategisches Problem für Management und Aufsichtsräte.

Ari Albertini, CEO von FTAPI
Während der Druck durch Cyberangriffe, Regulatorik und Compliance-Vorgaben steigt, verlieren viele Organisationen zunehmend die Kontrolle über ihre eigenen digitalen Prozesse. Gerade bei sensiblen Daten und kritischen Infrastrukturen kann das fatale Folgen haben. Wer auf Systeme setzt, bei denen Hersteller weiterhin Zugriff auf Daten und Funktionen haben – etwa über Backdoors, versteckte Cloud-Abhängigkeiten oder proprietäre Schnittstellen – gibt faktisch Verantwortung ab.
Was es jetzt braucht, ist ein grundlegender Wandel im Denken. Unternehmen müssen ihre digitalen Lieferketten kritisch prüfen und gezielt in resiliente Strukturen investieren: in europäische Plattformen, in interoperable Lösungen mit nachvollziehbarer Sicherheit und in Partner, die auf Transparenz und Compliance setzen. Denn wer sich Sicherheit von US-Anbietern einkauft, zahlt oft mit einem unsichtbaren Preis: dem Verlust an Freiheit und Kontrolle. Kurz: Es braucht Technologie, die nicht nur funktioniert, sondern auch echte Souveränität ermöglicht.
Gleichzeitig ist die Politik gefordert. Digitale Souveränität darf nicht länger eine rhetorische Floskel bleiben – sie muss zur Leitlinie politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsprozesse werden. Statt nur auf die Überlegenheit anderer hinzuweisen, braucht es jetzt ein eigenes, ehrgeiziges Programm: mit klaren Zielen, verbindlichen Zeitplänen und einer messbaren Wirkung. Im 500-Milliarden-Zukunftspaket der Bundesregierung sind Milliardenbeträge für Cybersicherheit vorgesehen – doch was genau passiert mit diesen Mitteln? Warum gibt es keinen Masterplan, der den Aufbau souveräner IT-Infrastrukturen in Europa gezielt vorantreibt?
Es braucht eine gezielte Industriepolitik, die europäische Technologien konsequent fördert, statt internationale Monopole weiter zu stärken. Es braucht verbindliche Rahmenbedingungen, die systemkritische Abhängigkeiten transparent machen und regulatorisch begrenzen. Und es braucht klare Anreize für Unternehmen, in souveräne IT-Infrastrukturen zu investieren – etwa durch steuerliche Vorteile, Zertifizierungsprogramme oder öffentliche Beschaffungsrichtlinien, die Sicherheit und Transparenz zur Pflicht machen. Wer Milliarden für Cybersicherheit bereitstellt, darf sich nicht länger in Symbolpolitik verlieren, sondern muss klare Ziele setzen – konkret, mutig und messbar.
Cyber Dominance ist keine Theorie – sie ist Realität. Unternehmen verlassen sich auf proprietäre Systeme, bei denen sie nicht wissen, wer mitliest oder eingreifen kann. Wer souverän sein will, braucht nicht nur Sicherheitslösungen, sondern Entscheidungsfreiheit. Und die beginnt bei der Technologie-Auswahl.
543 Artikel zu „digitale Souveränität“
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CISPE: Investieren in europäische, digitale Souveränität

CISPE aktualisiert Grundsätze zur digitalen Souveränität und investiert eine Million Euro in Open Source zur Umsetzung verteilter Cloud-Infrastrukturen. Verteilte Cloud-Infrastrukturen sind entscheidend für die Bereitstellung souveräner Cloud-Dienste in Europa. CISPE (Cloud Infrastructure Service Providers in Europe) investiert eine Million Euro in die Entwicklung von Open-Source-Software, um das Fulcrum-Projekt voranzutreiben – ein zentraler Schritt hin…
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Digitale Souveränität: Bitkom startet neue Publikationsreihe

Ob Chips, Smartphones, Software oder IT-Services: Fast alle Unternehmen in Deutschland (96 Prozent) beziehen digitale Technologien oder Dienstleistungen aus dem Ausland. Die Abhängigkeit ist groß: 90 Prozent der Unternehmen, die digitale Technologien oder Leistungen aus dem Ausland beziehen, können darauf nicht verzichten und sehen sich selbst als von diesen Importen abhängig. Die wichtigsten Herkunftsländer und…
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Cloud-Trends 2025: Flexibilität, Kostenkontrolle und digitale Souveränität

Die angespannte Wirtschaftslage stellt viele Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen, und die Risiken durch Abhängigkeiten von großen Anbietern rücken immer stärker in den Fokus. Diese Herausforderungen erfordern von Unternehmen neue Ansätze, ihre IT-Infrastrukturen flexibler, unabhängiger und widerstandsfähiger zu machen. Multi-Cloud-Strategien, digitale Souveränität und der Ausbruch aus dem Vendor Lock-in werden daher…
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Digitale Souveränität stärken – Strategien für KMU in unsicheren Zeiten

Bitkom-Studie warnt: Wirtschaftliche Risiken durch Abhängigkeit von den USA. Die aktuelle Bitkom-Studie bringt es auf den Punkt: Der Wahlsieg von Donald Trump hat das Vertrauen der deutschen Digitalwirtschaft in die USA massiv erschüttert. 96 Prozent der befragten Unternehmen betonen die dringende Notwendigkeit, die digitale Souveränität Deutschlands zu stärken, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Resilienz…
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Ausgereiftes, flexibles, vertrauenswürdiges, europäisches Produkt auf Open-Source-Basis – Digitale Souveränität: ein Muss für Cybersicherheit

Digitale Souveränität ist kein Luxus. Gerade für Deutschland, die größte Volkswirtschaft Europas, ist sie nicht nur eine Frage der nationalen Sicherheit, sondern auch eine Notwendigkeit für wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftliche Entwicklung. Deutsche Behörden und Unternehmen müssen in der Lage sein, Kontrolle über ihr digitales Umfeld auszuüben. Dies betrifft Daten, digitale Infrastrukturen, Online-Plattformen und besonders Cybersicherheitsmaßnahmen.
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Digitale Souveränität für Europa aus Überzeugung

Bei einem Austausch Ende Mai zwischen David McAllister, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament und früherem Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Andreas E. Thyen, dem Verwaltungsratspräsidenten der LizenzDirekt AG, herrschte große Einigkeit über die existenzielle Bedeutung der europäischen digitalen Souveränität. Beide setzen sich seit etlichen Jahren vehement für ihre Stärkung ein. David McAllister,…
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Public-Cloud-GenAI-Services: Nachhaltigkeit und digitale Souveränität

Bis 2027 werden Nachhaltigkeit und digitale Souveränität als Hauptkriterien für die Wahl zwischen verschiedenen Public-Cloud-GenAI-Services immer relevante. Cloud-Technologie wird weiterhin am besten für die Bereitstellung von GenAI-gestützten Anwendungen in großem Maßstab geeignet sein. Bis 2027 werden laut Gartner 70 Prozent der Unternehmen, die generative KI (GenAI) einsetzen, Nachhaltigkeit und digitale Souveränität als Hauptkriterien für…
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Diese drei Ebenen braucht es für vollständige digitale Souveränität

Digitale Souveränität gewinnt für Behörden und Unternehmen immer mehr an Bedeutung – und sie haben heute bereits die Möglichkeit, vollständig souveräne Software-Stacks zu nutzen. Content-Collaboration-Spezialist ownCloud erläutert, wodurch sich diese auszeichnen. Unternehmen und Behörden streben zunehmend nach digitaler Souveränität. Da die öffentliche Verwaltung mit hochsensiblen Daten arbeitet, fordert die Digitalstrategie der Bundesregierung, dass Behörden…
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Hochsicherheit in der IT: Fünf Key-Facts für die digitale Souveränität

Hochsichere Softwareentwicklung ist ein entscheidender Zukunftstreiber für die Souveränität und Innovationskraft von Unternehmen im globalen Wettbewerb. Fünf Key-Facts, die bei der Softwareentwicklung berücksichtigt werden sollten. Hochsicherheit wird meistens mit spezifischen Anwendungsfeldern wie kritischer Infrastruktur, dem Bankensektor oder öffentlichen Einrichtungen in Verbindung gebracht. Genau genommen ist es jedoch ein Thema, das jedes Unternehmen und jeden…
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Neustart von Gaia-X: Europäische IT-Experten fordern digitale Souveränität

Über 80 Prozent der IT-Experten plädieren für mehr digitale Souveränität in Europa. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) bezeichnet eine eigenständige europäische IT-Sicherheitstechnik als „sehr wichtig“. Dies ist das Ergebnis einer Befragung von über 500 IT-Sicherheitsexperten in Deutschland, Frankreich und Großbritannien durch censuswide im Auftrag der comforte AG. Grund genug für das Cyber-Security-Unternehmen aus Wiesbaden…
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Digitalstrategie: Mehr Tempo, digitale Souveränität und IT-Sicherheit

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Das soll digitale Souveränität sein?

Die Ausgaben des Bundes für Software von Microsoft steigen und steigen. Wenn es die Bundesregierung mit der digitalen Souveränität wirklich ernst meint, muss sie mit gutem Beispiel vorangehen. Statement von Tobias Gerlinger, CEO und Managing Director von ownCloud in Nürnberg. Als Deutschland im vergangenen Jahr die EU-Ratspräsidentschaft antrat, verkündete die Bundesregierung ein hehres…
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Digitale Souveränität beginnt bei der IT-Beschaffung

In ihrem kürzlich veröffentlichten Statement »Nachhaltiger Open-Source-Einsatz für die digital souveräne Verwaltung« fordert die OSB-Alliance (Open Source Business) ein Umdenken bei IT-Beschaffungsprozessen in öffentlichen Institutionen: weg von produktfokussierten und hin zu anforderungs- und funktionsorientierten Ausschreibungen. Nur diese ermöglichen laut OSB-Alliance einen umfassenden Blick auf die vielfältigen Lösungsansätze und Angebotsmöglichkeiten von Open Source. Nach Ansicht von…
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Digitale Souveränität – Wir sind dem US Cloud Act nicht wehrlos ausgeliefert
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EuGH-Urteil gegen Privacy Shield: mehr digitale Souveränität dringend erforderlich

Die Entscheidung des EuGH, das Privacy Shield genannte Datenschutzabkommen mit den USA zu kippen, setzt die Anwenderunternehmen in Deutschland und Europa erheblich unter Druck. Sie dürfen keine personenbezogenen Daten mehr in die USA übermitteln, wenn die Übermittlung bisher auf Basis des Privacy Shields erfolgte. VOICE empfiehlt Anwendern dringend die Verträge mit Cloud-Providern zu überprüfen und…
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90 Prozent der Unternehmen sind vom Import digitaler Technologien und Services aus anderen Ländern abhängig, insbesondere aus den USA und China. Die Hälfte passt wegen Donald Trump Geschäftsstrategie und Lieferketten an. Bitkom-Präsident Wintergerst: »Neue Bundesregierung muss digitale Souveränität zum Top-Thema machen«. Die bevorstehende Präsidentschaft von Donald Trump in den USA beunruhigt die deutsche Wirtschaft…
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Datensouveränität und Datensparsamkeit: Mit der Blockchain zur sicheren digitalen Identität

Bitkom veröffentlicht Infopapier »Self Sovereign Identity Use Cases – von der Vision in die Praxis«. Ob Shopping, Beratungsgespräch mit der Bank oder Kontakt mit der Verwaltung: auch durch die Corona-Krise haben sich immer mehr Alltagstätigkeiten in die digitale Welt verlagert. Dabei rückt eine Frage immer stärker in den Mittelpunkt: Wie kann man digital die…
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Die Zukunft der europäischen Cloud-Souveränität

Wesentlicher Beitrag zu IPCEI-CIS beschleunigt Europas Wechsel von US-Hyperscalern zu souveräner Cloud-Infrastruktur. Leaseweb, ein Anbieter von Cloud-Diensten und Infrastructure as a Service (IaaS), gibt einen wesentlichen Fortschritt in seinem Beitrag zu den wichtigen EU-Projekten von gemeinsamem europäischem Interesse für Cloud-Infrastrukturen und -Dienste (IPCEI-CIS) bekannt: Mit dem Projekt »European Cloud Campus« legt Leaseweb aktiv den…
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Plädoyer für eine europäische Plattform digitaler Selbstbehauptung und Handlungsfähigkeit

Europa befindet sich in einer doppelten Umbruchphase: Einerseits die geopolitische Erschütterung durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine, andererseits die digitale Transformation, die längst alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringt. Während veraltete Strukturen und bürokratische Prozesse vielerorts den Anschluss an die digitale Gegenwart erschweren, verschieben machtpolitische Entwicklungen, zuletzt angestoßen durch mögliche Veränderungen in den USA oder China,…
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Cybersecurity Report 2025: Resilienztest für die digitale Gesellschaft

Trotz eines starken Rückgangs in der zweiten Jahreshälfte steigt die Anzahl schädlicher Requests im Gesamtjahr 2024 um 25 Prozent. Bots und Hacktivismus: Einflussnahme auf Wahlen und die Bevölkerung nimmt zu. Öffentlicher Sektor bleibt Cyberhotspot: Mehr als die Hälfte der Überlastungsangriffe (55,8 Prozent) sind erfolgreich. Die Bedrohungslage im Internet verschärft sich trotz vereinzelter positiver…