Günstige und stabile Strompreise durch Erneuerbare-Energien-Pool

foto freepik

DIW-Studie zeigt Weg zu stabilen und günstigen Strompreisen für private Haushalte und Unternehmen auf – Erneuerbare-Energien-Pool reduziert Volatilität und stärkt Anreize zur flexiblen Stromnachfrage – Auch Finanzierung neuer Windkraft- und Solarprojekte wird erleichtert

 

Auch wenn erneuerbare Energien immer günstiger werden und ihr Anteil am Strommix im Zuge der Energiewende stetig wächst, schwanken Strompreise weiterhin unvorhersehbar. Dies verunsichert private Haushalte sowie Unternehmen und lässt sie Investitionen scheuen. Ein Erneuerbare-Energien-Pool würde zu stabileren und geringeren Stromkosten beitragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Abteilung Klimapolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). »Das Poolkonzept lässt Stromkunden finanziell von der Energiewende profitieren«, so Studienautor Leon Stolle. »Zugleich verbessern sich die Finanzierungsbedingungen für neue Windkraft- und Solarprojekte – sie werden günstiger und können verlässlicher umgesetzt werden.«

 

Bei fossilen Energien drohen weitere Preisschocks

Die Stromerzeugungskosten aus erneuerbaren Energien sind global extrem gefallen – zwischen 2010 und 2022 bei Solarenergie um fast 90, bei Windenergie an Land um 70 und bei Windenergie auf See um 60 Prozent. Obwohl in Deutschland inzwischen mehr als die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren stammt, sorgten in den vergangenen Jahren Preisschocks auf dem Kohle- und Gasmarkt für zeitweise hohe Strompreise. Der Grund: Die Preise am Strommarkt werden durch die teureren fossilen Energien nach oben getrieben (sogenanntes Merit-Order-Prinzip). Wegen anhaltender geopolitischer Unsicherheiten sind die fossilen Energieträger auch in den kommenden Jahren nicht vor Schocks gefeit, was zu anhaltend volatilen Preisen führen dürfte.

»Wenn die Vorteile der erneuerbaren Energien auch bei den Konsumenten ankommen, wird die politische Unterstützung für die Energiewende gestärkt.« Mats Kröger

Eine Lösung bietet den DIW-Wissenschaftlern zufolge der Erneuerbare-Energien-Pool. Das Konzept besteht aus drei Elementen: Zunächst schließen Produzenten erneuerbarer Energien langfristige Verträge mit einer staatlichen Agentur. Diese garantiert ihnen einen festen Abnahmepreis für den erzeugten Strom. Fällt der Marktpreis unter den vereinbarten Preis, wird dem Anlagenbetreiber die Differenz erstattet. Liegt der Marktpreis hingegen über dem Vertragspreis, zahlt der Betreiber der Erneuerbaren-Anlage die überschüssigen Erlöse an die staatliche Agentur zurück.

Die so geschlossenen Verträge werden gebündelt (englisch »Pooling«). Das Pooling erneuerbarer Projekte verschiedener Technologien, unterschiedlicher Standorte und Zeitpunkte der Inbetriebnahme diversifiziert die erneuerbare Stromproduktion und sichert die Kosten der Stromkunden weiter ab.

In einem dritten und entscheidenden Schritt werden die Vertragskonditionen an die Stromkunden in privaten Haushalten und der Wirtschaft übertragen, damit auch sie von hohen und stark volatilen Strompreisen verschont bleiben. Mit dem angepeilten Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland dürfte das Volumen der Verträge im Pool stetig steigen und damit die Preise sinken.

 

Positive Impulse auf dem Weg zur Klimaneutralität

»Günstige und verlässliche Strompreise sind Voraussetzung für die klimaneutrale Transformation«, erläutert Studienautor Mats Kröger. »Über das Poolkonzept kommt der Kostenvorteil der Erneuerbaren außerdem direkt bei den Verbrauchern an. Dies wirkt Ängsten und Verunsicherung entgegen und schafft Akzeptanz für die Energiewende.« Zudem sinkt der Druck auf die Bundesregierung, in Phasen hoher Strompreise mit kurzfristigen Maßnahmen preissenkend in den Markt einzugreifen. Das Ergebnis ist mehr Planungssicherheit: Private Hauseigentümer*innen können etwa den Kauf einer Wärmepumpe besser kalkulieren. Für Unternehmen werden Investitionen in Elektrifizierungsprozesse zur Emissionsminderung besser planbar.

Gleichzeitig setzt der Erneuerbare-Energien-Pool auch Anreize für Stromkunden, ihre Nachfrage flexibel zu gestalten, das heißt, immer dann mehr Strom nachzufragen und zu verbrauchen, wenn die erneuerbaren Energien viel erzeugen. In anderen Zeiten werden gespeicherte Wärme oder dafür vorgehaltene stromintensive Zwischenprodukte genutzt.

»Ein Erneuerbare-Energien-Pool senkt Finanzierungsrisiken und stärkt Anreize für systemfreundliche erneuerbare Technologien und Nachfrageflexibilität.« Karsten Neuhoff

Preislich abgesichert ist im untersuchten Konzept nur der Stromanteil, der über den Pool abgedeckt wird. Darüber hinaus sind die Verbraucher den Preisrisiken der Kurzfristmärkte ausgesetzt. Dadurch wird es für Unternehmen attraktiver, in Speicher von Strom, Wärme oder Zwischenprodukten zu investieren und so ihre Produktion flexibler zu gestalten.

Von der Poollösung profitieren neben den Verbrauchern der DIW-Studie zufolge auch Projektentwickler von Anlagen erneuerbarer Energien. »Ein Erneuerbare-Energien-Pool senkt diese Finanzierungsrisiken und stärkt Anreize für systemfreundliche erneuerbare Technologien und Nachfrageflexibilität«, bilanziert Studienautor Karsten Neuhoff. »So können Stromkosten für alle reduziert werden, ohne dass öffentliche Haushalte belastet werden. Das Konzept sorgt dafür, dass die Energiewende Fahrt aufnimmt.«

 

Studie im DIW Wochenbericht 15/2024

 

374 Artikel zu „Erneuerbare“

Beeinträchtigungen beim Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien

Stetige Herausforderungen wie ein Mangel an Maßnahmen, Finanzierung und Infrastruktur verhindern, dass erneuerbare Energien mit der steigenden Energienachfrage mithalten können, wodurch Treibhausgasemissionen zunehmen – zeigt ein neuer globaler Bericht der Organisation REN21.   Der Fokus muss dringend auf die Voraussetzungen für erneuerbare Energien gelegt werden, wie etwa politische Rahmenbedingungen, Genehmigungsverfahren und Finanzmittel, um den Ambitionen nachzukommen…

Erneuerbare Energien gewinnen angesichts der multiplen Krisen weltweit an Aufmerksamkeit

Die Nutzung erneuerbarer Energien als zuverlässige und erschwingliche Energiequelle nimmt zu, während eine beispiellose Energiekrise die Inflation in die Höhe treibt und den Klimakollaps verschärft.   Das globale Netzwerk für erneuerbare Energien REN21 hat seine jährliche Renewables Global Status Report (GSR) Kollektion für 2023 mit vier neuen Modulen veröffentlicht, die Trends und Chancen für den…

Energiewende mit Offshore-Windkraft: Den Umstieg auf erneuerbare Energien vorantreiben

Das Jahr 2022 war in vielerlei Hinsicht ein Wendepunkt. Wie abhängig Deutschland von Energie aus dem Ausland ist und welche Fallstricke dies birgt, wurde deutlich wie nie zuvor. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Energiebedarf stetig steigt, müssen vor allem grüne Erzeuger weiter ausgebaut werden. Im Bereich der erneuerbaren Energien ist das Potenzial der Offshore-Windkraft…

Weltweit 12,7 Millionen Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien

Neuer Bericht bestätigt steigende Zahl von Arbeitsplätzen im Bereich der Erneuerbaren trotz Mehrfachkrise, fordert gezielte Industriestrategien zur Schaffung stabiler Lieferketten und »guter Arbeitsplätze«.   Die weltweite Beschäftigung im Bereich der erneuerbaren Energien kletterte im vergangenen Jahr auf 12,7 Millionen, was einem sprunghaften Anstieg von 700.000 neuen Arbeitsplätzen innerhalb eines Jahres entspricht – und dies trotz…

Stromerzeugung: Erneuerbare Energie oft günstiger als konventionelle

• Infografik: Erneuerbare Energie oft günstiger als konventionelle | Statista   Strom aus erneuerbaren Energien kann je nach verwendeter Technologie deutlich preiswerter produziert werden als Strom, der in konventionellen Kraftwerken gewonnen wird. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis einer Untersuchung des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (PDF-Download) [1]. Demnach ist Strom aus Gasturbinen und Steinkohlekraftwerke…

European Green Deal: Mit ambitionierten Klimaschutzzielen und erneuerbaren Energien aus der Wirtschaftskrise

Klimaneutralität des European Green Deal und Pariser Klimaschutzabkommen erfordern 65 statt 40 Prozent Emissionsreduktion bis 2030 gegenüber 1990. Zielerreichung bedarf 100 Prozent erneuerbarer Energien, also Verzicht auf Atomenergie, Kohle, Erdgas und Erdöl. Modellrechnungen zeigen hohen Investitionsbedarf für Erneuerbare und Energieeffizienz, aber auch große Einsparungen durch vermiedene Rohstoffimporte. Gelder aus EU-Fonds und Konjunkturprogrammen sollten an Maßnahmen…

Klimakrise: Die Welt investiert mehr in erneuerbare Energien

Weltweit wird heute deutlich mehr in erneuerbare Energien investiert als noch vor 10 Jahren. Zudem hat Europa seine Spitzenposition im Ranking der Länder und Regionen verloren, in denen am meisten investiert wird. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis einer Veröffentlichung von Bloomberg New Energy Finance. Demnach flossen 2019 in China die meisten Gelder. In die…

Erneuerbare Energien: Deutschland führend bei Wind und Solar

Deutschland hat im ersten Halbjahr 2020 bisher rund 42 Prozent der gesamten Stromeinspeisung aus Wind- und Solarenergieanlagen erzeugt. Die Statista-Grafik zeigt, dass die Bundesrepublik damit eine weltweite Führungsposition einnimmt und sogar Australien, China und die USA in den Schatten stellt. Laut Klima-Think-Tank Ember haben Wind- und Solarenergie 2020 einen Anteil von rund zehn Prozent an…

Erneuerbare Energien: Strommix zu 47 % regenerativ

47 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms kommen laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme im laufenden Jahr aus erneuerbaren Quellen. Bis einschließlich Mitte Juli produzierten Wind- und Solaranlagen hierzulande fast 100 Terawattstunden (TWh) Strom. Zum Vergleich: Bei Braun- und Steinkohle waren es 84 TWh. Laut einem Bericht des Handelsblattes ist der Anteil der von Kohlekraftwerken an…

Erneuerbare Energien: Wie grün ist Europas Energie?

Es ist ein Vorhaben für den Klimaschutz: Bis 2020 will die europäische Union (EU) 20 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs aus alternativen Energiequellen wie Wind und Sonne speisen. Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich dafür individuelle Ziele gesteckt. Laut den aktuellsten Eurostat-Daten, die sich auf das Jahr 2017 beziehen, haben bisher aber nur die wenigsten Länder ihr Klima-Ziel erreicht. Schweden, das ehrgeizigste…

Energiewende: Wer beim Ausbau von erneuerbaren Energien führt

Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg sind führend im Bereich Erneuerbarer Energien. Das ist das Ergebnis eines Bundesländervergleichs, der im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) erstellt worden ist. Die beiden Länder unternehmen den Wissenschaftlern zufolge die meisten Anstrengungen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien im Wärmebereich und liegen bei den erreichten Indexpunkten nahezu gleichauf (0,555 und 0,554 von…

Erneuerbare Energien: Wie grün ist Deutschlands Strom?

Immer mehr Strom in Deutschland stammt aus Wind, Wasserkraft und der Sonne. Wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) [1] diese Woche mitteilte, ist der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtstrommix in Deutschland 2018 erstmals über 40 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug der Ökostrom-Anteil noch 38,2 Prozent. Wie die Grafik zeigt, wurde der…

Power-to-X: Flexible Technologien für Strom aus erneuerbaren Energien

Im Virtuellen Institut »Strom zu Gas und Wärme« arbeitet ein Konsortium aus Forschungseinrichtungen an adaptiven Technologiemaßnahmen für das Strom-, Gas- und Wärmesystem. Die Ergebnisse aus drei Jahren Forschungsarbeit wurden jetzt veröffentlicht – inklusive Handlungsempfehlungen für Kommunen. Eine lautet: Power-to-X-Anlagen integrieren, um das Stromnetz zu entlasten.   Durch den kontinuierlich wachsenden Anteil erneuerbarer Energien an der…

Vergütung von erneuerbaren Energien: Differenzverträge sind die beste Option

Festhalten an gleitender Marktprämie würde zu steigenden Kosten führen. Bei Differenzverträgen profitieren die StromverbraucherInnen dagegen voll von sinkenden Technologiekosten. Studie des DIW Berlin vergleicht vier verschiedene Vergütungsmodelle für erneuerbare Energien.   Damit Deutschland seine energie- und klimapolitischen Ziele erreicht, ist ein weiterer starker Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich. Trotz sinkender Technologiekosten sind auch in Zukunft…

Erneuerbare Energien: Deutschlands Strom wird immer grüner

Die deutschen Emissionen mögen stagnieren, aber bei der Produktion sauberen Stroms ist Deutschland offenbar auf einem guten Weg. Im Oktober 2017 lag der Anteil erneuerbarer Energien (EE) an der Stromerzeugung in Deutschland laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme bei 44,1 Prozent – ein neuer Rekord [1]. Auch im Jahresdurchschnitt ist die Ökostromproduktion auf Rekordkurs, wie die…

2017 Rekordjahr für Transaktionen in der Erneuerbare-Energien-Branche

Der Bereich Erneuerbare Energien stößt bei Investoren auf immer größeres Interesse. Diese beabsichtigen im Jahr 2018 vor allem in Deutschland und China weiter in diesem Sektor zu investieren. Das zeigt die KPMG-Analyse »Great expectations – Deal making in the renewable energy sector«, für die Interviews mit 200 Investoren geführt und Zahlen von Merger Market ausgewertet…

Erneuerbare Energien: Baden-Württemberg neuer Spitzenreiter vor Mecklenburg-Vorpommern und Bayern

Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sind im Bereich der Erneuerbaren Energien die führenden Bundesländer. Das ist das Ergebnis des Bundesländervergleichs, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) im Auftrag von und in Kooperation mit der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) zum fünften Mal erstellt haben. Die…

Erneuerbare Energien gewinnen, Kohle verliert in den USA an Bedeutung

Die Zukunft gehört den Erneuerbaren Energien. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit rund 242 Milliarden US-Dollar in den Ausbau sauberer Stromquellen investiert. Allein in den USA waren es über 46 Milliarden US-Dollar. Nur in China wurde noch mehr Mittel in Wind-, Sonnen oder Wasserenergie gesteckt. Davon unbeeindruckt hat Donald Trump den Rückzug der Vereinigten Staaten…

Junge Menschen hoffen auf Technologien gegen den Klimawandel

Die Mehrheit der unter 30-Jährigen setzt darauf, dass in absehbarer Zeit Technologien die Klimaprobleme lösen werden.   Junge Menschen in Deutschland setzen große Hoffnung darin, den Klimawandel mithilfe von Technologien in absehbarer Zeit verlangsamen oder stoppen zu können. 57 Prozent der 16- bis 29-Jährigen gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit Technologien verfügbar sind, die…

Ressourcen, Kreislauf, Energie: Das KIT auf der Hannover Messe 2024

In der AgiProbot-Fabrik arbeiten Forschende am Realisieren der automatisierten Demontage. (Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT)   Wie können sich Fabriken autonom an laufend neue Bedingungen anpassen? Wie lässt sich Beton ressourcen- und klimaschonend herstellen? Wie schaffen wir Speicherkapazitäten für den Ausbau erneuerbarer Energien? Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt Lösungen für vielfältige Herausforderungen. Unter dem…