KI für nachhaltige Entwicklung

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Künstliche Intelligenz gilt als Hebel, um komplexe Probleme schneller zu verstehen. Ein Bedarf dafür besteht auch im Bereich der Entwicklung von Nachhaltigkeit, wo es gilt Trends vorherzusagen und Systeme effizienter zu steuern: von Energie und Wasser über Gesundheitsversorgung bis hin zu Bildung.

In der bislang größten Überblicksstudie überhaupt hat nun ein internationales Forschungsteam den Einsatz von KI in diesem Bereich untersucht. Das Ergebnis: Der rasante methodische Fortschritt wird bislang noch selten mit tiefer Nachhaltigkeitsexpertise verbunden. In einzelnen Nachhaltigkeitsbereichen fehlt die Einbindung von KI außerdem weitgehend. Die Forschenden sehen daher Potenziale für die Verbindung von Nachhaltigkeit mit Künstlicher Intelligenz.

 

Ein internationales Forschungsteam hat in der renommierten Fachzeitschrift Nature Sustainability die bislang umfassendste Analyse zu Anwendungen künstlicher Intelligenz in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung veröffentlicht. Ausgewertet wurden dafür rund 800 wissenschaftliche Publikationen, die künstliche Intelligenz mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) verknüpfen.

Teil des Teams ist Prof. Dr. John-Oliver Engler, Professor für Bioökonomie und Ressourceneffizienz und stv. Vorsitzender des VISTRA-Instituts an der Universität Vechta. Er stellt fest:

»Die Studie offenbart beispielsweise, dass der rasante methodische Fortschritt bislang noch selten mit tiefer Nachhaltigkeitsexpertise verbunden wird. Genau diese Verbindung ist aber entscheidend, damit KI-Erkenntnisse belastbar, übertragbar und gesellschaftlich verantwortlich in Politik, Verwaltung und Wirtschaft ankommen.«

 

Fünf zentrale Ergebnisse der Studie

Die bisher größte Studie dieser Art ordnet das Themenfeld entlang zweier Achsen: von Natur- bis Geisteswissenschaften sowie von ökonomischem zu sozio-ökologischem Fokus. Dabei stellt sie dar, in welchen Bereichen KI bereits für die Entwicklung genutzt wird und wo dies ausbleibt.

Insgesamt macht die Analyse fünf Trends besonders deutlich, die ein genaueres Bild des Themenfelds zeichnen.

Erstens lässt sich das Feld in acht dominante Themencluster gliedern:

  1. Gesundheit
  2. Vegetation
  3. Forecasting (Prognoseverfahren)
  4. Wasser
  5. Fernerkundung (Erkundung der Erdoberfläche mithilfe von Satelliten)
  6. Saubere Energie
  7. Industrie
  8. Bildung

Zweitens ist demnach festzustellen, dass die Dynamik der Publikationen, die SDGs in Verbindung mit KI behandeln, stark zugenommen hat: Seit 2019 mit gerade knapp 50 Publikationen hat sich deren Zahl vervielfacht; 2022 und 2023 erschienen jeweils über 200 Arbeiten.

Drittens dominieren in der KI-Anwendung methodisch »Deep Learning« und »Supervised Learning«, also Teilbereiche des maschinellen Lernens, für die Computerprogramme der Struktur des menschlichen Gehirns nachgebildet werden. Diese können mit hoher Abstraktion arbeiten und so bessere Vorhersagen treffen. Methodisch wird KI besonders für Prognosen und Systemoptimierung eingesetzt und häufig mit Datenanalyse und satellitengestützter Fernerkundung kombiniert.

Viertens zeigt sich eine deutliche geografische Konzentration. Dabei stammt ein Großteil der Forschung aus China und den USA, allerdings sind auch Länder wie Iran, Indien sowie Spanien und Italien überraschend stark vertreten.

Fünftens stellen die Forschenden »blinde Flecken« beim Einsatz von KI für nachhaltige Entwicklung fest: Das Nachhaltigkeitsthema »Partnerschaften« (SDG 17) fehlt in der untersuchten Literatur vollständig, »Armut« (SDG 1) und »Geschlechtergleichheit« (SDG 5) sind deutlich unterrepräsentiert. Zudem gibt es nur wenige Publikationen, die fortgeschrittene KI mit einem fundierten Verständnis des modernen Nachhaltigkeitsbegriffs kombinieren.

 

Studie nutzt Hochschulen, Ministerien, Städten

Den Nutzen der Studie sieht Prof. Engler auf mehreren Ebenen: »Förderorganisationen und Universitäten erhalten einen belastbaren Überblick, wo KI heute wirkt und wo Investitionen besonders viel bewirken könnten, etwa bei partnerschaftlicher Umsetzung oder sozialen SDGs.«

Für Städte, Ministerien und Unternehmen wiederum werde sichtbar, in welchen Feldern KI-gestützte Prognosen und Optimierungen Entscheidungen bereits jetzt verbessern, zum Beispiel bei Netzstabilität, Wasserressourcen-Management oder Frühwarnsystemen im Gesundheitsbereich.

Zugleich begründen die Ergebnisse, warum KI-Expert*innen frühzeitig mit Nachhaltigkeits-, Sozial- und Rechtswissenschaftler*innen kooperieren sollten, um Lösungen zu gestalten, die zum einen gut an Lebenswirklichkeiten vor Ort angepasst, zum anderen aber wiederum an möglichst vielen verschiedenen Orten eingesetzt werden können. Hochschulen sollten zudem Curricula nachschärfen, damit Absolvent*innen die Brücke zwischen theoretischen Modellierungen und realem Wandel schlagen können.

 

Handlungsaufforderung an die Politik

KI habe enormes Potenzial für nachhaltige Entwicklung, von präziseren Vorhersagen bis zur effizienteren Steuerung komplexer Systeme, so Engler. Damit dieses Potenzial wirksam werde, seien gezielte Investitionen, starke Partnerschaften über Disziplingrenzen hinweg und klare Leitplanken für verantwortliche Anwendung nötig.

»Das ist eine große Aufgabe«, sagt Prof. Engler, »denn gerade interdisziplinäre Forschung über Bereichsgrenzen hinweg wird noch immer von vielen bürokratischen Hürden erschwert. Die Politik könnte hier entscheidend für Verbesserung sorgen.«

 

Wissenschaft-im-Norden.de: https://www.wissenschaft-im-norden.de/

 

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