Künstliche Intelligenz bietet zweifellos eine ganze Reihe von Optionen, um Geschäftsprozesse zu optimieren, von der Kundenbetreuung mittels Chat-Bots bis zur Steuerung mobiler Roboter. Doch wer KI einsetzen will, sollte nicht nur die passende technische Lösung im Blick haben. Vielmehr gilt es, auch den Menschen einzubinden, also Mitarbeiter, Kunden und Partner.
Künstliche Intelligenz kommt nicht nur in selbstfahrenden Autos oder Sprachassistenten zum Einsatz. Ein mindestens ebenso großes Potenzial bietet die Technologie bei der Optimierung von Geschäftsprozessen. Unternehmen können dabei auf eine große Zahl von Nutzungsszenarien zurückgreifen.
Hoch gehandelt wird derzeit beispielsweise Robotic Process Automation (RPA). Bei diesem Ansatz führen Software-Agenten häufig wiederkehrende, regelbasierte Aufgaben aus. Sie können etwa Daten aufnehmen und Prozesse starten. In einem Contact Center erfasst ein Software-Agent zum Beispiel Adressänderungen von Kunden oder er leitet Dokumente zum nächsten Arbeitsschritt weiter. Das entlastet die Mitarbeiter und beschleunigt kundenbezogene Prozesse, etwa die Beantwortung von Anfragen.
Erster Schritt: Anwendungsszenarien ermitteln. Doch KI ist keine Wunderwaffe. Vielmehr ist eine ganze Reihe von Vorarbeiten nötig, damit KI und verwandte Technologien wie Machine Learning (ML) und Deep Learning (DL) ihr Potenzial entfalten können. Im ersten Schritt sollte das Unternehmen Geschäftsbereiche und Prozesse identifizieren, die von KI profitieren können. Das ist etwa dann der Fall, wenn sich eine Problemstellung als Vorhersage- oder Klassifizierungsproblem formulieren lässt. Denn ein KI-Algorithmus kann schneller und effizierter als ein Mensch große Datenmengen auf Muster und Regeln hin analysieren.
Ein Beispiel ist die Bedarfsprognose in der Fertigung. Ein KI- oder Machine-Learning-Modell ist in der Lage, aus einer Kombination von Daten aus unterschiedlichen Quellen Prognosen abzuleiten. Zu diesen Datenquellen gehören historische Nachfragedaten, produktspezifische Informationen und externe Daten, etwa die Kenndaten eines Händlers. Solche Anwendungen »funktionieren« allerdings nur dann, wenn ein klares Verständnis des Problems vorhanden ist, das mithilfe von KI gelöst werden soll.
Analyse der Datenbestände und Prozesse. Wurden Anwendungsfälle identifiziert, sollten Fachexperten und Data Scientists die vorhandenen Datenbestände analysieren. Zu klären ist, welche Informationen vorliegen, in welchen Formaten sie abgelegt wurden und welche externen Datenquellen in Frage kommen, um die Qualität der Prognosen des KI- oder Machine-Learning-Modells zu verbessern. Außerdem sollte der Anwender prüfen, ob sein ERP-System in der Lage ist, die Daten in eine zentralisierte Ansicht zu integrieren. Nur dann erhalten die Mitarbeiter verwertbare »Insights«, auf deren Basis sie beispielsweise neue Geschäftschancen identifizieren können.
Ein Fehler im Rahmen von KI-Projekten besteht darin, dass sich die Fachleute darauf konzentrieren, einen einzelnen Prozessschritt zu optimieren. Vielmehr sollten sie den gesamten Prozess im Blick behalten. Ein Beispiel ist der Einsatz von KI bei einem Hersteller von Verpackungsmaterial. Er setzt mobile Roboter ein, um Material aus dem Lager zu den Arbeitsstationen zu transportieren. Um herauszufinden, wo Machine Learning am meisten Sinn macht, ist es nötig, den gesamten Prozess zu analysieren – etwa wann die Fahrzeuge Material zu welcher Arbeitsstation liefern müssen. Anschließend werden die Prozessschritte ermittelt, bei denen KI Vorteile bringt.
Bei dem Hersteller von Verpackungsmaterial wurde beispielsweise das ERP-System, IFS Applications, mit der KI-gestützten Steuerung der Roboter gekoppelt. Meldet die ERP-Software eine Änderung oder Verzögerung eines Auftrags, optimiert das Fahrzeug automatisch seine Route. Der Anwender spart dadurch pro Jahr einen siebenstelligen Dollar-Betrag.
Den Faktor Mensch berücksichtigen. Neben Algorithmen spielt der Mensch eine wichtige Rolle, wenn Prozesse mithilfe von KI optimiert werden. Viele Mitarbeiter haben beispielsweise Angst, dass ihnen KI-Systeme die Arbeit wegnehmen. Daher sollten sich die Projektverantwortlichen bereits im Vorfeld mit den Abteilungen abstimmen, in denen solche Lösungen eingesetzt werden sollen. Wichtig ist dabei eine offene Kommunikation. Mitarbeiter können beispielsweise in Workshops lernen, wie ihre neue Rolle im Unternehmen aussieht, wenn KI und maschinelles Lernen Einzug halten. Eine weitere Option sind Weiterbildungsmaßnahmen. Dadurch haben Mitarbeiter die Chance, sich für anspruchsvollere Tätigkeiten zu qualifizieren. Das bedeutet, das Unternehmen sollte den Wandel gut und transparent managen. Das Ziel ist, eine »KI-DNA« im gesamten Unternehmen zu etablieren.
Bereitstellungsmodelle prüfen. Um die Einführung von KI und Machine Learning zu beschleunigen, sollten Anwender zudem prüfen, welche Modelle für die Bereitstellung und Nutzung dieser Technologien vorhanden sind. Denkbar ist beispielsweise, dass der Anbieter einer ERP-Lösung zusätzlich Machine-Learning-Services bereitstellt – in Form von Cloud- oder Hosting-Angeboten. Anwender müssen dann nicht in Eigenregie ML-Modelle entwickeln, sondern können auf einsatzfertige Versionen zurückgreifen. Außerdem haben sie die Möglichkeit, die Lernmodelle mit Daten zu »füttern«, die im Unternehmen vorhanden sind.
Wichtig bei einer solchen KI-/ML-Lösung ist, dass sie möglichst einfach zu handhaben ist. Das ist der Fall, wenn sie möglichst viele Aufgaben automatisch erfüllt, von der Datenvorverarbeitung über die Schulung der ML-Modelle bis zu deren Bereitstellung. Außerdem sollten nicht nur Modelle von der Stange zur Verfügung stehen, sondern auch Versionen, die sich für spezielle Anwendungsfälle beim Nutzer optimieren lassen.
Fazit. KI und Machine Learning werden zweifellos eine zentrale Rolle bei der Optimierung von Geschäftsprozessen spielen. Je früher sich Unternehmen mit diesen Technologien beschäftigen, desto besser. Denn eines ist klar: Wer Abläufe optimiert und automatisiert, hat im digitalen Zeitalter einen Wettbewerbsvorteil.
Marcus Pannier,
Managing Director DACH & EE bei IFS
ifs.com/de
Illustrationen: © igor kisselev /shutterstock.com; yoh4nn
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