Digitalisierung im Krankenhaus –
Do it and do it right

Die Digitalisierung der Krankenhäuser in Deutschland wird gefordert und subventioniert. Projekte zur Einführung neuer  IT-Systeme bleiben jedoch im Ergebnis häufig hinter den Erwartungen zurück. »manage it« sprach mit Olaf Lange, Soziologe und seit vielen Jahren in der Krankenhaus-IT unterwegs.


Herr Lange, Sie haben viel erlebt in IT-Abteilungen von ­Krankenhäusern unterschiedlicher Größe in unterschiedlicher Trägerschaft. Haben Sie Tipps, wie wir Enttäuschungen mit Digitalisierungsprojekten vermeiden können?

Digitalisierung soll neue Prozesse ermöglichen oder bestehende Prozesse durch den Einsatz von IT-Systemen optimieren. Wenn wir uns also immer bewusst machen, dass ­Digitalisierung primär ein Prozessthema ist, haben wir schon einen wichtigen Schritt getan.

Daneben empfiehlt sich die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie für das eigene Krankenhaus. Hier werden die Ziele von Digitalisierung festgelegt und Themen identifiziert, die entsprechend des erwarteten Nutzens für das Haus priorisiert und umgesetzt werden.

 


Wie gehe ich ein Digitalisierungsprojekt an?

Damit Prozesse mittels Digitalisierung ermöglicht oder optimiert werden können, müssen die Prozesse, um die es dabei geht, zunächst einmal definiert oder zumindest bekannt sein. Hierzu muss man mit allen Prozessbeteiligten und -betroffenen intensive Gespräche führen. Das gilt insbesondere für die Prozessverantwortlichen und die Prozessausführenden. Aus den hier gewonnenen Erkenntnissen sind dann Anforderungen an die einzuführenden IT-Systeme abzuleiten.

 


Welche Rolle spielt dabei die Zeit?

Die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie und ein der Projektumsetzung vorangehendes Requirements Engineering erfordern natürlich Zeit. Andererseits wissen wir, dass vor allem das pflegerische und ärztliche Personal in seinem beruflichen Alltag bereits unter einem enormen Zeitdruck steht.

 


Woher nehmen wir die Zeit dann?

In der Vergangenheit habe ich von Entscheidern mitunter Statements gehört wie »So ein Server ist doch schnell installiert!« oder »In der IT sind doch genug Leute, sollen die das doch machen!«. Wir müssen den Entscheidern gegebenenfalls klarmachen, dass sich Digitalisierungsvorhaben nicht einfach auf technische Aspekte reduzieren lassen. IT-ler wiederum haben in der Regel keine profunden Kenntnisse über die patientenzentrierten oder administrativen Prozesse im Krankenhaus. Will ich von vornherein den Erfolg eines Digitalisierungsprojekts sicherstellen, muss ich grundsätzlich bereit und in der Lage sein, wichtige Stakeholder von ihrem Tagesgeschäft freizustellen. Das muss den Entscheidern klar sein oder wir müssen es ihnen klar machen. Das war oft eines der dicksten Bretter, die ich bohren musste.


Wer entscheidet letztlich darüber?

Die IT selbst kann die Zeit für die Projektvorbereitung und -umsetzung nicht aus eigener Kraft bereitstellen, das bleibt eine Entscheidung des Managements. Hier muss unter Umständen von uns Überzeugungsarbeit geleistet werden.

 


Gibt es besonders hungrige Zeitfresser?

Megawichtig wird der Zeitfaktor, wenn komplexe Medizintechnik in ein IT-System eingebunden werden soll. Vertriebler suggerieren gern, das sei kein Problem. Die Stakeholder sind damit häufig schnell zufrieden und in der Anforderungsspezifikation werden oft keine konkreten Details festgelegt. Es wird lediglich gefordert, dass ein Gerät XY eingebunden werden soll. Als ich noch grün hinter den Ohren war, bin ich hier einmal böse auf die Nase gefallen. Also bitte, diesem Thema immer ganz besonders viel Aufmerksamkeit schenken! Denn meist hat die gelungene Integration von Medizintechnik einen großen Anteil daran, wie ein Digitalisierungsprojekt bewertet wird.

 


Gibt es Netzwerke, die helfen könnten, Zeit einzusparen?

Vielleicht muss auch nicht jedes Rad allein und neu erfunden und die dafür notwendige Zeit geopfert werden. Vor fast genau einem Jahr gründeten bayerische Krankenhausträger die »Klinik IT Genossenschaft«. Die Mitglieder wollen Digitalisierungsprojekte gemeinsam angehen [1]. Das ist richtungsweisend. Synergien, Zeit- und Kostenersparnisse sind so quasi garantiert!

 


Wie kann ich mein System optimieren?

IT-Systeme beeinflussen ihre Umgebung. Meine User arbeiten mit einem neuen IT-System, dass ihre Erwartungen zumindest tendenziell erfüllt. Dadurch entstehen neue Ideen für die Arbeitsabläufe und das triggert wieder neue Anforderungen an das prozessunterstützende IT-System.

Für mich hat es sich bewährt, zyklisch Anwenderbefragungen durchzuführen. Da lacht der Soziologe in mir! Ernsthaft, so kann ich feststellen, wie zufrieden meine User mit der IT-Unterstützung an ihrem Arbeitsplatz sind. Und das ist gleichzeitig ein gutes Instrument, um zu klären, inwieweit die Ziele eines Digitalisierungsprojekts erreicht worden sind.

 


Was ist für Sie der entscheidende Aspekt in der IT?

In meinen jungen Jahren habe ich mich sehr für technische Aspekte der IT begeistert. Heutzutage orientiert sich mein Denken und Handeln in erster Linie an der Einsicht, dass der Prozess die Mutter aller Dinge ist. Nicht die Anzahl der Server und der darauf laufenden Applikationen machen eine erfolgreiche Digitalisierung aus. Natürlich ist Infrastruktur in entsprechender Quantität und Qualität die notwendige Basis. Entscheidend ist jedoch letztlich der Gebrauchswert von IT für meine Anwender. Nur wenn die sagen »Hey, ich arbeite gern mit diesem System, weil es mich bei meiner Arbeit wirklich unterstützt!« bin ich zufrieden.

 


So ist das heute, und was machen wir morgen?

Okay, Zufriedenheit ist ein flüchtiger Zustand. Und weil eben nichts so beständig ist, wie die Veränderung, versuche ich dem zu begegnen, indem ich mir immer die Frage stelle: »Tun wir die richtigen Dinge richtig?« Das hilft.

Tatsächlich wird es in der Krankenhaus-IT nie langweilig. Mal poppen sehr kleinteilige Herausforderungen auf, wie z. B. die Optimierung der Interaktion von MTLA, Labor-Automat und LIS. Dann geht es wieder um ganz große Themen, wie aktuell die Integration von KI in IT und Medizintechnik.

Es bleibt einfach spannend und ich bin immer wieder sehr dankbar dafür, dass ich über meine Affinität zu statistischer Datenanalyse und Computern im Krankenhaus gelandet bin.

 


[1] https://klinik-it.de/

 

Bild: © Olaf Lange

 

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