Der Chief Digital Officer bleibt die Ausnahme

Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen hat einen CDO oder Leiter Digitalisierung. Vor allem kleine Unternehmen hinken hinterher. In 4 von 10 Fällen ist die Position auf Top-Ebene angesiedelt.

 

In den wenigsten deutschen Unternehmen gibt es einen Leiter Digitalisierung oder einen Chief Digital Officer (CDO). Wo diese Position geschaffen wurde, ist sie allerdings ganz oben auf Vorstands- beziehungsweise Geschäftsführungsebene oder direkt darunter angesiedelt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 603 Unternehmen aller Branchen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom [1].

Demnach gibt nicht einmal jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) an, einen Leiter Digitalisierung oder CDO berufen zu haben. Damit steigt die Zahl gegenüber dem Vorjahr (15 Prozent) zwar leicht, vor allem kleine Unternehmen sind aber weiterhin sehr zurückhaltend. So geben nur 14 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeiter an, dass sie eine entsprechende Position geschaffen haben. Bei jenen mit 100 bis 499 Mitarbeiter sind es dagegen 36 Prozent, bei 500 bis 1.999 Mitarbeiter 56 Prozent und bei Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigten sogar 70 Prozent.

»Digitalisierung ist nicht nur eine Frage von Soft- und Hardware, sondern vor allem von Ideen und Strategien. Klare Verantwortung und Konzentration von Know-how sind gerade auch für mittelständische Unternehmen wichtig«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Alle sind gut beraten, in der aktuellen Corona-Krise konsequent auf Digitalisierung zu setzen.«

Unternehmen mit einem Leiter Digitalisierung oder CDO haben die Funktion in 4 von 10 Fällen (43 Prozent) auf Vorstands- beziehungsweise Geschäftsführungsebene angesiedelt. Noch etwas häufiger (50 Prozent) wurde die Rolle auf der Ebene direkt unter Vorstand- beziehungsweise Geschäftsführung etabliert. Nur in 5 Prozent der Fälle ist der CDO Teil des mittleren Managements. »Wichtig ist, dass der CDO mit den erforderlichen Ressourcen ausgestattet und die Rückendeckung der Unternehmensleitung hat. Der CDO muss nicht nur disruptiv denken dürfen, sondern auch handeln können«, so Berg. »Es reicht nicht, digitale Konzepte zu entwerfen, man muss sie auch in die Praxis bringen.«

 

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 603 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. Die Fragestellungen lauteten »Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Chief Digital Officer (CDO) beziehungsweise einen Leiter Digitalisierung? Hier ist nicht der IT-Leiter beziehungsweise CIO (Chief Information Officer) gemeint« und »Auf welcher Ebene ist dieser Chief Digital Officer (CDO) beziehungsweise Leiter Digitalisierung in Ihrem Unternehmen angesiedelt?«
Weitere Ergebnisse der Befragung finden sich hier: www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutsche-Unternehmen-geben-sich-eine-Drei-im-Fach-Digitales

 

Die fünf Faktoren für den Erfolg des Chief Digital Officers (CDO)

Mit der Digitalisierung ist auch eine neue Chef-Funktion entstanden: Der Chief Digital Officer. Das Problem: In vielen Fällen entpuppt sich der CDO als zahnloser Tiger, da Unternehmen die falsche Person rekrutieren oder ihn nicht richtig ins Unternehmen einführen. Die Personal-, Talent- und Organisationsberatung Korn Ferry benennt die fünf entscheidenden Faktoren, die einen CDO erfolgreich machen.

»Kein klares Profil, kein eindeutig abgegrenzter Verantwortungsbereich, weder strategische noch operative Durchgriffsmöglichkeiten. So wird der Digital-Messias rasch zum Digital-Propheten gestutzt: der zwar reden kann, aber nicht machen darf«, sagt Alexander Wink, Senior Partner und Head der Digital Practice EMEA von Korn Ferry. »Wir erleben in unserem Alltag immer wieder, dass talentierte CDOs scheitern – weil sie in der falschen Umgebung arbeiten oder nicht richtig im Unternehmen angekommen sind. Das hat gar nicht immer mit ihnen selbst zu tun. Vielmehr müssen die Unternehmen selbst die wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg ihres CDO schaffen.

 

  1. Eindeutige und klare Rollendefinition des CDO

Eine Aufgabenbeschreibung für den Arbeitsvertrag ist dabei nicht erschöpfend. Vielmehr muss noch weit vor einer möglichen Rekrutierung Klarheit herrschen über die Fragen: Was sind die unternehmerischen Ziele des CDO? Welche strategischen und operativen Spielräume soll er erhalten: Darf er bei Entscheidungen nur mit am Tisch sitzen? Erhält er ein Veto? Oder wird er gestaltender Entscheider – indem seine Unterschrift unter neue Initiativen und Strategien zwingend notwendig ist? Alexander Wink sagt: »Ist im Vorfeld die genaue Aufgabenbeschreibung des CDO nicht geklärt, mag vielleicht die Suche noch gelingen – im Alltagsgeschäft wird der Kandidat aber mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern.«

  1. Rekrutieren der richtigen Person auf Basis von persönlichen Kompetenzen – nicht nur aufgrund der beruflichen Herkunft

Ein CDO kann, muss aber nicht unbedingt aus dem Silicon Valley oder der Digitalwirtschaft kommen. Mindestens genauso wichtig wie Background und Fachkompetenzen sind jedoch die folgenden Parameter:

  • Erfahrung in der jeweiligen Unternehmensform: Kennt der Kandidat das auf ihn zukommende Umfeld bereits und hat er bewiesen, dass er in einem solchen Umfeld erfolgreich arbeiten kann?
  • Managementkompetenz: Ist der Kandidat neben seinem Digitalwissen auch in der Lage, klassische Managementvorgänge zu steuern wie Vorlagen einordnen, Sitzungen leiten, Entscheidungen herbeiführen?
  • Augenhöhe mit Unternehmensführung: Kann der Kandidat nicht nur mit anderen Spezialisten kommunizieren, sondern spricht er auch die Sprache des Top-Managements?
  • Ausgeprägte Empathiefähigkeit: Versteht der Kandidat andere Menschen und ihre Sorgen und Ängste, die bei allen Chancen stets mit dem Thema Digitalisierung einher gehen?

 

  1. Gut geplanter Onboarding-Prozess

»Obwohl die Notwendigkeit eines guten Onboarding bekannt ist, geht dennoch in diesem Prozess bis heute in Unternehmen viel schief«, sagt Alexander Wink. »Gerade beim CDO ist es aber entscheidend, wie er vom ersten Tag im Unternehmen eingeführt wird.« Redender Prophet oder hemdsärmliger Macher? Wink: »Das Top-Management sollte bereits über den Eingliederungsprozess die entscheidenden Signale an Führungskräfte und Mitarbeiter senden, um dem CDO eine relevante Positionierung im Unternehmen zu verschaffen.«

 

  1. Eine Innovation bejahende Arbeitskultur

Ein CDO führt bei Bereichs- und Abteilungsleitern genauso wie bei Mitarbeitern häufig zunächst zu Skepsis und Abwehrreaktionen. Er verkörpert Neues, Ungewissheit. Alexander Wink sagt: »Ganz sicher ist ein CDO immer auch eine Bedrohung für die Bewahrung von Tradition.« Darum ist es notwendig –vor der Rekrutierung eines CDO –die grundsätzlichen Werte und die Arbeitskultur eines Unternehmens zu betrachten. Gerade tradierte Unternehmen könnten zu der Antwort kommen, dass sie für einen CDO noch nicht bereit sind, weil ihre Kultur vor allem auf Beharrung basiert. Sie müssen sich fragen: Was können wir tun, um zunächst einmal kleinere Veränderungen in der Unternehmenskultur zu ermöglichen – bevor ein CDO radikale Schritte fordert, die anschließend niemand umsetzen kann. Oder will.

 

  1. Entwicklung eines eigenen Standings

Im Vergleich zum CIO oder CTO ist der CDO keine klassische Support-Funktion fürs Geschäft. Sondern er beeinflusst qua Aufgabenstellung eindeutig Geschäfts- genauso wie Produktstrategie bis hin zu operativen Entscheidungen in jedem einzelnen Bereich des Unternehmens maßgeblich. Darum müssen Erfolge des CDO seine Erfolge sein – und nicht die des CEO oder anderer Führungskräfte. »Die Unternehmensführung darf ihrem CDO nicht die Butter vom Brot nehmen«, sagt Alexander Wink. »Er muss genug Eigenleben entfalten dürfen, um das benötigte Standing in der Organisation zu entwickeln.«

 

Korn Ferry ist eine globale Beratung für Executive Search und Talent Management. Korn Ferry-Berater identifizieren, entwickeln, binden und rekrutieren Talente auf allen Hierarchieebenen für Konzerne und mittelständische Unternehmen seit 1969 – und das weltweit mit über 80 Niederlassungen in 40 Ländern. Schwerpunkte der Beratungstätigkeit sind Executive Search, Board Services, Leadership & Talent Consulting und Recruitment Process Outsourcing (Futurestep). Niederlassungen in Deutschland sind Frankfurt am Main, Düsseldorf und Hamburg. www.kornferry.com

 

 

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