Wie digitale Technologien spalten

Dass die Nutzung digitaler Technologien die Gesellschaft spaltet, ist an sich nicht neu. Es gibt zum einen digitale Vorreiter, die ihren täglichen Zehn-Euro-Einkauf mit ihrem Smartphone an der Kasse bezahlen, und zum anderen die weniger Aufgeschlossenen, die bewusst nur wenige Technologien in ihrem Alltag zulassen. Der häufigste Grund, sich digitalen Technologien zu entziehen, ist das Thema persönliche Daten. Über die Hälfte der KonsumentInnen gibt an, ungern Daten preiszugeben. Jüngste Datenleaks großer Konzerne befeuern diese Skepsis.

Die Datenthematik spaltet allerdings nicht nur die Gesellschaft, auch KonsumentInnen zeigen sich gespalten. So werden beispielsweise personalisierte Inhalte und Services erwartet, aber nur ungern persönliche Daten hierfür freigeben.

Dieses und weitere Themen hat das ECC Köln gemeinsam mit der Otto Group in der neuen Studie »Handel mit der Zukunft – welche digitalen Technologien langfristig die besten Chancen haben und welche Rolle Kunden und Daten dabei einnehmen« untersucht [1]. Hier ein kurzer Ausblick auf ausgewählte Ergebnisse.

 

Fehlende digitale Kompetenz lässt Schere auseinander gehen

Die Nutzung digitaler Dienste im Handel, wie Instant Shopping, Bezahlung mit dem Smartphone oder Lieferungen online nachverfolgen ist stark von der Zielgruppe abhängig. Von der jüngeren innovativeren Zielgruppe werden solche Dienste fünf Mal häufiger genutzt, als von den weniger aufgeschlossenen Nachzüglern.

Diese Nutzung von digitalen Technologien spiegelt sich insbesondere in den Kompetenzen der Zielgruppen wider. Während zwei von drei Innovatoren angeben, die Glaubwürdigkeit von Kundenbewertungen erkennen zu können, sind es bei den digitalen Nachzüglern lediglich einer von fünf. Dies liegt oft auch an der mangelnden Kompetenz bezüglich Begrifflichkeiten – viele wissen nichts mit Buzzwörtern wie Curated Shopping oder Voice Commerce anzufangen.

Im Ergebnis droht die Schere zwischen den Innovatoren und weniger Aufgeschlossenen weiter auseinander zu gehen. Bei den digitalen Vorreitern steigen mit zunehmender Nutzung der Zugang (durch zusätzliche Endgeräte) und die Kompetenz, weshalb sich ein selbstverstärkender Effekt einstellt. Die Nachzügler ziehen zwar nach, können aber nicht schritthalten.

 

Fehlendes Bewusstsein und widersprüchliches Verhalten

Die Studie untersucht auch den Zusammenhang zwischen Bewusstsein, Verhalten und Meinung der Konsumenten. Klares Ergebnis ist: Bei den meisten Konsumenten driften diese drei Variablen auseinander oder stehen gar im Widerspruch zueinander.

Beispielsweise sind 58 Prozent der Befragten der Meinung, dass Sie ungerne und eher selten Daten freigeben. Tatsächlich ist das Verhalten allerdings ein anderes: Die meisten von der Befragten geben zumindest manchmal ihre E-Mail-Adresse (88 %), ihren Namen (84 %) oder ihren Geburtstag (70 %) preis.

Ein weiteres Beispiel ist der Widerspruch zwischen Bewusstsein und Verhalten. Von allen Befragten, die glauben, dass sie noch nie Daten zum Kaufverhalten freigegeben haben, shoppen 90 Prozent regelmäßig online und 74 Prozent nutzen Kundenkarten.

 

Konsumenten, insbesondere Nachzügler, verstärkt begleiten

Mit immer schneller werdenden Technologiezyklen droht insbesondere in Sachen der digitalen Kompetenz ein Auseinanderdriften von technologischen Vorreitern und digitalen Nachzüglern. Daher wird es immer wichtiger für Unternehmen, insbesondere die Nachzügler bei der technologischen Entwicklung zu begleiten. Sei es mit Support oder Vorführungen am PoS – Unternehmen müssen sich vor Augen führen, dass der Nachzügler teilweise gar nicht weiß, welche Technologien es gibt beziehungsweise diese nur genutzt werden, wenn die Funktionsweise und der Umgang mit den Daten eindeutig geklärt sind. Kommunikation ist das A & O.

Transparenz und Vertrauenswürdigkeit sind zwei weitere zentrale Stellschrauben, um alle Zielgruppen abzuholen. Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle und -prozesse anhand dieser Stellschrauben anpassen, um das fehlende Bewusstsein, das widersprüchliche Verhalten und negative Einstellungen zur Datenpreisgabe entgegenzuwirken.

Michael Mertens

 

[1] Die Studie »HANDEL MIT DER ZUKUNFT« des ECC Köln und der Otto Group nimmt die Digitalisierung der Gesellschaft, digitale Technologien und im Speziellen den Umgang mit Daten und Datenfreigaben in den Blick und analysiert, unter welchen Voraussetzungen sich digitale Angebote auf Konsumentenseite etablieren. Hierfür wurden im Januar 2019 zwei Fokusgruppen und fünf Tiefeninterviews mit Personen im Alter von 18 bis 49 Jahre an zwei Standorten in Deutschland durchgeführt sowie im März 2019 2.000 Internetnutzer im Alter von 18-69 Jahren befragt.
https://www.ifhshop.de/studien/e-commerce/301/handel-mit-der-zukunft

 

 

Digitalisierung: Abgehängt und verunsichert?

Was die Menschen in Deutschland über Digitalisierung denken, wollte die Friedrich-Ebert-Stiftung wissen. Dazu gehört auch die Frage, inwiefern die laufende technologische Revolution den Menschen Sorgen bereitet. Tatsächlich fühlen sich viele der StudienteilnehmerInnen abgehängt und verunsichert. Beispielsweise haben 37 Prozent das Gefühl, dass sich die digitale Technik so schnell entwickelt, dass sie nicht mehr mithalten können. Verunsicherung besteht besonders bezüglich der vermehrten Nutzung von künstlicher Intelligenz, selbstfahrenden Autos oder intelligente Roboter. An Computer, vernetzte Maschinen und Onlineplattformen haben sich die BundesbürgerInnen dagegen überwiegend gewöhnt. Und bei aller Skepsis, letztlich glauben 46 Prozent, dass die Digitalisierung das Leben nachhaltig besser machen wird, 48 Prozent sind der Ansicht, dass neue Technologien mehr Nutzen als Schaden werden. Mathias Brandt

https://de.statista.com/infografik/18528/verunsicherung-durch-digitalisierung-in-deutschland/

 

 

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