Digitalisierungseffekt: KI – ein Job-Killer?

Das gängige Vorurteil lautet so: Künstliche Intelligenz automatisiert und vernichtet Arbeitsplätze. Warum das so nicht stimmt, verrät ein Blick aufs Kundengeschäft.

»Video Killed the Radio Star« sangen die Buggles 1979. Zwei Jahre später lief der Song als erster Clip auf MTV. Der ironische Abgesang auf die künstlerische Kreativität in einer kalten Plastikwelt läutete eine spannende Umwälzung in der Popkultur ein. Schon damals galt: Gute Ideen bleiben nicht auf der Strecke, sondern lassen sich mit neuer Technik besser durchsetzen. Das trifft heute vor allem auf künstliche Intelligenz (KI) zu. Mit ihr ist das Versprechen verbunden, Aufgaben und Prozesse automatisieren zu können, die der Mensch bisher selbst bewältigen muss. Und das oft im mühseligen Abarbeiten von Routinen, die in irgendeiner Form in jeder Branche anfallen. Wäre da nicht die Schattenseite, wonach KI Arbeitsplätze vernichtet. Doch wie sieht es auf dem Arbeitsmarkt wirklich aus? Gibt es Hinweise, die dieses Vorurteil bestätigen?

Gerade der Fachkräftemangel wird Deutschland noch länger in Atem halten, weil die Wirtschaft wächst. Das führte nach einer Studie des Beratungsunternehmens EY 2018 zu fast 580.000 neuen Arbeitsplätzen und einer Arbeitslosenquote von 5,3 Prozent (Januar 2019). Für dieses Jahr prognostizieren die Berater 440.000 zusätzliche Stellen. Der Aufschwung verliert zwar an Kraft, aber die Digitalisierung hat kurzfristig keine Massenentlassungen zur Folge.

Zweifellos wird KI die Entwicklung zu noch mehr Digitalem und Automatisierung kräftig anschieben. Wie viele Jobs dadurch innerhalb der nächsten zehn Jahren wegfallen oder Arbeitnehmer ersetzt werden könnten, bleibt ungewiss. Was jetzt aber schon sicher ist: Automatisierung kann Mitarbeitern dabei helfen, monotone Aufgaben abzugeben und dabei effektiver bei ihren Aufgaben zu werden. Fest steht auch, dass wir uns auf die Veränderungen einstellen müssen. Wie? Nehmen wir den Kundenservice als Beispiel: KI automatisiert dort bereits kräftig. Sie unterstützt Unternehmen dabei, Kunden effizienter zu betreuen, gleichzeitig Kosten zu senken und Fachkräfte zu entlasten.

 

Vorausschauend agieren

Ein Online-Shop verliert durchschnittlich über 75 Prozent seines Umsatzes, indem Kunden den Warenkorbinhalt doch nicht kaufen. Unternehmen, die KI verwenden, können die gesammelten Daten analysieren und dazu nutzen, den Schwund im Warenkorb zu verringern und die Shop-Besucher in Echtzeit sowie auf personalisierte Weise anzusprechen. Zum Beispiel kann KI im Voraus berechnen, auf welche Art, zu welchem Zeitpunkt und mit wem eine Kontaktaufnahme sinnvoll ist. Diese Erkenntnisse helfen Unternehmen dabei, mit proaktiven Chats, Rückrufen oder Angebotsvorschlägen zum richtigen Zeitpunkt effektiv gegenzusteuern. So profitieren sowohl die Unternehmen als auch die Kunden: Die Shop-Betreiber lenken die Besucher ihrer Website zur gewünschten Aktion und verbessern die Service-Erfahrung der Kunden. Die Konsumenten erhalten genau im richtigen Moment die Unterstützung, die sie brauchen.

 

KI am Arbeitsplatz

Aber was ist mit den Mitarbeitern? Auch hier ist der Kundenservice ein gutes Beispiel. Contact Center haben eine der höchsten Fluktuationsraten überhaupt. KI kann hier zwar viele einzelne, alltägliche Arbeitsschritte übernehmen, ersetzt aber nicht die Mitarbeiter.

Nutzer-orientierte KI-Werkzeuge können den stressigen Contact-Center-Alltag abmildern und gleichzeitig dazu beitragen, Kundenwünsche und Unternehmensziele zu erfüllen. Beispielsweise erhalten die Mitarbeiter einen sofortigen Überblick über Kundentransaktionen und die Gesprächshistorie, so dass sie Fragen des Kunden schneller beantworten können. Natural-Language-Processing-Systeme, die darauf trainiert sind, gesprochene Schlüsselwörter zu erkennen, können nützliche Anweisungen oder Notizen für Agenten bereitstellen. So müssen diese sie nicht mehr manuell in Anwendungen, Berichten oder Datensätzen suchen, während sie parallel mit dem Kunden kommunizieren. Dazu kommen virtualisierte Trainingssysteme, die Mitarbeiter selbstständig nutzen, um ihr Wissen aufzufrischen oder neue Fähigkeiten zu erwerben.

Sicherlich übernehmen Bots immer mehr wiederkehrende und triviale Aufgaben. Der Bedarf an Intuition, Empathie, gesundem Menschenverstand sowie Problemlösungskompetenz bleibt gleichzeitig jedoch bestehen. Genauso wie der Wunsch des Kunden an einem bestimmten Punkt des Gesprächs mit einer realen Person zu sprechen.

 

Gemeinsam besser werden

Unsere Erfahrung zeigt: Nutzen Agenten die neuen Technologien, trägt das nicht nur zur Zufriedenheit der Kunden, sondern auch der Agenten selbst bei. Sie machen das Arbeiten angenehmer. Es liegt jedoch in der Verantwortung von Arbeitgebern und Technologieanbietern wie Genesys, die neuen Systeme so intuitiv wie möglich zu gestalten, damit die Mitarbeiter zu »Superagenten« werden können.

Die Anforderungen an Agenten ändern sich. Klar definierte, sich wiederholende Aufgaben werden zunehmend automatisiert. Dadurch verschiebt sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Agenten hin zu komplexen und höherwertigen Aufgaben. Fähigkeiten wie emotionale Intelligenz, Problemlösungskompetenz und Datenanalysekenntnisse gewinnen an Bedeutung. Bots stoßen an Grenzen, die der Mensch mit Leichtigkeit meistert: Der Superagent kann sowohl auf die praktischen als auch auf die emotionalen Bedürfnisse des Kunden eingehen, während er nahtlos mit seinen KI-Kollegen zusammenarbeitet.

KI wird für Contact-Center-Mitarbeiter bald genauso unerlässlich für herausragenden Kundenservice sein wie der Taschenrechner für den Buchhalter. Dieser Ansatz – gute Ideen mit KI umzusetzen – passt nicht zum Jobkiller-Image, das KI gerne zugeschrieben wird. Andere Branchen dürfen ihn gerne nachahmen.

Heinrich Welter, General Manager DACH bei Genesys

Foto: Pixabay

 

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