Wenn die Weihnachtsglocken in den Dörfern traut und sacht, erklingen sanft zur Welt hienieden, ihr Geläut erklingt mahnend durch die Nacht, ihre Botschaft singt vom ew’gen Frieden.
Wer hätte es sich nicht gewünscht, ein Jahr der Ruhe in all den Stürmen dieser Zeit. Krieg in der Ukraine sowie im Nahen Osten, Erdbeben und Vulkanausbrüche rütteln diesen Planeten mit fatalen Folgen regelrecht durch, Überschwemmungen aller Orts, Frauen und Kinder werden wieder Zielscheibe männlichen Protzgehabes, Antisemitismus und Waffen sind das neue Spielzeug eines zügellosen Teils der Gesellschaft. Das Ergebnis der Klimakonferenz präsentiert sich einmal mehr als Farce und unsere Regierung spielt Ringelrein im Chaos des Weltgeschehens und zerbricht am Ende daran. Sie duelliert sich in ihrem selbst erschaffenen Drama-Dreieck ohne Rückgrat. Man verspielt lieber Unmengen an Gelder im Zoff der Überforderung und gefühlten Ahnungslosigkeit; und damit das Vertrauen der Bevölkerung, die einmal mehr aufkommen muss, um Schadenbegrenzung ihrer Entscheidungs- und Gesetzgeber zu betreiben. Nur dass es diesmal nicht mehr passt. Die Ampel ist ausgefallen.
Der anhaltend rasante Anstieg sämtlicher Kosten des Alltags beschäftigt ebenso, wie das Déjà-vu der USA-Wahl und seiner politischen und wirtschaftlichen Folgen. In Deutschland wird wie so oft über Sinn und Zweck von eigentlich Allem diskutiert, vieles, vielleicht zu vieles infrage gestellt, zugleich scheint jeder jeden zu missionieren. Verschwörungs-Apostel haben jedenfalls Hochkonjunktur. So gesehen hat sich gar nicht so viel getan, nur dass wir vorzeitig zur Wahlurne schreiten werden.
War das am Ende im Aluhutland alles Wirklichkeit oder doch nur ein Hologramm erzeugt von künstlicher Intelligenz?
Es steht viel auf dem Spiel. Dieses Jahr spiegelt uns unsere Verletzlichkeit und ein Stückchen weit auch Hilflosigkeit. Uns wird bewusst, was auf dem Spiel steht. Die Gesundheit, das Leben, die Wirtschaft, der Frieden, die Freiheit, die Demokratie. Unser kleiner Mikrokosmos droht zu zerplatzen. Wir erheben uns über andere, beginnen zu moralisieren und demoralisieren unsere Mitmenschen. Das Prinzip des Austarierens muss jedem emotionalem Urteil vorausgehen. Und genau von Diesem lassen wir uns viel zu oft leiten.
Wir leben in einer Zeit, in der die Risiken verwaltet werden müssen. Wir leben in einer Zeit, in der vernünftige, sinnstiftende Dialoge fehlen. Selbstsucht, Macht, Hass, Gier, Zynismus, Sarkasmus, Ironie und eine gehörige Portion Blenderkunst prägen den Diskurs. Unsere Vorstellung von Eigentum fördert Ellbogenmentalität und eine Drei-Klassen-Gesellschaft. In der Folge entsteht eine Entfremdung von dem, was uns als Mensch ausmacht: eine liebenswerte Gemeinschaft, die gelernt hat, richtig zu handeln, um miteinander die Zukunft zu gestalten. Das Ergebnis heute ist gemeinschaftlicher Welt- und Werteverlust. Die weltweite Zerstörung, der weltweite Hass erinnern uns an unser Verhalten, und an die Dringlichkeit, etwas zu verändern. Weltweite Kooperation müssen vor egozentrischer Selbstgefälligkeit stehen.
Wie kann eine neue Form der Solidarität erzeugt werden, ohne die natürlichen Kreisläufe zu zerstören? Diese Gesellschaft muss sich aus ihrer Kernillusion ihres Daseins lösen. Nie zuvor wurde so offensichtlich, dass die hochgepriesene Selbstverwirklichung nicht das probate Mittel ist, den Gemeinschaftssinn einer Gesellschaft zu festigen und globale, uns alle betreffenden Probleme zu lösen. Ihre zerstörerischen Mechanismen durch rücksichtslose Ich-Bezogenheit, offenbarten sich im Jahresverlauf zunehmend. Daraus entstanden sind wenig kluge, verklumpte Kollektive, die von unzähligen alternativen Gruppierungen belebt werden. Dieses lebensfremde Agieren, illusioniert das vermeintliche Wir-Gefühl.
Das Wir in den Vordergrund rücken. Wenn die Menschheit eine Perspektive auf Erden sucht, muss die Gemeinschaft, das Kollektiv, wieder in den Vordergrund rücken. Das neue WIR, darf nicht zwischen den Menschen stehen, sondern muss ein verbindendes Glied werden, um sich einzubetten im Gesamtgefüge der Natur. Wir alle müssen umdenken, die Reformation wagen. Politik muss den Menschen dienen, das Leben fördern. Wir alle müssen verstehen, wie essenziell in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft, Nachsicht, Verzeihen, Liebe, Mitgefühl und gegenseitige Toleranz sind.
Diese stürmische Zeit zeigt uns, wie tief verwurzelt wir alle im Anderen sind. Wir sind in jedem Atemzug miteinander verbunden; jeder Einzelne kann durch sein Verhalten dazu beitragen, die Existenz des anderen und seine Bedürfnisse zu erkennen und zu respektieren. Unser aller Vielfalt an Erfahrung muss zur Vernunft führen, Werte der Aufklärung müssen neu definiert werden. Bei allen individuellen Überzeugungen, dürfen wir nicht übersehen, das Aufklärung immer dem Wandel der Zeit unterliegt. Sowohl der Selbstoptimierungswahn als auch die Angleichung im Bestreben nach Macht und Erfolg, haben dazu geführt, dass nurmehr die Menschen selbst, im Wettbewerb zueinander leben.
Was wir brauchen, ist eine neue Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die Schluss macht, mit Illusionen und Schicksalhaftigkeit. Wir brauchen eine Generation, die das Selbstbewusstsein hat, zu gestalten. Next Generation EU braucht Forscher und Entdecker, Abenteurer, die mutig neue, nachhaltige Wege erschließen, ohne dabei zerstörerischer Selbstillusion und verquaster Ideologie zu erliegen. Unser aller Leben ist ein offenes Abenteuer im kontinuierlichen Wechselspiel mit Anderen. Es gibt kein Patent auf individuelles Leben. In der Offenheit unserer Existenz muss sich jeder selbst finden und im Kollektiv seinen Platz. Die liebevolle und vertraute Zuwendung zu unseren Mitmenschen, war noch nie so bedeutungsvoll, wie heute.
Das Album des Jahres 2024 schließt sich. Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. In diesem von Kampf und Korruption, von Veränderung und Revolte und einer uns alle einholenden Realität der Rekalibrierung der Normalität geprägtes Jahr, hinterlässt viele Fragen. Dieses Jahr hat gesetzte Ziele verfehlen lassen. Dieses Jahr war ein schicksalhaftes Jahr für unzählige Opfer von Kriegen und Naturkatastrophen, das Tränen und Leere hinterlässt. Dieses Jahr hat uns auf die Geduldsprobe gestellt. Dieses Jahr hat uns im Besonderen aber die Verwundbarkeit unserer Seelen vorgeführt.
Die Rückschau auf dieses eigenwillige Jahr 2024 lässt uns gleichermaßen mit Sorge und Hoffnung in das Nächste blicken. Ein Jahr, das uns Demut lehren sollte. Ein Jahr, das uns alle zum Nachdenken und Handeln im Sinne einer kollektiven Gemeinschaft auffordert.
Auch dieses Jahr lädt uns dazu ein, Revue passieren zu lassen. Vielleicht ein wenig genauer hinzuschauen, sich selbst zu hinterfragen, zu lernen, über seinen eigenen Schatten zu springen, nicht alle Fehler beim Nächsten zu suchen und den Moment der Dankbarkeit zu erkennen. Die Hand dort zu reichen, wo Irritationen und Unsicherheiten entstanden sind und wir sie möglicherweise verweigert haben.
Hände vermögen Brücken zu bauen. Nutzen wir diese, um den tragenden Wert des Lebens, des Friedens, der Freiheit und der alles nährenden Liebe wieder zu entdecken. Erinnern wir uns daran, auf jeden der lacht, kommt einer der weint. Das war mein Blick auf diese Welt.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen, die mich in diesem Jahr begleitet, unterstützt, ihre Treue gehalten und mir im Besonderen ihr Vertrauen auf neuen Pfaden geschenkt haben. Tragen wir den Zauber und Glanz der Weihnacht in das Jahr 2025 hinein und darüber hinaus in unseren Herzen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Ihre Gabi C. Stratmann
Gabi Claudia Stratmann,
Business-Philosophin,
Gesellschaftstheoretikerin,
Autorin
Illustrationen: © Yana Lysenko, knstart, Makc76 | Dreamstime.com
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