Die Bedeutung visueller Kollaborations­plattformen für die KI-Transformation in Unternehmen – Vom Whiteboard zum KI-Hub

Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen ist Herausforderung und Chance zugleich. Um Unabhängigkeit und Flexibilität zu gewährleisten, müssen Nutzerschnittstellen, Rohdaten und Feature-Daten voneinander getrennt und standardisierte Schnittstellen genutzt werden. Visuelle Kollaborationsplattformen mit tiefer KI-Integration bieten eine innovative Lösung, indem sie multimodale, kollaborative Arbeitsräume schaffen, die die kognitiven Prozesse der Nutzer fördern.

Die Heilsversprechen rund um KI sind ebenso groß wie die Herausforderungen ihrer Anwendung in Unternehmen. Laut einer MIT-Studie wurden bis zu 95 % der unternehmensweiten GenAI-Projekte ohne messbaren Mehrwert abgebrochen [1]. Lediglich 5 % der Pilotprojekte erzielten signifikanten ökonomischen Nutzen. Die Ursachen liegen dem Bericht zufolge nicht in der Technologie selbst, sondern in der unzureichenden Integration in bestehende Prozesse sowie im Fehlen klarer Strategien.

Gleichzeitig gelingt es großen Softwarekonzernen, ihre Kundschaft für KI immer stärker zur Kasse zu bitten. Die meisten dieser Anbieter zahlen kaum oder gar keine europäischen Steuern, und der Datenschutz von US-Anbietern stützt sich mit dem aktuellen EU-US Data Privacy Framework (DPF) auf ein juristisches Provisorium.

Die Macht der Feature-Daten. KI-Dienste bieten Software-konzernen zudem ideale Möglichkeiten, Lock-in-Effekte weiter zu verstärken. Denn KI ergänzt Rohdaten um wertvolle Features wie Einbettungen, Vektoren, Labels, Ontologien oder Wissensgraphen. Diese Feature-Daten sind meist -herstellerspezifisch und durch manuelle Interaktion mit-entstanden. Eine Neugenerierung kostet Zeit und Rechenleistung und ist verlustbehaftet.

Die Nutzerschnittstelle zum extrahierten Wissen sind die Applikationen. Ein Anbieterwechsel ist auch hier kaum getrennt möglich, wenn man auf die Vorteile der KI nicht verzichten will.

Feierabend für die menschliche Intelligenz. Und als wäre das nicht genug, kann KI sogar die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden beeinträchtigen. Eine aktuelle Studie des MIT Media Lab zeigt, dass die Nutzung von ChatGPT zwar produktiv wirken kann, zugleich aber die neuronale Aktivität in Bereichen wie Gedächtnisbildung, Kreativität und exekutiver Kontrolle deutlich reduziert [2]. Die Forschenden sprechen von »metacognitive laziness«.

Architektur der Unabhängigkeit: Schichten trennen, Standards nutzen. Was hilft Unternehmen, diesen vielschichtigen Herausforderungen zu begegnen?

Als Grundlage sollten die drei Schichten Nutzerschnittstellen (Anwendungen), Rohdaten und Feature-Daten sauber getrennt und auf unterschiedliche Dienstleister verteilt werden. Zudem sind standardisierte Schnittstellen zwischen den Schichten zu nutzen – insbesondere zu KI-Modellen –, um Unabhängigkeit sowohl auf Daten- als auch auf Technologieebene zu wahren.

Visuelle Kollaboration als Brücke zur KI-Integration. Eine neue Entwicklung, die hierbei künftig helfen kann, ist die Verschmelzung von KI mit visuellen Kollaborationssystemen. Ein Beispiel ist DEON Holistic Intelligence. Ursprünglich eine digitale Whiteboard-Lösung, entwickelte sich das System früh zu einem multimodalen Daten-Aggregator mit breiter Kompatibilität zu unterschiedlichsten Datenarten und -quellen.

Vom Scrollfenster zum Denkraum: Mehrdimensional arbeiten mit KI. Durch eine tiefe KI-Integration, die über die bloße Anreicherung mit KI-Funktionen hinausgeht, ist nun eine multi-modale Mensch-Maschine-Schnittstelle entstanden, die sich von den bekannten Chat-Interfaces unterscheidet. Die Interaktionen beschränken sich nicht mehr auf eine vertikale, flüchtige Abfolge von Prompts und Antworthappen; stattdessen entsteht ein mehrdimensionaler, kollaborativer Arbeitsraum als Interaktionsfläche zwischen Menschen und KI. Die kognitiven Prozesse der Nutzenden werden dadurch vielschichtiger, was die Auslagerung von Gehirnaktivität reduziert, und Kreativität fördert. Dass die räumliche Verortung von Informationen die Gedächtnisleistung steigert, ist seit über 2.500 Jahren (vgl. Simonides von Keos) bekannt und als Loci-Methode eine bewährte Mnemotechnik bei Gedächtniswettbewerben.

Semantische Arbeitsräume: Wissensknoten des Unternehmens. Die visuellen Arbeitsflächen dienen zugleich als Knotenpunkte für unterschiedliche Datenquellen und als semantische Container für Wissen. Die visuelle Verortung und Gestaltung der Daten erzeugt eine zusätzliche Informationsebene. In Feature-Daten transformiert, kann diese Ebene zusammen mit verlinkten Daten an geeignete KIs und KI-Agenten orchestriert werden – etwa, wenn die bereits integrierten agentischen Funktionen erweitert werden sollen. Hierzu sind standardkompatible Schnittstellen wie MCP oder die OpenAI-API implementiert.

Eine Arbeitsfläche ist dabei nicht nur Eingabekanal in Richtung KI- beziehungsweise Agentensystem, sondern zugleich multimodale, interaktive Ausgabe an die Nutzenden. Die Administration solcher Wissensräume bleibt dadurch so intuitiv wie bei einem konventionellen Whiteboard.

Ein KI-Hub als neutraler Orchestrierungs-Layer. Visuelle Kolla-borationsplattformen mit tiefer KI-Integration können somit als KI-Hub einen Abstraktionslayer bilden, der es Unternehmen ermöglicht, Rohdaten, Feature-Daten und Applikationen zu trennen, unterschiedliche KIs und Agenten daran anzubinden und zu orchestrieren und gleichzeitig den Mitarbeitenden ein multimodales, kollaboratives User-Interface bereitzustellen. Standardkompatible Schnittstellen erlauben die bidirektionale Verbindung mit externen Systemen.

Datensouveränität durch Softwaresouveränität. Die daraus resultierende Flexibilität und Unabhängigkeit eröffnen eine deutlich größere Auswahl an Anbietern für die einzelnen Schichten. Das kann die Kosten signifikant senken und den Datenschutz erhöhen. Wer seinen unternehmerischen Erfolg und Datensouveränität auch langfristig in Europa halten will, sollte zudem aus einem weiteren Grund in möglichst vielen Schichten auf europäische Softwareanbieter setzen: Er fördert damit die europäische IT-Industrie, die für den Wohlstand in Europa, und die Attraktivität europäischer Märkte entscheidend sein wird.

 


Tomas Sommer ist Gründer und Geschäftsführer von DEON. Das Berliner Unternehmen entwickelt seit 2011 die visuelle Kollaborationsplattform, die weit über klassische Whiteboards hinausgeht und von großen Organisationen wie VW, BMW, BASF oder Capgemini genutzt wird. 
https://www.deon.de
 
[1] https://www.artificialintelligence-news.com/wp-content/uploads/2025/08/ai_report_2025.pdf
[2] https://arxiv.org/abs/2506.08872

 

Illustration: © N.l | Dreamstime.com

 

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