Wie die KI als Personal Shopper für ultrapersonalisierte Kauferlebnisse sorgt – Retail der Zukunft

Ein positives Kundenerlebnis ist in vielen Branchen ein entscheidender Faktor, im Retail ist es der wichtigste Wettbewerbsvorteil – mit künstlicher Intelligenz und Ultra-Personalisierung bekommt die Customer Experience einen ganz neuen Stellenwert.

Rezensionen auswerten, Preise und Produkteigenschaften vergleichen, konkrete Empfehlungen aussprechen, automatisiert einkaufen – all das wird künstliche Intelligenz in Zukunft übernehmen. Die Technologie ist in der Lage, das Kauferlebnis auf ein neues Level zu heben. Damit trägt sie einerseits zur Zufriedenheit bei und erhöht andererseits Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen können gezielter mit Kundinnen und Kunden interagieren, sie besser verstehen, Bedürfnisse vorhersehen und in Echtzeit erfüllen.

Verbesserungspotenzial beim Einkaufen gibt es allemal: Viele haben immer weniger Zeit und Lust zu shoppen. Neun von zehn Personen tätigen regelmäßig Fehlkäufe. Mindestens jedes zweite Paket wird bei Bekleidungskäufen im Internet als Retoure an den Händler zurückgeschickt. Da leiden Klima und Geldbeutel gleichermaßen: Zusammengerechnet gehen jährlich knapp neun Milliarden Euro durch Fehlkäufe drauf.

Präziser als menschliche Beratung. Eine aktuelle Studie des Handelsverbands Deutschland zeigt, dass Unternehmen die strategische Bedeutung von KI im Handel erkennen, die breite Umsetzung aber noch Schwierigkeiten bereitet – vielen fehlen sinnvolle Anwendungsbeispiele. Der Reifegrad entspricht einem niedrigen bis mittleren Entwicklungsstand. Oft wird KI nur isoliert in einzelnen Anwendungsfeldern wie Marketing und Formatentwicklung, IT sowie Logistik, Warendisposition und Supply Chain Management eingesetzt und nicht über Prozessketten hinweg. Besonders verbreitet ist das Generieren von Produktbeschreibungen, das Auswerten von Kundenbewertungen und die Massenprüfung von Daten. Im Vertrieb, um beispielsweise Prozesse zu personalisieren oder eine zielgruppengerechtere Ansprache zu ermöglichen, ist KI eher unterrepräsentiert. Gleiches gilt für Anwendungsfälle wie die Trenderkennung von Kundenbedürfnissen und personalisierte Angebote und Preise. Dadurch bleiben viele Chancen ungenutzt: Prozesse zu automatisieren, durch Analysen neue Erkenntnisse zu gewinnen und genauer zu planen und prognostizieren. Interessant ist auch: Wenn KI-Projekte umgesetzt werden, dann meistens in der Cloud und unterstützt durch einen Software- und Lösungsanbieter.

Ein klassisches Anwendungsbeispiel ist die Suche nach einem neuen Kosmetikprodukt. Laut Befragungen benutzen Konsumenten mehr als sieben verschiedene Produkte am Tag. Bei der großen Auswahl an Kosmetik und Körperpflege geht schnell der Überblick verloren. Es sei denn, es kommen fortschrittliche Algorithmen, generative KI und IoT zum Einsatz. Immer mehr Onlineshops setzen digitale Berater ein, die zum Beispiel anhand von Fragen zu Haarfarbe, Augenfarbe und Teint sowie hochgeladenen Fotos das perfekte Make-up heraussuchen. Auch wer eine Smartwatch oder ein Fitnessarmband trägt, liefert – bewusst oder unbewusst – eine Vielzahl an Sensordaten, die ausgewertet werden können. Diese Daten werden dann mit Kaufgewohnheiten und sozialen Interaktionen in einem Wissensmodell verknüpft. In Sekundenbruchteilen kann das System hochpersonalisierte Produktempfehlungen erstellen – präziser als jeder menschliche Berater. Dieser Ansatz geht weit über klassische Produktempfehlungen hinaus: Er berücksichtigt neben festen Kundendaten auch sich wandelnde Faktoren wie Wetter, Standort oder Tagesverfassung.

Weiterentwicklung zum »Agent Commerce«. In der Vergangen-heit wurden Daten in statischen Datenbanken gespeichert und analysiert. Heute können Unternehmen dank künstlicher Intelligenz Informationen aus mehreren Quellen integrieren und erhalten so in Echtzeit eine vollständige Ansicht der Vorlieben, Verhaltensweisen und emotionalen Erwartungen ihrer Kunden. Die Nutzung von KI führt dazu, dass Marken nicht nur Produkte, sondern ganze Einkaufserlebnisse individuell abgestimmt und nahtlos über verschiedene Kanäle hinweg anbieten können – unabhängig davon, ob sie digital oder physisch mit einer Marke interagieren. Ein Einkauf kann online beginnen und im stationären Handel fortgesetzt werden.

Ein weiteres Beispiel: Ein Kunde möchte auf einer Veranstaltung in der nächsten Woche einen bestimmten Look tragen, den er online entdeckt hat. Wie ein »Personal Shopper« übernimmt die KI die Aufgabe, die Attribute des gewünschten Stils – in Bezug auf Kleidung, Frisur, Accessoires, Make-up – zu identifizieren und dann mittels intelligenter Agenten eine Reihe von Dienstleistungen zu organisieren: den Online-Kauf von Kleidung, die geeignete Beauty-Behandlung, das passende Make-up-Tutorial. Für die Empfehlungen werden Kundenbewertungen und Benutzerpräferenzen, aber auch Budget und Lebensstil hinzugezogen. Im nächsten Schritt übernimmt der Personal Shopper innerhalb festgelegter Bedingungen autonom die Bezahlung. Das alles spart Kunden viel Zeit, sie entdecken neue Produkte und vermeiden Fehlkäufe. Das Ganze funktioniert auch mit Klamotten und Produkten, die sich bereits im Kleiderschrank und Kosmetikbeutel befinden – die KI gibt dann Stylingtipps.

Führende internationale Marken zeigen, wie eine konsequente Ultra-Personalisierung zu einer starken und nachhaltigen Kundenbindungen beiträgt. Im Bereich Konsumgüter und Beauty ist die intelligente Verknüpfung digitaler Lösungen bereits Realität. Onlinekanäle und stationäre Geschäfte werden mithilfe von KI-gestützten Plattformen nahtlos miteinander verbunden, Kunden können direkt mit qualifizierten Verkaufsberatern interagieren. Das Ziel: die Customer Journey menschlicher zu gestalten und gleichzeitig ein durchgehend vernetztes Markenerlebnis zu schaffen. Wichtig dabei ist: Verantwortungsvoll und transparent mit Daten umzugehen. Kunden sollten jederzeit verstehen, inwiefern ihre Informationen zu einem verbesserten Einkaufserlebnisses beitragen. Um dies zu gewährleisten, kommen KI-gestützte Playbooks und intelligente Agenten zum Einsatz – sie ermöglichen eine präzise Steuerung der Datennutzung und schaffen die Grundlage für einen ethischen und kundenfreundlichen Einkauf.

 


Rahul Mahajan,
Global CTO und E-Commerce-Experte
bei Nagarro

 

 

Illustration: © Generative AI | shutterstock.com

 

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