Die Talentlücke: KI- und Cybersecurity-Kompetenzen bei europäischen Banken gefragt

Illustration Absmeier foto freepik

Europäische Banken erkennen zunehmend das Potenzial der künstlichen Intelligenz (KI), um die betriebliche Effizienz zu steigern und das Kundenerlebnis zu verbessern. Technologiebudgets für KI wachsen auf 29 Prozent an – ein signifikanter Zuwachs von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal. Dies zeigt, dass europäische Banken eine Vielzahl innovativer Anwendungsszenarien austesten.

 

Die Institute setzen KI nicht nur zunehmend ein, um die betriebliche Effizienz zu steigern, sondern auch, um den Kundenservice zu verbessern, Cyberkriminalität zu bekämpfen und aufzudecken – eine Priorität für europäische Banken im Kampf gegen die zunehmende Finanzkriminalität. Die europäische Bank Bunq nutzt beispielsweise generative KI, um Betrug zu erkennen und Geldwäsche zu verhindern. Herkömmliche regelbasierte Systeme, die Finanzkriminalität überprüfen, führen zu einer hohen Anzahl an Fehlalarmen. Sie sind außerdem schwerfällig und nicht skalierbar. Das KI-gestützte Transaktionsüberwachungssystem von Bunq reduziert die Zahl der Fehlalarme um das 2,5-fache im Vergleich zu herkömmlichen regelbasierten Systemen. Solche KI-Anwendungen analysieren große Mengen an Transaktionsdaten in Echtzeit, identifizieren verdächtige Aktivitäten und verhindern betrügerische Transaktionen. Dadurch wird das Ergebnis der Bank geschützt und das Vertrauen der Kunden gestärkt – eine wesentliche Komponente im heutigen wettbewerbsorientierten Bankenumfeld.

Darüber hinaus wird generative KI im Kundenservice eingesetzt, um Routineanfragen zu bearbeiten, so dass sich die menschlichen Mitarbeiter auf komplexere Aufgaben konzentrieren können. Doch während europäische Banken Fortschritte bei der Einführung von KI machen, müssen sie das Potenzial generativer KI im Vergleich zu ihren globalen Konkurrenten noch ausschöpfen. Viele europäische Banken haben Schwierigkeiten, ihre KI-Investitionen in einen sinnvollen geschäftlichen Wert zu übersetzen. Der Grund dafür ist oftmals, dass es an einer klaren Strategie fehlt. Auch verfügen Unternehmen häufig nicht über die die richtigen Mitarbeiter für die effektive Implementierung dieser Technologien.

 

Die dunkle Seite von KI: Cybersecurity-Risiken

Während KI erhebliche Vorteile bietet, birgt sie auch neue Risiken. Dazu gehören auch Gefahren für die Cybersicherheit. KI-gesteuerte Cyberangriffe können Schwachstellen schnell erkennen, Angriffe automatisieren und sich in Echtzeit an Abwehrmaßnahmen anpassen. Gegenmaßnahmen sind somit besonders schwierig. Darüber hinaus können finanzielle Verluste erheblich sein – das Centre for Strategic and International Studies schätzt, dass Cyberkriminalität die weltweite Wirtschaft bis 2025 über 10,5 Billionen US-Dollar jährlich kosten könnte.

Cyberkriminelle nutzen KI, um zu anzugreifen, wodurch traditionelle Sicherheitsmaßnahmen unwirksam werden. Laut IWF haben sich die Cyberangriffe seit der Pandemie von 2020 verdoppelt, und der Finanzsektor hat direkte Verluste in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar zu verzeichnen. Die Branche ist in Europa, im Nahen Osten und in Afrika die am dritthäufigsten angegriffene Industrie, wobei die Angriffe immer häufiger werden

 

Die Talentlücke: ein erhebliches Hindernis für den Fortschritt

Obwohl Finanzdienstleistungsunternehmen als Erste KI eingeführt haben, stehen sie vor erheblichen Herausforderungen. Sie verfügen sie oftmals nicht über die notwendigen Fähigkeiten, KI erfolgreich einzuführen – ein deutliches Hindernis für die erfolgreiche Anwendung. Studien zeigen, dass KI und Cybersecurity die schwierigsten Bereiche für europäische Banken sind, um Talente zu rekrutieren.

Ein harter Wettbewerb um Fachkräfte in allen Branchen verschärft diese Talentlücke. Finanzinstitute konkurrieren mit Tech-Unternehmen und Start-ups um den gleichen Talentpool. Dies erschwert es Banken zunehmend, qualifizierte Ressourcen anzuziehen und zu halten. Die Talentlücke ist besonders ausgeprägt hinsichtlich LLM-Experten, was den intensiven Wettbewerb um diese spezialisierten Fähigkeiten widerspiegelt. Banken haben Schwierigkeiten, KI-Lösungen, ohne die richtigen Talente zu implementieren und zu optimieren. Das Ergebnis: Sie sind weniger innovativ und wettbewerbsfähig.

 

Talentlücke durch Weiterqualifizierung, Schulung und Partnerschaften überbrücken

Um die Qualifikationslücke zu schließen, müssen europäische Banken Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen priorisieren, die bestehende Mitarbeiter stärken und ausbilden. Dies unterstützt Banken dabei, eine agilere und fähigere Belegschaft aufzubauen, die besser ausgestattet ist, um KI- und Cybersecurity-Technologien zu implementieren und zu verwalten. Ein Nebenprodukt der Ausbildung ist die Loyalität gegenüber der Organisation und eine verbesserte Produktivität. Organisationen, die in kontinuierliche Mitarbeiterschulung und -entwicklung investieren, werden eine deutliche Produktivitätssteigerung erleben

Ein effektiver Ansatz: Weiterbildungsprogramme entwickeln, die sich auf digitale Kompetenzen konzentrieren. Beispielsweise zielt »The Camp« der BBVA darauf ab, die Fähigkeiten der Mitarbeiter auszubauen und sie weiterzubilden. Damit tragen sie zur Transformation der Bank bei. Das Lernmodell der Bank bietet den Mitarbeitern kontinuierlichen Zugriff auf die neuesten Schulungsressourcen, sodass sie mit digitalen Fähigkeiten auf dem Stand bleiben können. Die Plattform verwendet Gamification-Techniken, um Wissen über 14 Fähigkeiten zu vermitteln, die für die Bank von strategischer Bedeutung sind.

Neben der internen Ausbildung können Banken auch mit Bildungseinrichtungen und Technologieunternehmen zusammenarbeiten, um spezialisierte Schulungsprogramme zu erstellen, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Bankensektors eingehen. Beispielsweise arbeitet ING mit der niederländischen Universität TU Delft zusammen, um einen Lehrplan zu entwickeln, der sich auf KI und Datenwissenschaft konzentriert. Diese Partnerschaft hilft künftigen Mitarbeitern, sich benötigte Fähigkeiten anzueignen, um im Bankensektor erfolgreich zu sein.

Banken können darüber hinaus mit Technologieunternehmen zusammenarbeiten, um Ideen zu sammeln und Zugang zu den neuesten Tools und Fachkenntnissen zu erhalten. Finanzinstitute mit den richtigen Strategien und Partnern sind in der Lage, bessere Entscheidungen zu treffen, um die Talentlücke zu schließen.

 

Bedarf an Talenten für den künftigen Erfolg

Während europäische Banken erhebliche Fortschritte bei der Einführung von KI- und Cybersecurity-Technologien machen, bleibt der Mangel an qualifizierten Fachkräften eine kritische Herausforderung. Die Banken müssen proaktiv auf den Talentmangel reagieren und ihre Technologieinvestitionen voll ausschöpfen. Schulungen, Weiterbildungen und strategische Partnerschaften können Banken dabei unterstützen, eine fähigere und abwechslungsreichere Belegschaft aufzubauen, die besser ausgestattet ist, um die Komplexität von Innovationen zu bewältigen.

Jay Nair, Executive Vice President, Industry Head, Financial Services & Public Sector, Infosys

 

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