Digitale Services des stationären Handels – Schöne neue hybride Handelswelten

Von der Digitalisierung des Handels profitieren sowohl die Kunden vor Ort als auch im Internet. Der stationäre Handel kann insbesondere mit mehr digitalen Services punkten – es entstehen neue »hybride« Handelswelten.

Für deutsche Wirtschaftsunternehmen ist die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse überlebensnotwendig. Mittelständische Unternehmen müssen sich auf die Digitalisierung einstellen, um in den nächsten Jahren im Wettbewerb bestehen zu können. Diese Erkenntnis hat sich bei 87 Prozent der Unternehmensentscheider in Deutschland durchgesetzt, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V. Ende 2018 befragt hat [1].

Bezüglich der Auswirkungen der Digitalisierung auf ihr Geschäft beschäftigen sich die Handelsunternehmen seit nunmehr einem Jahrzehnt mit zwei zentralen Fragen: Die erste ist, wo potenzielle Kunden zukünftig einkaufen, also online oder offline. Die zweite Frage ist, in welcher Art und Weise die Geschäftsprozesse an die mit der Digitalisierung verbundenen Kundenerwartungen angepasst werden müssen.

Bei der ersten Frage, wo Kunden generell lieber einkaufen, hat der stationäre Handel, Stand Ende 2018, sogar noch knapp die Nase vorne. Dies ergab eine weitere repräsentative Studie unter Verbrauchern, die Ende 2018 ebenfalls im Auftrag des eco Verbandes durchgeführt wurde [2]. Denn nur 43 Prozent der Befragten gaben an, generell lieber im Internet einzukaufen. Rund die Hälfte (49 Prozent) der Deutschen vergleicht jedoch heute die Preise der Ladengeschäfte vor Ort mit denen im Internethandel. Online-Handel und Offline-Handel müssen – und das ist eine entscheidende Erkenntnis – folglich ganzheitlich betrachtet werden. Die bisher oft verfolgte Differenzierung – hier Ladengeschäft, dort Web-Shop – entspricht nicht mehr dem aktuellen Kaufverhalten und den Entscheidungsprozessen von Verbrauchern. Eine wichtige Erkenntnis ist deshalb: Bietet der stationäre Händler wettbewerbsfähige Preise und Lieferbedingungen, dann kaufen 69 Prozent der Deutschen bevorzugt auch dort ein [1].

Chancen des digitalen Wandels aktiv nutzen. Seinen Vorsprung in der Gunst der Verbraucher kann der stationäre Händler sogar noch ausbauen, indem er Online-Funktionen in sein Angebot integriert. Die Darstellung des Warenangebots mit Preisen und Verfügbarkeit auf einer eigenen Website etwa stellt für Verbraucher einen Mehrwert dar. Eine knappe Mehrheit der Deutschen (51 Prozent) wünscht sich deshalb, das Sortiment eines Geschäfts vor Ort auch online ansehen zu können. Aussagekräftige Online-Auftritte brauchen nicht nur einen komfortablen, sondern auch effizienten Produktkatalog mit verbindlichen Informationen zu Preisen und Liefermöglichkeiten, aber auch korrekte Öffnungszeiten, Anfahrt- und Parkmöglichkeiten, Anwesenheit von Fachverkäufern im Ladengeschäft, und anderes mehr. Auch per Chat können Händler Kontaktmöglichkeiten bieten, um den normalen Geschäftsbetrieb zu entlasten. Über solche Lösungen sollten Händler durchaus nachdenken, um den Erstkontakt zu übernehmen und einen qualifizierten Rückruf zuzusagen.

Langfristige Kundenzufriedenheit befördert hingegen eine gesetzliche Vorschrift. Die Ausweitung des Verbraucherschutzes im Fernabsatzgesetz hat sich auf den Online-Handel sehr positiv ausgewirkt. Immerhin 81 Prozent der Käufer betrachten es heute als Vorteil, beim Online-Einkauf die Ware binnen zweier Wochen problemlos zurückschicken zu können. Noch mehr geschätzt (von 83 Prozent der Kunden) wird die Möglichkeit, Preise vieler Anbieter einfach per Internet zu vergleichen. Ob Smartphone und Tablet für mehr Online-Einkäufe sorgen, bewerten die Deutschen hingegen uneinheitlich. Knapp die Hälfte (45 Prozent) stimmt der Aussage zu »Ich finde es bequem, unterwegs online mit Smartphone oder Tablet einzukaufen,« – während fast ebenso viele (46 Prozent) der Aussage nicht zustimmen möchten.

Smart-City-Umsätze wachsen. Eine zusätzliche Chance eröffnet sich für den Handel vor Ort in der kompletten Vernetzung im »Internet der Dinge«: Die Smart-City-Umsätze im Segment Tourismus & Einzelhandel wachsen bis 2022 jährlich um 11,3 Prozent [2]. Digitale Werbeflächen in Form von Digital-Signage-Systemen oder intelligente Verkaufsautomaten, die im IoT (Internet of Things) verbunden sind, bieten hohes Wachstumspotenzial. Drahtlose Beacons auf Bluetooth-Basis ermöglichen eine Nahfeldlokalisierung von Kunden in Geschäften, beispielsweise für personalisierte Angebote direkt aufs Smartphone.

Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen ist dabei erfolgsentscheidend. Unternehmen ist es künftig kaum noch möglich, alle Kompetenzen entlang der digitalen Wertschöpfungskette allein abzudecken. Anbieter aus unterschiedlichen Bereichen müssen also zusammenarbeiten mit dem Ziel, durch strategische Partnerschaften smarte Produkte und Dienstleistungen als Gesamtlösung anzubieten.

Onlineshops haben glückliche Kunden. Kunden schätzen am Online-Handel heute vor allem digitale Entscheidungshilfen wie die Produktbewertungen anderer Kunden (66 Prozent) oder die Tatsache, dass Fehlkäufe 14 Tage lang zurückgesandt werden können (81 Prozent). Auch der Online-Lebensmittelhandel überzeugt immer mehr Kunden. Insbesondere der Vertrieb von Lebensmitteln über das Internet nimmt an Fahrt auf: Fast jeder dritte Deutsche (29 Prozent) hat in den letzten zwölf Monaten Lebensmittel online gekauft. Rund 35 Prozent der Deutschen denken sogar, im Jahr 2025 werden mehr Lebensmittel online eingekauft als in Geschäften vor Ort. Haushalte mit Kindern nutzen heute schon überdurchschnittlich häufig die Möglichkeit, Lebensmittel online zu bestellen.

Fazit. Die vom eco erhobenen bevölkerungsrepräsentativen Zahlen zeigen: Der stationäre Handel muss den Weg der Digitalisierung konsequent weiter gehen, um im Wettbewerb mit dem reinen Online-Handel bestehen zu können. Dazu gehört auch, Kunden mit der Einführung von zusätzlichen digitalen Services oder Mobile Payment am Point of Sales eine verbesserte »hybride« Dienstleistung zu bieten. Das Online-Segment des Handels ist mit Effizienz und Kundenfreundlichkeit, einem zunehmenden Vertrauen der Verbraucher in seine Zuverlässigkeit und im Bereich der Lebensmittel auf einem guten Wachstumskurs.


Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann,
Leiter der Kompetenzgruppe
»E-Commerce« im eco –
Verband der Internetwirtschaft e. V.

 

 

[1] Das hat Ende des Jahres 2018 eine repräsentative Umfrage des Markt- und Meinungsforschungs-Instituts YouGov im Auftrag des eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. ergeben. Die verwendeten Daten beruhen auf einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.037 Personen in Deutschland zwischen dem 23.11.2018 und 26.11.2018 teilnahmen. Alle oben genannten Werte beziehen sich auf diese Stichprobe.
[2] Das ist ein Ergebnis der Studie »Der deutsche Smart-City-Markt 2017-2022« vom eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. und Arthur D. Little

 

Illustration: © Julien Tromeur /shutterstock.com

 

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