Ein Interview mit Prof. Dr. med. Schneider, Gesellschafter des Zentrums für Endokrinologie und Stoffwechsel Bayern (ZES; www.endokrinologie.bayern) und CEO des StartUps »Lighter.me« (www.lighter.me)
Welche Möglichkeiten bietet die Telemedizin im niedergelassenen Bereich derzeit?
Es gibt eine ganze Reihe von Telemedizin-Anbietern, darunter allgemeine Anbieter wie Teleclinic. Dabei muss der telemedizinisch konsultierende Arzt von Patient zu Patient entscheiden, inwieweit das Problem online zu behandeln ist. Andere Portale haben sich auch zurückgezogen, beispielsweise Kry. Dafür gibt es neue StartUps, beispielsweise in der Dermatologie, die gut angenommen werden.
Prof. Dr. med. Schneider
Welche Vorteile bietet die Telemedizin bei Adipositas?
Viele Patientinnen und Patienten, die sich telemedizinisch anmelden, möchten sich erst einmal niedrigschwellig informieren. Das Gespräch beim Arzt fällt in der Regel eher knapp aus, die Wartezeiten für Termine sind lang. Hier kann die Telemedizin eine Lücke füllen. Männliche Patienten beispielsweise wollen sich erst einmal allgemein über begleitende Hormonstörungen wie Testosteronmangel im Zusammenhang mit Übergewicht informieren. Solche Basisgespräche muss man nicht in einer Praxis führen. Auch fällt der Schamfaktor weg. Man muss nicht im Wartezimmer sitzen und abwertende Blicke aushalten.
Ist das denn so?
In unseren Gesprächen hören wir immer wieder, dass sich Menschen wegen ihres Übergewichts schämen. Adipositas ist aber inzwischen als chronische Erkrankung anerkannt. Genetisch sind wir noch Steinzeitmenschen, aber eben Steinzeitmenschen mit gefülltem Kühlschrank. Darum versuchen wir immer, Reserven aufzubauen. Das Resultat ist, dass die gesamte Bevölkerung zunimmt. Über die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist übergewichtig.
Und nach den Ursachen kann man auch online gut forschen?
Ja. Individuelle Faktoren wie Lebensstil und Essverhalten sind sehr wichtig. Häufig ist der Wille zum Abnehmen da, doch viele Mechanismen in unserem Körper können das verhindern. Manche Menschen sind eher emotionale Esser, andere brauchen länger, bis sie satt sind. Dann gibt es metabolische Faktoren, beispielsweise eine ausgeprägte Insulinresistenz. All das sollte man individuell abfragen und klären.
Wie kamen Sie auf das StartUp »Lighter.me«?
Wir behandeln in der endokrinologischen Praxis alle hormonellen Störungen, sehen aber, dass Adipositas in der Bevölkerung ein sehr brennendes Thema ist. Deswegen haben wir für unsere Praxis alles, was der Stand der Wissenschaft anbietet, zusammengestellt. Das Ergebnis ist ein modernes, gut funktionierendes Adipositas-Programm. Vieles kann man standardisieren und die Nachfrage ist sehr groß. Darum haben wir uns im letzten Jahr entschieden, die Beratung und Behandlung von Adipositas als telemedizinisches StartUp mit dazugehöriger App anzubieten.
Wie funktioniert das Online-Produkt?
Mit »Lighter.me« haben wir eine Plattform geschaffen, auf der wir die Behandlung von adipösen Menschen digital unterstützen und die medizinische Begleitung vermitteln. Die Patienten können dabei nach eigener Wahl telemedizinisch oder in einer Partnerpraxis vor Ort ärztlich begleitet werden. Sie machen den Eignungstest, laden die App herunter, bekommen ein Coaching, eine individuelle Ernährungsberatung, führen das Arztgespräch mit einem unserer Partnerärzte online oder vor Ort und werden zunächst ein Jahr lang unterstützt.
Was ist der Mehrwert?
Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, bei der viele Faktoren eine Rolle spielen. Wir wollen diese individuell vorliegenden Faktoren berücksichtigen und jedem einzelnen Patienten mit einer auf ihn oder sie abgestimmten Behandlung aus einer Hand gerecht werden. »Lighter.me« bietet zusätzlich zur ärztlichen Begleitung alle nicht-medizinischen Themen an: Ernährungsberatung, Coaching, individuelle Ernährungspläne und Rezepte, Beratung zum Bewegungspensum – all das individuell angepasst auf die jeweilige Person. Auch Trackingfunktionen, beispielsweise das tägliche Wiegen und das Dokumentieren von Erfolgen und Problemen werden über die App integriert, alles auf aktueller, wissenschaftlicher Basis. Alle Vorabinformationen fließen in unsere medizinischen Entscheidungspfade ein und helfen uns so, den optimalen Behandlungsplan zu erstellen.
Zur Therapie gehören auch zugelassene Medikamente wie GLP-1-Agonisten, welche auch als so genannte »Abnehmspritze« bezeichnet werden, auch wenn mir dieser Begriff nicht so gefällt. Mir geht es mehr um die Verbesserung der Gesundheit als nur um das Abnehmen. Wir überwachen selbstverständlich auch die Wirkung dieser Medikamente, denn es ist wichtig, dass diese Therapie nicht in Eigenregie erfolgt.
Was kostet das?
Die Kosten für Lighter.me liegen zwischen 3 und 4 € pro Tag. Hinzu kommen eventuell noch zusätzliche Kosten für Medikamente und ärztliche Untersuchungen, wobei diese im Einzelfall von den Krankenversicherungen übernommen werden. Unsere telemedizinische Beratung kann von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Selbst mit Kassenzulassung gibt das Gesetz strenge Grenzen vor. Eine rein telemedizinische Behandlung über die gesetzlichen Kassen ist nicht möglich. Die derzeitige gesetzliche Regelung erlaubt bei kassenärztlichen Praxen, dass maximal 30 Prozent der Behandlungen online laufen dürfen.
Illustration: © Praneat | Dreamstime.com
68 Artikel zu „Healthcare Telemedizin“
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NEWS | HEALTHCARE IT | STRATEGIEN | AUSGABE 3-4-2020
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VERTIKAL 5-6-2024 | HEALTHCARE | AUSGABE 5-6-2024 | NEWS | HEALTHCARE IT | KÜNSTLICHE INTELLIGENZ | WHITEPAPER
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Im Schockraum müssen Schwerstverletzte schnellstmöglich versorgt werden. Am Fraunhofer-Institut für intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) entwickelte ein Team um Sven Giesselbach mit mehreren Partnern die KI-Prototypen TraumAgent und FormAssistant. Beide unterstützen die hochkomplexen und zeitkritischen Vorgänge in der Notaufnahme.
VERTIKAL 5-6-2024 | HEALTHCARE | AUSGABE 5-6-2024 | NEWS | DIGITALISIERUNG | HEALTHCARE IT
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Do it and do it right
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AUSGABE 5-6-2024 | NEWS | INFRASTRUKTUR | KOMMUNIKATION | LÖSUNGEN
Campus- und Standortvernetzung mit LANCOM Systems – M-net optimiert sein WLAN auf Knopfdruck
Mit dem Bezug der neuen Firmenzentrale am Frankfurter Ring in München fiel bei M-net die Entscheidung für eine Vereinheitlichung der Infrastruktur zur Campus- und Standortvernetzung inklusive flächendeckendem WLAN über alle Unternehmensbereiche.
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Eye- und Mindcatcher: Die virtuelle Kunst der LoopingLovers
Im vergangenen Jahr katapultierten NFTs (Non-Fungible Tokens) und der Shift zu überwiegend virtueller Kommunikation das digitale Künstlerduo LoopingLovers an die Spitze einer aufstrebenden digitalen Kunstszene, die trotz globaler Pandemie über die letzten Monate hinweg erblühte. Den unvergleichlichen Stil hatte das Duo bereits lange zuvor mit technischer Präzision, einer Liebe zu Details und einem Fluss an…
NEWS | KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
KI-Gesetz gefährdet den digitalen Wandel
Studie untersucht Kosten des geplanten EU-Gesetzes zur künstlichen Intelligenz (KI) und warnt vor erheblichen Ausgaben von über €30 Milliarden und einem Rückgang von europäischen KI-Investitionen um bis zu 20 %. Der Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission zur Regulierung der künstlichen Intelligenz würde die weltweit restriktivsten Rahmenbedingungen zur Entwicklung und Nutzung von KI zur Folge haben. Eine…
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Rückkehr zu Beruf und Sport nach Covid-19
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NEWS | DIGITALISIERUNG | AUSGABE 3-4-2021 | VERTIKAL 3-4-2021 | HEALTHCARE
Ohne Innovation keine sinnvolle Digitalisierung im Gesundheitswesen – Für eine Weiterentwicklung des Gesundheitssystems
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TRENDS 2021 | NEWS | TRENDS SECURITY
Datensicherheitsverletzungen im Gesundheitswesen sind 2020 um 55,2 Prozent gestiegen
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