Digitale Souveränität für Europa aus Überzeugung 

Andreas E. Thyen, Verwaltungsratspräsident der LizenzDirekt AG (li.) und David McAllister, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen für die Europawahl 2024 (re.) (Bild: LizenzDirekt)

Bei einem Austausch Ende Mai zwischen David McAllister, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament und früherem Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Andreas E. Thyen, dem Verwaltungsratspräsidenten der LizenzDirekt AG, herrschte große Einigkeit über die existenzielle Bedeutung der europäischen digitalen Souveränität. Beide setzen sich seit etlichen Jahren vehement für ihre Stärkung ein. 

 

David McAllister, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen für die Europawahl 2024, traf sich am 31. Mai 2024 zu einem informellen Austausch mit Andreas E. Thyen am Sitz der LizenzDirekt AG Deutschland in Fischerhude.

McAllister und Thyen eint ihr Engagement für mehr digitale Souveränität in einem starken Europa. Während sich McAllister im Europäischen Parlament für das Thema einsetzt, engagiert sich Thyen seit vielen Jahren mit zahlreichen Publikationen und Initiativen für das Anliegen.

McAllister hat es sich zum persönlichen Ziel gesetzt, Europa in dieser Hinsicht unabhängiger zu machen: »Unser Europa wird die digitale Infrastruktur gemeinschaftlicher aufstellen, um unabhängiger vom Einfluss anderer zu sein«, so McAllister in seinen erklärten Zielen.

In diesem Zusammenhang hatte er sich bereits vor zehn Jahren mit seinem Einsatz für faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Datenmarkt profiliert: »Die Initiative von Jean-Claude Juncker war richtig, eine digitale Agenda voranzutreiben, die Europa zu mehr ‚technologischer Souveränität‘ führt, welche die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen IT-Wirtschaft stärkt und die IT-Infrastruktur verbessert. […] Es sind faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, sodass für alle Unternehmen, die ihre Waren und Dienstleistungen in der Europäischen Union anbieten, dieselben Daten- und Verbraucherschutzbestimmungen gelten – und zwar unabhängig davon, wo sich ihr Server befindet.«

 

Cloud-Abhängigkeit von US-Riesen überwinden

Auch Thyen hat es sich aus Überzeugung zu einem persönlichen Anliegen gemacht, das Bewusstsein für die Notwendigkeit digitaler Souveränität zu schärfen und warnt insbesondere seit Jahren vor dem Cloud-Zwang der großen Anbieter. Entsprechend erklärte der studierte Volkswirt etwa 2021: »Das Grundproblem bleibt gleichwohl die hohe und durch Cloud-Dienste noch zugenommene digitale Abhängigkeit von Staat und Unternehmen gegenüber nur sehr wenigen US-Anbietern. Europäische Freiräume müssen geschützt werden und zugunsten digitaler Souveränität zurück erkämpft werden. Wir tun dies aus Überzeugung und setzen uns auch weiterhin hierfür ein.« 

Thyen unterstützt die Bemühungen der EU und macht deutlich, dass Nationen wie Deutschland, Frankreich sowie andere EU-Staaten nüchtern betrachtet international an Bedeutung verloren haben und drohen, zwischen Wirtschaftsmächten wie China und den USA zerrieben zu werden. Dies wird gerade durch Abhängigkeiten der EU von entsprechenden Produkten gegenüber multinationalen Konzernen verstärkt. Besonders deutlich wird dies bei Standardsoftware und Cloud-Diensten, bei denen die EU und ihre Unternehmen ganz überwiegend auf die bekannten US-Giganten setzen.

Dasselbe scheint Europa bei künstlicher Intelligenz zu drohen – trotz Vorreiterrolle bei deren Regulierung. Mit Weitsicht hat McAllister gewarnt: »Die digitalen Technologien und die künstliche Intelligenz verändern die Welt in einem beispiellosen Tempo. Sie verändern unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften. Es darf nicht sein, dass die USA und China die digitale Revolution nach ihren Vorstellungen gestalten und Europa am Spielfeldrand steht und zuschaut.«

 

Mehr als nur große Worte

Dabei ist beiden Gesprächspartnern klar, dass es kein einfaches Zurück geben wird. Allein das Thema digitale Souveränität zu proklamieren, wird nicht ausreichen. Entsprechend zweifelt Thyen angesichts der millionenschweren Ausschreibungen der EU zugunsten von Microsoft-Software: »Auch wenn die EU immer wieder die Bedeutung der digitalen Souveränität betont, stellt sich die Frage: Ist die EU von ihrem eigenen Vorhaben so überzeugt, dass sie es auch in die Tat umsetzt?« So nutzte die EU-Kommission bis vor kurzem selbst munter die Abo-Variante von Microsoft 365 mit zahlreichen Cloud-Funktionen, bis der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) dem wegen Datenschutzverstößen einen Riegel vorschob.

Demgegenüber erscheint es gerade unerlässlich, europäische Antworten zu finden und entsprechende Lösungen zu ermöglichen. Dies gilt für alle Themen: zwingend für sensible Bereiche wie Ernährung, Energie, Umwelt und Verteidigung, aber mindestens genauso für die digitale Souveränität, die etwa mit der Datenhoheit die existenzielle Grundlage für das Handeln in den anderen Bereichen bildet. Eine bis heute nachhaltige Wirkung erzielte der Europäische Gerichtshof im Jahr 2012, indem er sich gegen die Interessen der großen Softwarenanbieter stellte und ohne jeden Zweifel den freien Handel mit »gebrauchter« Software ohne Einflussmöglichkeiten der Hersteller etablierte. In diesem Markt ist die LizenzDirekt eine feste Größe und seit Anbeginn aus Überzeugung engagiert.

 

Alternativen aufzeigen

Im Gespräch zeigte sich McAllister überaus interessiert an Praxisbezügen. Das Geschäftsfeld der gebrauchten Software ist neben anderen Geschäftszweigen der LizenzDirekt wie dem Software Asset Management dafür prädestiniert. Denn hier zeigt sich, wie politisches Engagement und höchstrichterliche Rechtsprechung in der Praxis zu einem freien und wettbewerbsfähigen europäischen Markt geführt haben. Damit dies so bleibt, braucht es aber noch mehr. So müssen sich alle Beteiligten immer wieder bewusst machen, welchen Wert On-Premises-Software hat, die weiterhin in aktuellen Versionen zur Verfügung steht. Diese kann also nicht nur gebraucht an- und verkauft werden, sondern begründet gerade auch einen Zuwachs an Souveränität im Vergleich zu Abos, Clouds und deren vertraglichen Zwängen.

Im Gesamtkontext ist dies sicherlich die Ausnahme, wie sich an Beispielen wie dem Gaia-X Projekt für eine europäische Cloud zeigt, bei dem insbesondere AWS, Microsoft und Google involviert sind. Ausnahmen können aber zum Leitbild werden und aufzeigen, dass sich Engagement und Eintreten für Überzeugungen lohnen.

 

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