Industrie sieht in KI die Zukunft

Illustration Absmeier foto freepik midjourney

78 Prozent der Industrieunternehmen sind überzeugt, dass KI künftig wettbewerbsentscheidend sein wird, gleichzeitig wartet die Hälfte beim KI-Einsatz erst einmal ab. Größtes Potenzial wird beim Energiemanagement und in der Analytik gesehen.

 

Geht es nach der deutschen Industrie, wird künstliche Intelligenz (KI) die Branche nicht nur prägen, sondern maßgeblich über ihre Zukunft entscheiden. 78 Prozent der deutschen Industrieunternehmen sind überzeugt, dass der Einsatz von KI künftig entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sein wird. Für 70 Prozent ist KI sogar die wichtigste Technologie für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie überhaupt. Entsprechend finden 82 Prozent der herstellenden Unternehmen, die deutsche Industrie solle beim Einsatz von KI eine Vorreiterrolle einnehmen. Das sind Ergebnisse einer Befragung des Digitalverbands Bitkom unter 604 Unternehmen, darunter 160 Industrieunternehmen [1].

Was den bisherigen Stand zum Einsatz von KI in der Industrie angeht, sieht die Branche aber durchaus Nachholbedarf: 43 Prozent meinen, die deutsche Industrie laufe Gefahr, die KI-Revolution zu verschlafen. Tatsächlich gibt die Hälfte (53 Prozent) der Industrieunternehmen an, erst einmal abzuwarten, welche Erfahrungen andere beim Einsatz von KI machen. Zum Teil fehlt es dabei aber auch an Know-how: 48 Prozent beklagen, ihnen fehle die Expertise, KI einzubinden. Gleichzeitig fordert die Industrie weniger Bürokratie: 91 Prozent sagen, die Politik solle KI-Innovationen nicht durch Überregulierung ersticken.

»Das enorme Potenzial von KI für die Industrie wird in der Branche zwar erkannt, aber noch längst nicht ausgeschöpft. Wer abwartet, kann keine Vorreiterrolle einnehmen. Wenn die deutsche Industrie weiterhin in der weltweiten Spitzengruppe mitspielen will, muss sie KI schnell und umfassend in ihre Prozesse und Produkte integrieren«, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst anlässlich der Hannover Messe. »Beim Einsatz von KI in der Industrie geht es nicht darum, bei einem Hype dabei zu sein, sondern die Produktion effizienter, nachhaltiger und resilienter zu gestalten.«

Die Industrie sieht dabei ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche für künstliche Intelligenz. Sehr großes oder großes Potenzial erkennen die Industrieunternehmen allem voran im Energie Management (90 Prozent), gefolgt von der Analytik (75 Prozent), also zum Beispiel bei der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintainance) oder der Performance Optimization. 70 Prozent sehen großes oder sehr großes Potenzial für den KI-Einsatz im Lagermanagement, 65 Prozent in der Konfiguration von Maschinen und 61 Prozent in der Robotik. Jeweils 52 Prozent nennen Programmieren beziehungsweise Aufgaben in der Konstruktion als Einsatzfeld für KI. In der Projektplanung oder im technischen Management sind es 49 Prozent und im Qualitätsmanagement 46 Prozent.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten telefonisch befragt, darunter 160 Industrieunternehmen. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 1 bis KW 6 2024 statt. Die Gesamtumfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten: »Bitten sagen Sie mir, inwieweit die folgenden Aussagen zu KI in der Industrie auf Ihr Unternehmen oder Ihrer Meinung nach zutreffen« und »Bitte bewerten Sie das Potenzial von KI in den folgenden Anwendungsbereichen speziell in der Industrie«.

 

Warum zögert die deutsche Industrie bei der Einführung von KI?

Die Zurückhaltung der deutschen Industrie bei der Einführung von künstlicher Intelligenz (KI) ist ein komplexes Phänomen, das verschiedene Dimensionen umfasst. Einerseits wird KI von Unternehmen in Deutschland als zentrale Zukunftstechnologie identifiziert, andererseits gibt es eine Reihe von Herausforderungen, die eine schnelle und flächendeckende Adoption verhindern.

Ein wesentlicher Faktor ist das Grundlagenwissen und das Verständnis für digitale Technologien, das in vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) noch ausbaufähig ist. Eine Analyse deutscher KMUs zeigt, dass ein erheblicher Bedarf an Kompetenzen im Bereich der digitalen Technologien besteht. Dies deutet darauf hin, dass die Bildung einer soliden Wissensbasis eine Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung von KI-Systemen ist.

Darüber hinaus ist die Einführung von KI nicht nur eine technische Herausforderung, sondern erfordert auch eine systematische Veränderung in den Bereichen Mensch, Technik und Organisation. Die drei Säulen einer erfolgreichen KI-Implementierung – Menschen, Technik und Organisation – müssen in Einklang gebracht werden, um das volle Potenzial von KI ausschöpfen zu können. Dies bedeutet, dass neben der technischen Infrastruktur auch die Unternehmenskultur und die Prozesse an die neuen Technologien angepasst werden müssen.

Ein weiterer Aspekt ist die Wahrnehmung von KI in der Öffentlichkeit und in den Medien, die oft von Science-Fiction-Vorstellungen geprägt ist und zu Unsicherheiten führen kann. Dies kann die Akzeptanz und das Verständnis für KI-Lösungen beeinträchtigen und somit die Einführung in Unternehmen erschweren.

Zudem zeigt eine aktuelle Erhebung, dass die Integration von KI in deutsche Unternehmen nach wie vor gering ist, wobei Industriebetriebe sich stärker auf die Einführung von KI vorbereiten als Dienstleister oder Handelsunternehmen. Dies könnte auf branchenspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung und Anwendung von KI hinweisen.

Die deutsche Industrie steht also vor der Herausforderung, nicht nur technische und organisatorische Hürden zu überwinden, sondern auch das nötige Wissen und die Akzeptanz für KI zu fördern. Es ist ein Prozess, der Zeit und Engagement erfordert, um die Vorteile von KI vollständig zu realisieren und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt zu sichern.

Genki Absmeier

 

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