Relevanz von emotionaler Intelligenz steigt durch Automatisierung rasant

Deutsche Unternehmen liegen bei Trainingsangebot zu emotionaler Intelligenz über dem internationalen Durchschnitt.

Neue Technologien automatisieren in der Geschäftswelt mehr und mehr herkömmliche Tätigkeiten und Routineaufgaben. Bei Führungskräften wie auch betroffenen Mitarbeitern reift daher die Erkenntnis, dass emotionale Intelligenz – und damit Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Selbstmanagement, soziales Bewusstsein und Beziehungsmanagement – eine Kernkompetenz für den Erfolg im digitalen Zeitalter ist.

Die Nachfrage nach emotionaler Intelligenz (EI) wird international in den nächsten drei bis fünf Jahren um das Sechsfache steigen – in Deutschland um das Fünffache. Die Rekrutierungsprozesse und Trainings sind in diesem Punkt allerdings noch nicht auf der Höhe der Zeit. Dies führt dazu, dass viele Unternehmen nicht von den positiven Effekten emotionaler Intelligenz auf Mitarbeiterzufriedenheit, Umsatzgenerierung, Fluktuation und Kostensenkungen profitieren können. Zu diesem Schluss kommt die Studie »Emotional Intelligence – the essential skillset for the age of AI« des Capgemini Research Institutes.

 

Emotionale Intelligenz wird zum Must-have

Da Routineaufgaben automatisiert werden, legen Unternehmen besonderen Wert auf EI-Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Beziehungsmanagement und Kommunikationsgeschick. 76 Prozent der Führungskräfte global und 72 Prozent in Deutschland sagten im Rahmen der Studie, dass die Mitarbeiter ihre EI ausbauen müssen, damit sie auch für kunden- und personenbezogenere Rollen geeignet sind. Ebenfalls 76 Prozent der Führungskräfte global und 72 Prozent in Deutschland meinten, dies sei nötig, damit sie Aufgaben übernehmen können, die nicht automatisierbare EI-Fähigkeiten wie Empathieempfinden, Einflussnahme und Teamarbeit erfordern. Im globalen Durchschnitt glauben 61 Prozent – in Deutschland jedoch nur 45 Prozent – der befragten Führungskräfte, dass emotionale Intelligenz in den nächsten ein bis fünf Jahren zu einer Must-have-Fähigkeit wird. Von den Mitarbeitern ohne Führungsaufgaben glauben dies 41 Prozent global und 32 Prozent in Deutschland. Insgesamt sagten 83 Prozent der Unternehmen, dass eine hochgradig emotional intelligente Mitarbeiterschaft in den kommenden Jahren eine Grundvoraussetzung für Erfolg sein wird.

 

»Unternehmen ist zunehmend bewusst, dass sie die Kompetenzen von Mitarbeitern mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz brauchen. Allerdings bewegen sie sich nicht schnell genug, um angemessen in sie zu investieren«, sagt Claudia Crummenerl, Global Practice Lead People and Organization bei Capgemini Invent. »Mit der Automatisierung von Routineaufgaben steigt die Nachfrage nach emotionaler Intelligenz – und wir sehen, wie sehr Unternehmen von einer emotional intelligenten Mitarbeiterschaft profitieren. Die Erfahrung der dabei erfolgreichsten Unternehmen zeigt, dass Unternehmen die EI in den Bereichen Rekrutierung, Training und Kultur priorisieren müssen, um ein krisenresistentes Team in einer sich wandelnden Welt aufzubauen.«

 

Mitarbeiter in Sorge vor Automatisierungseffekten

Der Anteil der Mitarbeiter insgesamt, die glauben, dass ihre Fähigkeiten durch Automatisierung und KI überflüssig sind oder werden, ist in den letzten zwei Jahren um 10 Prozentpunkte gestiegen. Der Anteil der Mitarbeiter, die glauben, dass ihre Fähigkeiten bereits überflüssig sind oder es innerhalb der nächsten drei Jahren werden, ist international von 30 auf 39 Prozent gestiegen. In Deutschland liegt er bei 31 Prozent. Darüber hinaus ist der Anteil der Millennials, die mit dieser Entwicklung rechnen, von 40 auf 50 Prozent gestiegen. Offensichtlich kennen Millennials die Auswirkungen von Automatisierung und KI und sind immer stärker beunruhigt, weil sie davon ausgehen, dass ein Großteil der Automatisierungseffekte sie treffen wird.

 

Unternehmen mit emotional intelligenter Belegschaft profitieren

Unternehmen, die über Mitarbeiter mit hoher emotionaler Intelligenz verfügen, genießen erhebliche Vorteile: Im Durchschnitt haben 60 Prozent der befragten Unternehmen international höhere Gewinne von mehr als 20 Prozent durch ihre Mitarbeiter, die eine hohe EI zeigen. Zu den wichtigsten quantitativen Vorteilen gehören eine gesteigerte Produktivität, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und ein wachsender Marktanteil. Die Studie schätzt, dass Unternehmen, die nachhaltig in EI investieren, einen Return on Investment zwischen dem 2,2- und 4,4-Fachen erzielen, wenn man die Auswirkungen auf Umsatz, Produktivität, Kosten und Fluktuation einkalkuliert.

 

Personalprozesse entsprechen nicht dem digitalen Zeitalter

Während 75 Prozent der Unternehmen angeben, dass sie die EI-Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter entwickeln können, tut ein weitaus geringerer Anteil etwas dafür, um dieses Ziel zu erreichen: Nur 42 Prozent der Unternehmen international und 46 Prozent in Deutschland bieten entsprechende Trainings für Senior-Management und Führungskräfte an. Für das mittlere Management tun dies international lediglich 32 Prozent, in Deutschland dagegen erneut 46 Prozent. Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung erhalten international nur bei 17 Prozent der Unternehmen Trainings in Emotionaler Intelligenz, in Deutschland immerhin bei 31 Prozent der Unternehmen.

 

»Denken Sie an die mathematischen Fähigkeiten: Jeder von uns wird mit einer Grundbegabung geboren, um mit Mathematik zu arbeiten. Wenn wir uns aber in der Schule nicht mit Themen wie Algebra befassen, haben wir nur geringe Fähigkeiten, Variablen und Gleichungen eigenständig zu handhaben. In ähnlicher Weise kann hinsichtlich der emotionalen Intelligenz ein gewisses Maß an Unterricht und Unterstützung hilfreich sein. Wir können uns Kenntnisse auf diesem Gebiet aneignen und unsere Intelligenz so erfolgreicher einsetzen«, sagt John Mayer, Professor für Psychologie an der Universität von New Hampshire.

 

Obwohl Mitarbeiter ohne Führungsaufgaben mit der höchsten Wahrscheinlichkeit von der Automatisierung betroffen sein werden, achten weniger als 40 Prozent der Unternehmen im Einstellungsprozess auf EI-Fähigkeiten oder beziehen sie bei der Bewertung ihrer bestehenden Mitarbeiter mit ein.

 

Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass Unternehmen EI in ihr Mitarbeiter-Management integrieren und sowohl Bottom-up- als auch Top-down-Ansätze verfolgen müssen, um durch Veränderungen bestehender Prozesse eine Belegschaft mit hoher EI aufzubauen. Unternehmen müssen auch eine Kultur entwickeln, die EI wertschätzt und nach kontinuierlicher Verbesserung strebt. Die Studie hebt vier Schlüsselbereiche hervor, auf die sich Unternehmen konzentrieren sollten, um eine Belegschaft mit stark ausgeprägter emotionaler Intelligenz aufzubauen:

 

  • Umbau bestehender Lernprogramme zur Integration von EI und Verfügbarkeit für alle Mitarbeiter
  • Modifizierung der Rekrutierungsprozesse, um die Bewertung der EI zu ermöglichen
  • Berücksichtigung von EI bei Beförderungen und der Entlohnung des Personals
  • Einsatz von Technologie und Daten zum Aufbau einer EI-Kultur

 

[1] Für die Studie wurden im August und September 2019 relevante Personengruppen befragt: 750 Führungskräfte großer Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter und Handel, Retail Banking und Versicherungen, Automotive und Versorgungsunternehmen sowie 1.500 Mitarbeiter aus diesen Sektoren. Zusätzlich wurden tiefergehende Interviews mit mehreren Branchenexperten geführt.
Die Studie steht hier zum Download für Sie bereit.

 

 

52 Artikel zu „emotionale Intelligenz „

Multiplicity statt Singularität: Künstliche Intelligenz diversifiziert unser Denken

Künstliche Intelligenz wird das menschliche Denken nicht ersetzen, sondern ergänzen und optimieren. Neue Forschung widerlegt Mythen über künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz.   Tata Communications stellt eine neue Studie vor, die die positiven Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) für den Arbeitsmarkt der Zukunft vorstellt. Die Studie basiert auf dem Input von 120 führenden Persönlichkeiten aus…

Künstliche Intelligenz definiert Konnektivität und den Zyklus des Wirtschaftswachstums neu

Die künstliche Intelligenz (KI) treibt einen Paradigmenwechsel in der digitalen Wirtschaft voran und könnte den Wert der globalen digitalen Wirtschaft von 12,9 Billionen Dollar im Jahr 2017, als sie 17,1 % des globalen BIP ausmachte, auf 23 Billionen Dollar im Jahr 2025 fast verdoppeln. Jedoch kommt eine neue Studie von Huawei zu dem Ergebnis, dass…

Wenn künstliche Intelligenz den Job aussucht

■  Vier von Zehn würden bei der Arbeitgebersuche auf KI-Empfehlungen zurückgreifen. ■  Aber nur 7 Prozent können sich KI-Unterstützung beim Online-Dating vorstellen. Bei Produktempfehlungen oder personalisierten Suchergebnissen im Internet lassen sich Verbraucher bereits heute von künstlicher Intelligenz (KI) helfen. Doch auch bei grundsätzlichen Lebensentscheidungen wie der Auswahl eines Arbeitgebers oder Lebenspartners würden sich Bürger von…

Künstliche Intelligenz wird zum Game Changer im Personal Devices-Markt

KI liefert die überzeugendsten Benutzererlebnisse – zu Hause und am Arbeitsplatz. Laut dem IT-Research und Beratungsunternehmen Gartner werden emotionale KI-Systeme bis 2022 so ausgereift sein, dass sie mehr über den emotionalen Zustand eines Menschen wissen als die eigene Familie. KI ist in der Lage disruptive Kräfte zu entwickeln, die die Art und Weise, wie wir…

Der CIO: Meist noch zuverlässiger Dienstleister statt digitaler Wegbereiter

Rolle und Selbstverständnis des Chief Information Officer verändern sich nur langsam. Knapp die Hälfte der CIOs ist nicht in die Digital-Strategie ihrer Unternehmen involviert. Nur rund 10 Prozent nehmen Gestalter-Rolle ein und tragen als »Vanguard-CIOs« maßgeblich zum Erfolg ihrer Unternehmen bei. Traditionell sind CIOs dafür zuständig, dass die IT im Unternehmen funktioniert, auf dem aktuellen…

Fünf Schritte zur kulturellen Transformation am Arbeitsplatz

Angst vor dem Unbekannten: Fehlender Dialog zu den Auswirkungen von KI und Automatisierung verunsichert Mitarbeiter und bremst die Digitalisierung. Laut World Economic Forum wird die technologische Revolution die Art und Weise in der wir leben, arbeiten und interagieren grundlegend verändern [1]. Bekannt als die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) werden diese Veränderungen sehr bald in…

Digitalisierung: Das sind die größten Baustellen der Gesundheitsbranche

  Die Gesundheitsbranche hat noch Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Das zeigt eine aktuelle Studie des Branchennetzwerks Healthcare Frauen (HCF). Die Bedeutung des Themas ist aber inzwischen in den Köpfen der Verantwortlichen angekommen.   Mit der von adesso gesponserten und maßgeblich mitkonzipierten Studie »DIG-IN Digitaler Healthcare Index 2019« der HCF liegen erstmals belastbare Zahlen zur Digitalisierung…

Führungskompetenzen: Entwicklung von Führungskräften für eine digitale Wirtschaft

  Unternehmen sehen sich heute mit einer Geschäftsumgebung konfrontiert, die durch schnelle Marktveränderungen, die Verbreitung digitaler Technologien und die sich wandelnden Erwartungen von Kunden und Mitarbeitern beeinflusst wird. Diese Entwicklungen wirken sich besonders stark auf die Anforderungen an Führungskräfte aus, die Innovationen in ihren Organisationen vorantreiben und die Belegschaft führen sollen. Wenn die Führungskräfte nicht über…

Länder mit der besten Work-Life-Balance

Die Niederländer bekommen es laut aktueller Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) besonders gut hin, Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Auch die Italiener schneiden gut ab, wie der Better Life Index für 2019 zeigt. Für diesen hat die Organisation die Balance zwischen Arbeit und Freizeit in den 35 Mitgliedsländern plus Russland,…

Die disruptive Kraft von autonomen Fahrzeugen revolutioniert die Automobilindustrie

Wie stark werden autonome Autos die Autoindustrie verändern? Disruption durch autonome Fahrzeuge. Wie Städte smart werden / Sustainability. Ganzheitliche Mobilitätskonzepte/ Mobility as a Service (MaaS).   Würde man die globale Automobilindustrie als eigenständige Volkswirtschaft betrachten, wäre sie die sechstgrößte der Welt. Smart-City-Konzepte werden autonome Fahrzeuge und Elektroautos integrierte Transportlösungen liefern, die diese Industrie von Grund…