Chatbots: Wie Unternehmen das neue Kommunikationstool nutzen können

Illustration: Absmeier, Uroburos

Auf Unternehmenswebseiten findet man sie zunehmend: Chatbots, die rund um die Uhr Fragen beantworten und Nutzern helfen sollen. Warum die sorgfältige Vorbereitung und Pflege der Frage-Antwort-Daten so wichtig ist und was Nutzer erwarten.

 

Ein Klick auf die Website, etwas unentschlossenes Scrollen, man versucht, sich zu orientieren – Plopp, da ist es: Ein freundliches, kleines Robotergesicht fragt, ob es helfen kann. Es könnte ebenso gut eine Chatbox, ein Avatar oder ein anderes Icon sein, dahinter steckt in jedem Fall ein Chatbot. Immer mehr Unternehmen nutzen die praktischen, textbasierten Dialogsysteme sowohl extern, im Austausch mit Kunden, Lieferanten oder Bewerbern, als auch intern. Chat-Applikationen eignen sich unter anderem, um Antworten auf häufig wiederkehrende Fragen zu geben oder durch Prozesse zu führen. Ihr großer Vorteil: Sie sind durchgehend erreichbar. Nutzer finden so zu jeder Zeit Unterstützung, gleichzeitig werden die Mitarbeitenden in der Kundenbetreuung oder im Recruiting entlastet.

 

Chatbots sind keine Alleinunterhalter

Einsatzgebiet und Ziele eines Chatbots sind zunächst klar zu definieren: Welche Fragen können über die Dialogführung gut beantwortet werden und wann braucht es die Rückkopplung zu anderen Kanälen wie Telefonkontakt oder E-Mail? Entlastung von Routineanfragen bedeutet nämlich nicht, diese Kanäle vollständig zu ersetzen. Chatbots sind vielmehr als zusätzlicher Kommunikationskanal zu sehen. Tatsächlich erreicht man über diesen neuen Kanal oft auch Nutzer, für die ein Anruf oder eine E-Mail-Konversation eine Hürde bedeuten und die sonst eher »abspringen« würden. Eine Chat-Option wird als leichter und unverbindlich empfunden, der informelle Stil entspricht auch mehr den Kommunikationsgewohnheiten gerade der jüngeren Interessenten. Auf Karriereseiten, zur Information über Ausbildung oder Berufseinstieg, lässt sich ein Chatbot daher gut einsetzen.

 

Ein Chatbot ist immer so gut wie die Qualität seiner Antworten

Wenn das Einsatzgebiet klar ist, kann es an die inhaltliche Ausgestaltung gehen. Die wichtigste Grundlage für einen guten Chatbot ist die Wissensdatenbank, die als Frage-Antwort-Katalog hinterlegt wird.

Die erste Frage ergibt sich aus dem Scope, dem geplanten Einsatzbereich. Ein Chatbot muss »wissen«, was er kann – und was nicht. Basis für die weiteren Fragen sind dann die bisherigen Erfahrungen; darauf beschränken sollte man sich aber nicht. Besser: sich in die Lage der Nutzer zu versetzen; welche Fragen bewegen zum Beispiel Schüler, die einen Ausbildungsplatz suchen?

Die Antworten sollten klar und umfassend, aber nicht zu lang ausfallen. So könnte der Bot bei komplexeren Themen zunächst eine Rückfrage stellen oder Auswahlmöglichkeiten anbieten.

Damit es sich für die Nutzer tatsächlich wie eine Chatkommunikation anfühlt, sind Sprachstil und Formulierungen sehr wichtig. Die Antworten sollten an die natürliche Sprache angelehnt sein. Unbearbeitete Auszüge aus Imagebroschüren eignen sich daher in der Regel nicht für die Antwortbasis. Die Sorgfalt, die Unternehmen an dieser Stelle investieren, zahlt sich am Ende aus. Nutzer mögen es auch, wenn Chatbots etwas »menschlich« wirken. Obwohl klar ist, dass es sich dabei um ein technisches System handelt, kommen Witz und Charme, Charakter und ein gewisser eigener Stil gut an. Auch in der Programmierung stellt man sich auf diese Erwartungen ein, indem zum Beispiel die Antwort nicht prompt, sondern leicht zeitversetzt gesendet wird, während die Grafik signalisiert, dass der Bot schreibt.

Chatbots können aber nicht nur auf die Textbasis zugreifen, sie sind auch gut mit verschiedenen anderen Anwendungen zu verknüpfen wie Videos, Links, Web-Formulare oder Applikationen. Mit einer gut durchdachten Einbindung solcher zusätzlichen Komponenten lässt sich das Nutzererlebnis weiter optimieren.

 

Chatbots bauen ist nicht schwer – braucht aber Erfahrung

Mit der technischen Umsetzung müssen Unternehmen nicht bei Null beginnen. Große Cloudanbieter wie Amazon oder Microsoft stellen alle nötigen Frameworks und Tools bereit, die dann zur gewünschten Chatbot-Anwendung kombiniert werden können. Im Fall von Microsoft Azure wären das etwa ein QnA-Maker zur Erstellung der Frage-Antwort-Datenbank, Bot Services sowie entsprechende Web-Applikationen für die Darstellung des Bots. Mithilfe von Language Understanding Intelligent Service (LUIS) ist der Bot in der Lage, natürliche Sprache besser zu verstehen und darauf einzugehen. Bei Bedarf können auch weitere Funktionen wie ein Übersetzer, Funktionen für Sprachausgabe oder Suchfunktionen eingebunden werden. Welcher Anbieter und welche Funktionen gewählt werden, ist nach den konkreten Anforderungen zu entscheiden.

Für diese Auswahlentscheidung wie auch für die zügige Umsetzung des Projekts, ist Erfahrung von Vorteil. Wenn Unternehmen erstmals Chatbots einsetzen, fehlt es zum Teil an Expertise, häufig auch an Zeit und Ressourcen. In diesem Fall können externe Dienstleister, wie die direkt gruppe unterstützen, die über entsprechende Projekterfahrung verfügen und Best Practices anwenden. Das gilt auch für die Einhaltung der Datenschutzvorgaben. Es kommt dabei nicht nur auf den Standort der Cloudserver und die dort geltenden Bestimmungen an, sondern auch auf die Art des Datenzugriffs. Oft genügen Lesezugriffe und es müssen gar keine (sensiblen) Daten übertragen werden. Erfahrene Dienstleister können auch dazu beraten und eine geeignete Lösung finden.

 

Ein Chatbot lernt nie aus

Nach Testläufen, Anpassungen und Verbesserungen folgt der Einsatz: Nutzerfragen live und in Echtzeit. Im Hintergrund sucht der Chatbot-Algorithmus jeweils die Antwort, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit passt. Basierend auf vorhergehenden Transaktionen wird der jeweilige Antwort-Score errechnet.

Nun lassen sich auch bei sehr sorgfältiger Ausarbeitung des Frage-Antwort-Katalogs nie alle tatsächlich gestellten Fragen im Wortlaut voraussagen, auch inhaltlich können sich neue Aspekte ergeben. Durch den Einsatz von Automatismen kann man die Ergebnisse weiter verfeinern:

  • indem Nutzer aus mehreren möglichen Antworten die jeweils passende wählen können oder
  • indem um eine Bewertung gebeten wird, ob die Antwort hilfreich war.

Um die Treffergenauigkeit weiter zu verbessern, sollten aber trotzdem und gerade zu Beginn auch die Möglichkeiten der manuellen Bearbeitung genutzt werden, die das Bot-Framework bietet – eine Art Personal Training für den Chatbot. Über die Auswertungsfunktionen der Webbot-Services lassen sich alle Fragen und Antworten einschließlich der vom System berechneten Antwort-Scores einsehen. Passt nach Ermessen des Projektteams eine andere Antwort besser, so lässt sich das nachträglich eintragen. Der Bot »lernt« so für künftige Konversationen, welche Antwort geeigneter ist. Ebenso können Fragen und Antworten fortlaufend ergänzt und verändert werden.

 

Fazit

Mit klarem Fokus, sorgfältiger Vorbereitung und Pflege der Datenbasis lassen sich Chatbots generieren, die Mitarbeitende in Unternehmen entlasten und gleichzeitig Anwender durch optimales Nutzererlebnis überzeugen, im besten Fall sogar begeistern.

 

Daniel Romanowski, solutions direkt AG

 

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