Pflicht zur KI-Schulung – worauf es ankommt

Illustration Absmeier foto freepik

Ab dem 2. Februar 2025 sind Unternehmen, bei denen KI-Systeme zum Einsatz kommen, grundsätzlich zur Schulung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit KI verpflichtet. Dies sieht der am 1. August 2024 in Kraft getretene EU AI Act vor.

  • AI Act, Artikel 4: »Ausreichendes Maß an KI-Kompetenz«.
  • Schulungsangebote sollten individuelle Anforderungen berücksichtigen.
  • Schulungen auch als Chance für strategischen KI-Einsatz.

»Die Vermittlung von Kenntnissen über KI-Systeme wird damit für praktisch jedes Unternehmen zum Gebot der Stunde«, erklärt Christopher Götz, Partner und Rechtsexperte im Bereich IT und Künstlicher Intelligenz sowie Leiter der deutschen Digital-Business-Praxis bei der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons. Immer mehr Unternehmen verwenden KI-Systeme wie ChatGPT, Copilot oder auch Deepseek. Jeder Mitarbeiter, der solche KI-Systeme am Arbeitsplatz nutzt, muss künftig ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz aufweisen.

Christopher Götz rechnet damit, dass das Angebot von digitalen Schulungen in den nächsten Wochen und Monaten stark zunehmen wird – insbesondere, weil die Erlangung und die Erhaltung von KI-Kompetenz ein kontinuierlicher Prozess ist. Dabei sei eine holistische Herangehensweise sinnvoll: »Die Nutzung von KI-Systemen in Unternehmen wird von verschiedenen rechtlichen Vorgaben bestimmt. Neben dem EU AI Act kommen je nach KI und KI-Einsatz weitere Gesetze hinzu, die berücksichtigt werden müssen, zum Beispiel zur betrieblichen Resilienz und Cybersicherheit oder die Datenschutzgrundverordnung. Die rechtlichen Anforderungen hängen auch davon ab, ob man Anbieter oder Nutzer eines KI-Systems ist. Unternehmen sollten daher darauf achten, dass das Schulungsmaterial stets die relevanten rechtlichen Belange mit abbildet. Werden rechtliche Vorgaben beim KI-Einsatz nicht beachtet, können Bußgelder drohen«, erklärt Götz.

AI Act, Artikel 4: »Ausreichendes Maß an KI-Kompetenz«

Gemäß Artikel 4 im EU AI Act haben Anbieter und Nutzer von KI-Systemen Maßnahmen zu ergreifen, »um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen.« Dabei seien technische Kenntnisse und Erfahrungen sowie der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen.

Die Verordnung gibt aus Sicht von Christopher Götz damit auch eine klare Vorgabe, dass Unternehmen nicht nur eine Standardschulung für alle Mitarbeiter anbieten, sondern vielmehr je nach Geschäftsbereich und Grad der Nutzung von KI-Systemen unterschiedliche Schulungsprogramme aufsetzen sollten. »Die Verwendung eines KI-Systems zur Filterung von Bewerbungen setzt ein höheres Maß an KI-Kompetenz voraus als die Nutzung eines KI-Systems, das nur für Übersetzungen verwendet werden kann. Darauf müssen KI-Schulungen eingehen«, sagt Götz.

Wenn es etwa um die Nutzung von personenbezogenen Daten durch ein KI-System geht, sind in Deutschland auch Regelungen wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) relevant. Auch die Digital Operational Resilience Regulation (DORA) kann nach Einschätzung von Christopher Götz bei der Nutzung von KI greifen, wenn es sich beispielsweise um »KI-as-a-Service« handelt, also ein cloudbasiertes KI-System, das von einem Finanzinstitut eingesetzt wird.

Schulungsangebote sollten individuelle Anforderungen berücksichtigen

Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinsichtlich KI-Kompetenz zu schulen, sollten Unternehmen aus Sicht von Alkan Dogan, European Lead für Legal Engineering bei Simmons & Simmons, auf ein Baukastensystem setzen. »Die Anforderungen an KI-Systeme differieren sowohl innerhalb eines Unternehmens als auch von Unternehmen zu Unternehmen teilweise enorm. Um mit diesen Unterschieden gezielt umgehen zu können, haben sich vor allem bedarfsspezifische Trainingsmodule in der Praxis bewährt. Dazu zählen ein bereichsunabhängiges Basistraining, ein Vertiefungstraining für bestimmte Fachbereiche sowie ein spezielles Training für Hochrisiko-KI-Systeme, etwa im Bereich Human Resources«, erklärt Alkan Dogan.

Simmons & Simmons hat bereits frühzeitig ein E-Learning-Modul aufgesetzt, um die große Nachfrage von Unternehmensseite nach KI-Schulungsprogrammen zu bedienen. Die rechtliche Perspektive ist dabei fester Bestandteil. In einem Basistraining können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens zunächst einen grundsätzlichen Überblick erhalten, etwa worin sich KI-Systeme von klassischer Software unterscheiden, welche Risiken und Chancen mit dem Einsatz von KI verbunden sind, und welche Verantwortung bei einem KI-Nutzer liegt. Zum Abschluss der Schulung haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihr neu erworbenes Wissen in interaktiven Quiz-Formaten unter Beweis zu stellen. In Vertiefungstrainings können die Bedarfe von einzelnen Abteilungen wie Sales, Marketing, Personal, Finanzen und Recht konkret beleuchtet werden. Personen, die an der Implementierung oder Aufsicht von Hochrisiko-Systemen etwa im Bereich HR beteiligt sind, erhalten spezielle Schulungen, was gemäß EU AI Act erlaubt und erforderlich ist.

Schulungen auch als Chance für strategischen KI-Einsatz

Trotz der zwar steigenden Nachfrage nach KI-Schulungsprogrammen sieht Alkan Dogan aber auch noch viel Nachholbedarf bei Unternehmen. »Viele Firmen haben bislang kaum eine Idee, wie sie KI-Kompetenz schulen können. Ein sinnvoller erster Schritt ist eine Bestandsaufnahme, um zu analysieren, wie einzelne Mitarbeitende KI derzeit nutzen und wie sie diese gezielt in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen einsetzen können«, sagt Alkan Dogan. Die Verpflichtung zur Schulung von KI-Kompetenz sieht Dogan aber auch als Chance: »Unternehmen, die KI-Systeme bislang kaum systematisch eingesetzt haben, könnten durch verpflichtende KI-Schulungen wertvolle Impulse erhalten, um das Potenzial von KI besser auszuschöpfen. Die Integration von KI sollte als strategische Aufgabe verstanden werden, da sie nicht nur Prozesse, sondern auch ganze Geschäftsmodelle transformieren kann«, so der Experte für Legal Engineering.

 

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