Unsere Eltern haben uns immer vor Abo-Fallen gewarnt, doch jetzt stürzen wir uns begeistert hinein. Das böse Erwachen kommt dann meist zu spät. Wie gefährlich die digitale Abhängigkeit sein kann, zeigt das aktuelle VMware-Debakel. Spätestens jetzt sollte jeder den Weckruf gehört haben und die eigene IT-Strategie überdenken.
Ohne die US-amerikanischen Tech-Giganten geht in Unternehmen und Behörden heute nahezu nichts mehr. Je geschäftskritischer die IT im Zuge der Digitalisierung wird, desto stärker wächst auch die Abhängigkeit von den großen Anbietern. Bei der Virtualisierung setzen viele IT-Abteilungen beispielsweise seit Jahren auf VMware. Hat man die Software einmal integriert und die eigene IT-Infrastruktur darauf aufgebaut, scheint kaum noch eine Alternative möglich. Das weiß auch der neue Eigentümer Broadcom, der VMware im vergangenen Jahr übernommen hat. Er spielt seine Marktposition jetzt aus, stellt das Lizenzmodell radikal um und zwingt Kunden in die Cloud. Anwender können nur noch im Abo-Modell auf VMware-Produkte zugreifen und sehen sich mit teils astronomischen Preiserhöhungen konfrontiert.
Die Abo-Falle schnappt zu. Der Fall VMware zeigt, wie schnell eine Übernahme oder ein Wechsel der Geschäftsstrategie alles auf den Kopf stellen kann. Spätestens jetzt dürfte jeder erkannt haben, wie gefährlich die digitale Abhängigkeit ist. Die Cloud ist das perfekte Werkzeug für die großen Tech-Anbieter, um ihre ohnehin schon ausgeprägte Marktmacht auszubauen und die Daumenschrauben weiter anzuziehen. Nicht umsonst ruft einer nach dem anderen eine Cloud-First-Strategie aus und wirbt mit verheißungsvollen Versprechungen von mehr Flexibilität, Agilität und Skalierbarkeit. Tatsächlich ist die Cloud weniger ein technologischer Fortschritt als ein konventionelles Abo, das Kunden noch enger bindet. Denn wenn Unternehmen und Behörden Software nicht mehr besitzen, sondern mieten, sind sie der Willkür des Anbieters nahezu hilflos ausgeliefert. Er kann jetzt ohne große Hürden seine Preise erhöhen und seine Lizenzbestimmungen ändern. Wie einfach das geht, hat Microsoft schon mehrfach bewiesen: Im vergangenen Jahr erhöhte der Anbieter die Lizenzgebühren für seine Cloud-Produkte überraschend um elf Prozent.
Risiken erkennen, statt blind zu vertrauen. Trotz aller Warnungen verschließen viele Unternehmen und Behörden noch immer die Augen vor den Risiken. Dabei ist die Cloud nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht höchst bedenklich, sondern auch was Sicherheit und Datenschutz anbelangt. Bereits mehrfach kam es in der Microsoft-Cloud zu erheblichen Security-Vorfällen. Erst im März dieses Jahres berichtete der Konzern aus Redmond im eigenen Blog über unbefugte Zugriffe der Hackergruppe »Midnight Blizzard« auf Microsoft-Systeme und dort gespeicherte Daten. Offenbar gelang es dem Tech-Riesen nicht, die Angreifer zu stoppen. Den Super-GAU aber hatte sich Microsoft im Juni 2023 geleistet, als Cyberkriminelle den Master–Signing-Key für die Azure-Cloud stehlen konnten. Damit hatten die Angreifer Zugang zu nahezu allen Microsoft-Cloud-Diensten. Auch einen Monat später konnte Microsoft nicht aufklären, wie es zu dem Schlüsseldiebstahl kam und warum die erstellten Zugangsberechtigungen funktionierten. Ein aktueller Bericht des amerikanischen Department of Homeland Security (DHS) zeigt jetzt, dass Microsoft den Vorfall hätte verhindern können. Die Behörde wirft dem Unternehmen wiederholte Versäumnisse bei der Cybersecurity vor und empfiehlt ihm, keine neuen Cloud-Features mehr zu entwickeln, bevor es seine Sicherheitsvorkehrungen nicht deutlich verbessert hat.
Massive Datenschutzkritik an Microsoft. Vor diesem Hintergrund ist es absolut unverständlich, dass sich selbst Regierungseinrichtungen und staatliche Institutionen unreflektiert in die Abhängigkeit von Microsoft begeben. Auch die EU-Kommission nutzt Microsoft 365 für die interne Zusammenarbeit und Kommunikation – und das trotz erheblicher datenschutzrechtlicher Bedenken. Tatsächlich verstößt diese mit der Nutzung gegen die Datenschutzgrundverordnung, wie der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) kürzlich in seinem Bericht aufgezeigt hat. Er fordert die Institution daher auf, Maßnahmen zu ergreifen, um das geforderte Datenschutzniveau zu gewährleisten. Schon wiederholt stand Microsoft wegen seiner Datensammelwut in der Kritik: So hatten die Experten des PC Security Channels das neue Windows 11 nach einer Laboruntersuchung gar als -Spyware bezeichnet. Wollen wir uns der Willkür solcher Unternehmen wirklich ausliefern und unsere digitale Souveränität aufs Spiel setzen?
Die eigene IT-Strategie überdenken. Der beste Weg, wieder mehr Kontrolle zurückzugewinnen und die Abhängigkeit zu reduzieren, ist eine planvolle, durchdachte Lizenzierung. Statt sich leichtfertig in immer mehr Abonnements zu stürzen, sollten IT-Verantwortliche nur dort Cloud-Lösungen einsetzen, wo es zwingend erforderlich ist. In vielen Fällen gibt es noch die Möglichkeit, On-Premises-Lizenzen zu nutzen oder diese in einem hybriden Modell mit den Cloud Services verschiedener Anbieter zu kombinieren. So bewahren Unternehmen ihre Unabhängigkeit und können ihre Software zeitlich unbegrenzt einsetzen. Lizenzen, die sie nicht mehr benötigen, können sie wieder verkaufen und finanzielle Ressourcen freisetzen. Oder sie erwerben selbst gebrauchte Software und sparen damit erhebliche Kosten. Auch aktuelle Versionen sind bereits auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich. Ein spezialisierter Händler wie LizenzDirekt wickelt sowohl den An- als auch Verkauf rechtssicher ab. Der Handel mit gebrauchten Lizenzen ist ein europäisches Juwel, das die Machtstrukturen der großen Softwareanbieter aufbricht und Kunden ihre Eigentumsrechte und Grundfreiheiten an der Software sichert.
Andreas E. Thyen,
Präsident des Verwaltungsrats
der LizenzDirekt AG
Illustration: © Roman Samborskyi | Dreamstime.com
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