Mehr als Business Intelligence – Was erfolgreiche Analytics-Projekte auszeichnet

Damit Digitalisierung eine Erfolgsgeschichte werden kann, ist der Umgang mit Daten ein entscheidender Faktor: Fakten statt Bauchgefühl, Vernetzung statt Silo-Denken, Transparenz statt Exklusivität in der Entscheidungsfindung.

Drei deutsche Unternehmen haben früh damit begonnen, Erkenntnisse aus ihren Daten zu gewinnen: der Rückversicherer Hannover Rück, die Online-Plattform Scout24 und der Modeversandhändler Zalando. Der Umgang mit der digitalen Transformation ist zwar sehr unterschiedlich – alle aber hinterfragen und optimieren Prozesse mithilfe von Daten und richten diese stärker auf den Kundennutzen aus. 

Digitalisierung der Versicherungsbranche. Bei der Hannover Rück findet eine digitale Transformation mit dem Ziel größerer Transparenz und vereinfachter Prozesse für Mitarbeiter wie Kunden statt. Mit einem Prämienvolumen von 17,8 Milliarden Euro ist sie der viertgrößte Rückversicherer der Welt, rund 3.300 Mitarbeiter in mehr als 140 Tochtergesellschaften und Niederlassungen weltweit betreuen sämtliche Sparten der Schaden- und Personen-Rückversicherung.

In der Vergangenheit wurden vor jedem Kundenbesuch sämtliche Unterlagen neu zusammengestellt und als gedruckte Papierakte mitgenommen. Der Prozess war langwierig und teuer, zudem fehlten Informationen zu früheren Kundenterminen, beispielsweise mit Mitarbeitern aus anderen Abteilungen oder Ländern. Um eine möglichst hohe länder- und bereichsübergreifende Kollaboration zu ermöglichen, wurde die seit 2011 bestehende Analytics-Lösung um eine mobile Komponente erweitert. Über iPads können Vertriebsmitarbeiter seitdem auf die MicroStrategy-Plattform zugreifen und verfügen orts- und zeitunabhängig über relevante Kundeninformationen. Dazu zählen beispielsweise versicherungstechnische Positionen ab 1978, Daten des CRM-Systems und aus Finanzdatenbanken, die Kundenhistorie mit Schäden und Versicherungssummen, geografische Informationen sowie Besprechungsnotizen aus dem Dokumentenmanagement. Die App ermöglicht also einen ganzheitlichen Blick auf den Kunden, zugleich sorgt eine Drill-Down-Funktionalität für eine hohe Granularität. Hannover Rück konnte die teils mehrstündige Vorbereitungszeit der Underwriter auf wenige Minuten verkürzen – und die Beratungsqualität verbessern.

Vorbildhaft an dem Projekt sind mehrere Punkte. Es handelt sich um eine grundlegende Transformation, die sich direkt an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Außerdem lebt das Projekt den Gedanken, Daten einem möglichst großen Mitarbeiterkreis zugänglich zu machen. 

Von Kunden lernen – Business Analytics für Online-Plattformen. Internet-Marktplätze wie Immobilien-Scout24 oder AutoScout24 sind von Natur aus erheblich digitaler aufgestellt als traditionelle Unternehmen. Die Transformation zu einer vollständig datengesteuerten Organisation war für Scout24 dennoch ein großer Schritt. In der Vergangenheit erstellte bereits gut die Hälfte des Teams ihre wöchentlichen Berichte mit einer Analytics-Plattform. Ziel war es, alle 1.200 Mitarbeiter zu einem datengestützten Handeln zu ermächtigen. Jedes Teammitglied wird trainiert, Muster in Daten zu erkennen, Prozesse neu zu denken und auf Basis dieser Informationen Prognosen zu entwickeln, in welche Richtung sich der Markt entwickelt. Die darunterliegende Annahme ist: Nur wer ein gutes Verständnis aller relevanten Faktoren besitzt, kann den Kunden verstehen und ihn bestmöglich bei der Entscheidung für ein Auto oder eine neue Immobilie unterstützen. Oberste Prämisse war es, für das gesamte Team eine Transparenz über die verfügbaren Daten herzustellen. Diese fasst heute ein Katalog zusammen, rund 100 Quellen werden (teils anonymisiert) in Echtzeit dem Data Lake hinzugefügt und stehen unmittelbar für die Auswertung in einem der 3.000 Reports zur Verfügung.

Das Analytics-Projekt ist insofern bemerkenswert, weil es sehr stringent den Self-Service-Gedanken verfolgt und damit auch das Konzept einer »Intelligent Enterprise« – also einer ultimativ datengesteuerten Organisation. Die Auszeichnung mit dem BARC Best Practice Award verdeutlicht, wie visionär dieser Ansatz einer föderierten Datenplattform in einer Public Cloud (AWS) der Scout24 AG ist.

Digitale Lieferkette im Versandhandel. 17 Absatzmärkte, 2.000 Hersteller, 300.000 Artikel und 25 Millionen monatlich aktive Kunden müssen bei Zalando täglich koordiniert werden. Daten sind ein zentraler Faktor für den Geschäftserfolg. Denn das Nutzungsverhalten der Kundschaft setzt sich aus vielen Faktoren zusammen. Mithilfe von Big Data und künstlicher Intelligenz möchte der Versandhändler Inhalte stärker personalisieren und das Einkaufserlebnis möglichst nah am individuellen Geschmack der Kunden ausrichten. Auch Lagerlogistik und Warenverfügbarkeit spielen dabei eine wichtige Rolle. Um intern schneller bessere Entscheidungen treffen zu können, wurden vor Einführung der Analytics-Lösung zunächst zentrale Anforderungen aufgenommen und die zu unterstützenden Geschäftsprozesse analysiert. Erst dann wurden Kernelemente der Metadaten aufgebaut und das Datenmodell näher spezifiziert.

Das Beispiel ist deshalb interessant, weil sich die Textilwirtschaft derzeit in einem großen Umbruch befindet und der Wettbewerb als sehr hart gilt. Doch erst gut die Hälfte der Einzelhandelsunternehmen nutzt Datenanalysen, so eine Erkenntnis des »Global State of Enterprise Analytics«-Reports von MicroStrategy [1]. Es bleibt also Luft nach oben. Zalando hat Analysen und Geschäftsprozesse mittlerweile eng miteinander verknüpft und kann das Sortiment ad hoc an Kundenwünsche anpassen, künftige Umsatzträger schnell identifizieren und auch die Warenlogistik daran anpassen. Damit ist ein wichtiger Schritt zu einem starken, wettbewerbsfähigen Unternehmen getan.

Das Rennen um die digitale Transformation. Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Umgang mit der Digitalisierung finden. Daten spielen hierbei eine zentrale Rolle. Nicht immer sind Self-Service Analytics der richtige Weg. Allerdings zeigen Studien, dass informierte Mitarbeiter bessere Entscheidungen treffen. Hierfür ist ein umfassender, wenngleich geregelter Zugang zu Daten unerlässlich.

Die digitale Transformation ist ein Rennen ohne Ziellinie. Wer jedoch gar nicht erst an diesem Rennen teilnimmt, hat verloren. Als Sieger werden diejenigen Unternehmen hervorgehen, die Daten in Erkenntnisse umwandeln und daraus neue Geschäftsmodelle und einen verbesserten Nutzen für den Kunden entwickeln.


Merten Slominsky
ist VP Central Europe
bei der MicroStrategy
Deutschland GmbH

 

 

[1] https://www.microstrategy.com/us/resources/blog/bi-trends/these-data-driven-business-models-are-changing-the-face-of-retail

 

Illustrationen: © emojoez /shutterstock.com

 

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