- Erwartungen an KI-Fähigkeiten haben sich binnen eines Jahres drastisch verändert.
- Gen Z nutzt KI doppelt so intensiv wie Freelancer der Boomer-Generation.
- Early Adopter enttäuscht von KI-Fähigkeiten bei Sicherheit und Krisenprävention.
Wer als Selbstständige oder Selbstständiger mittel- und langfristig erfolgreich bleiben will, braucht Fachwissen im KI-Bereich: Davon sind laut Freelancer-Kompass 2024 gut 76 Prozent der Freiberuflerinnen und Freiberufler überzeugt. Für die größte Freelancing-Studie im deutschsprachigen Raum befragte die Projektplattform freelancermap zum neunten Mal in Folge mehr als 3.000 Freischaffende. Allerdings greifen nicht einmal sechs von zehn Befragten selbst auf entsprechende Tools zurück: Ein Blick auf die Einsatzfelder zeigt, wo künstliche Intelligenz die Nutzererwartungen nicht erfüllt.
»Freelancer sind Early Adopter, wenn es um neue Technologien geht«, betont Thomas Maas, CEO der Projektplattform freelancermap und Herausgeber der Studie. Das belegt ein historischer Vergleich der Kompass-Befragungen: 2022, also nur wenige Wochen nach dem Release von ChatGPT, waren bereits knapp zwei Drittel der Befragten überzeugt, die KI werde künftig an Bedeutung zunehmen. 2023 lag die Zustimmung zu dieser Aussage bereits bei 78 Prozent. Und 2024 sehen 76 Prozent der Freischaffenden in KI-Expertise eine Schlüsselqualifikation für ihren künftigen Erfolg. Überraschend vor diesem Hintergrund: Derzeit setzen nur knapp 58 Prozent der Befragten entsprechende Tools in ihrer täglichen Arbeit ein – das ist sogar ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr.
Gen Z liebt die KI
Das könnte zum Teil an der hohen Diskrepanz zwischen KI-Affinität und Lebensalter liegen: Der Freelancer-Kompass 2024 zeigt, dass jüngere Freelancer KI-Tools weit intensiver nutzen als ältere. In der Generation Z liegt der Anteil der Befragten, die ihre Arbeit mit KI-Unterstützung erledigen, bei 78 Prozent. In der Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahren setzen 69 Prozent KI-Tools ein, zwischen 40 und 49 Jahren sind es noch 62 Prozent. Bei Freelancern in den 50ern sind die KI-Anwender mit 45 Prozent bereits in der Minderheit, und ihr Anteil nimmt zwischen 60 und 69 Jahren auf 39 Prozent ab. Über 70 setzt nur noch jeder Vierte KI-Tools ein.
Das ist nur ein Anfang, findet Stephanie Verch, Beraterin für digitale Transformation und Kommunikation, denn die KI-getriebene Transformation wird in hohem Tempo weitergehen: »Wer die Digitalisierung schon als schnell empfindet, erlebt das jetzt mit Faktor zehn: Ich denke, bis Ende des Jahrzehnts werden repetitive Jobs durch die KI ersetzt.« Auch der Arbeits- und Organisationspsychologe Prof. Dr. Hannes Zacher ist sicher: »Was rationalisiert werden kann, wird rationalisiert werden – da sollten wir uns nichts vormachen.« Es gebe aber Bereiche, etwa bei der Bearbeitung komplexer Probleme, »da ist uns die KI unterlegen«, so Zacher. Und auch Verch hält Angst vor der KI für den falschen Reflex. Aber: »Wenn man sich nicht damit beschäftigt, kann man nicht Teil der Lösung sein.«
Wo KI im Praxistest enttäuscht – und begeistert
Womöglich ist manche Zurückhaltung beim Einsatz künstlicher Intelligenz aber gar nicht mangelnder Aufgeschlossenheit zuzuschreiben. Ein Blick auf die Einsatzbereiche, in denen KI-Tools als nützlich empfunden werden, zeigt: Die Zukunftstechnologie hat für manche Anwendungsfälle schlicht den Praxistest nicht bestanden. Erwarteten 2023 noch über 40 Prozent der Freelancer, dass die KI ihnen bei der Automatisierung von Prozessen helfen würde, sind es 2024 nur noch 36 Prozent. Bei der Optimierung von Entscheidungsprozessen nahm die Zustimmung um 7,4 Prozentpunkte auf 19 Prozent ab. Und das Vertrauen in eine Erhöhung der Sicherheit, etwa durch die KI-gestützte Früherkennung von Krisen, fiel sogar um 10,4 Prozentpunkte auf nur noch fünf Prozent.
Erheblich gewachsenen Zuspruch zeigen dagegen generative KI-Anwendungen: Für die automatisierte Text-, Bild- und Videoerstellung greifen heute 49 Prozent der Befragten auf KI-Tools zurück (plus 15 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr), zur Informationssuche nutzen 54 Prozent KI (ein Plus von 16 Prozentpunkten gegenüber 2023) und 57 Prozent der Freelancer schätzen künstliche Intelligenz als Unterstützung bei Brainstormings (plus 24 Prozentpunkte).
Generative KI ist Freelancers Liebling
Entsprechend zeigt sich eine differenzierte Anwenderstruktur für KI-Tools: Am intensivsten werden sie von Freischaffenden aus den Fachbereichen Marketing und Kommunikation (82 Prozent) sowie Grafik, Content und Medien (73,4 Prozent) eingesetzt, gefolgt von Experten für Entwicklung, Tech und Data (63 Prozent) sowie Beratung und Management (57 Prozent). Am wenigsten hilfreich scheinen KI-Tools für Freiberufler mit SAP-Spezialisierung (34 Prozent) und im Ingenieurwesen (40 Prozent) zu sein. Letztere greifen nur bei der Informationssuche häufiger als andere auf KI-Anwendungen zurück: SAP-Fachleute sind hier mit 64 Prozent führend, vor den Freelancern im Ingenieurwesen (54 Prozent).
»Die Ergebnisse unterstreichen, wie vielfältig die Einsatzbereiche und wie KI-affin Expertinnen und Experten der verschiedensten Disziplinen sind«, resümiert Thomas Maas von freelancermap. »Freischaffende denken unternehmerisch, optimieren ihre Produktivität und setzen dafür auf relevante Anwendungen, die sie bei repetitiven und zeitraubenden Tätigkeiten entlasten.« Damit wirkten Freelancer als Impulsgeber für eine KI-getriebene Transformation unserer Wirtschaft – und schon heute als aktiver Teil der künftigen Lösung.
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NEWS | DIGITALISIERUNG | KÜNSTLICHE INTELLIGENZ | STRATEGIEN
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